Kampf Dem Chaos
nicht einmal aus«, bemerkte Dercas. »Das schlägt dem Fass doch fast den Boden aus.«
»Sie wollen so schnell wie möglich weg von Recluce«, antwortete Tamra.
»Würdest du hier bleiben, wenn du die Wahl hättest?«, fragte Haithen.
Vor uns gingen meine Eltern Arm in Arm über die feuchten Steine der Pier, Justen und Dayala taten es ihnen gleich. Die Stadt lag bereits im Schatten der Hügel im Westen, nur die alte Flagge – eine Rose, gekreuzt mit einem Schwert –, die über der alten Festung wehte, fing noch das letzte Sonnenlicht ein.
Wir marschierten an der einstöckigen Hafenmeisterei zwischen der alten und der neuen Pier vorbei – die neue zählte immerhin bereits sechshundert Jahre. Über dem Gebäude wehte die jetzige Flagge von Recluce: der schwarze Ryall auf weißem Grund. Die Fahne flackerte heftig im Windstoß, der von den Hügeln wehte, als wir vorbeiflanierten.
Tamra schüttelte den Kopf und murmelte etwas vor sich hin, das ich nicht verstand. Weldein hustete leise und ich drehte mich um; ich versuchte, die Stirn nicht in Falten zu legen.
»Wo ist diese Herberge?«
»Hier links und dann die Gasse hinauf«, erklärte Krystal. »Das größere Gebäude ist die Herberge, der Stall befindet sich dahinter. Auf dem kleinen Hügel neben dem Stall stehen die Gästehäuser.« Zweifellos kannte sie sich aus in Landende.
Die Gaslampen am Gasthof der Gründer flammten auf, als wir ankamen. Die durch Zeit und Fußtritte geglätteten schwarzen Steine der Straße spiegelten das gelbe Licht wider.
Vor der Herberge sprang ein Mädchen in brauner Lederkleidung auf, als sie uns sah. »Die Gästehäuser sind links neben den Ställen und das Abendmahl wird gleich serviert.«
»Danke.« Mein Vater verneigte leicht den Kopf.
»Gibt es denn genug Platz in den Gästehäusern?«, fragte Tamra.
»Jedes Gästehaus besitzt vier Schlafzimmer, jeweils mit fließendem Wasser und Dusche«, erklärte meine Mutter.
»... die waschen sich wohl gern hier ...«, brummte Dercas.
»Das wird dir und auch uns nur gut tun«, säuselte Haithen.
Wir blieben vor dem kleineren Gästehaus stehen.
»Wenn ihr nichts dagegen habt«, sagte meine Mutter lächelnd, »werden wir mit der längeren Vergangenheit das kleinere Haus nehmen.«
Wir anderen gingen zum zweiten Haus, wo Weldein uns die Tür aufhielt. Tamra dankte ihm mit einem übertriebenen Nicken.
Krystal und mir wurde das Zimmer im westlichen Teil des Hauses zugeteilt. Eine Sitzecke mit Tisch und zwei Armstühlen vervollkommnete das Schlafzimmer mit dem doppelt breiten Bett, der Frisierkommode und den zwei Schränken. Die Bettdecke zeigte ein einfaches Muster aus silbernen und blauen Kreisen und es gab richtige Laken. Hinter dem großen Schlafzimmer befand sich das Bad mit einer Dusche, jedoch ohne Wanne.
Wir packten unsere Tornister aus, legten das meiste in den Schrank und hängten die Kleider auf. Den Stab lehnte ich an einen Schrank.
»Ich werde jetzt eine Dusche nehmen«, sagte Krystal.
»Du kannst natürlich zuerst duschen.« Ich setzte mich derweil in einen Stuhl und fühlte mich schmutzig. Meine Kopfhaut juckte von der Salzgischt und die Beine schmerzten.
Ich musste eingenickt sein, denn Krystal stand plötzlich vor mir mit nassem Haar und in ein Handtuch gewickelt. »Du kannst jetzt ins Bad.«
Nach einem langen, zärtlichen Kuss nahm ich eine Dusche. Das Wasser kühlte langsam ab, wahrscheinlich duschten alle und das warme Wasser aus den sonnengewärmten Zisternen auf dem Dach ging zu Ende. Dennoch empfand ich es als Wohltat. Anschließend wusch ich meine schmutzigen Sachen und hängte sie über die Dusche.
Krystal hatte bereits die grüne Uniform angezogen, als ich aus dem Bad kam. »Was wirst du anziehen?«
»Die grauen Sachen.«
»Da wird Tamra lachen.«
»Lass sie doch. Mir ist danach.«
»Gut. Hoffentlich ist dir später auch noch nach etwas anderem.« Für das warme, fast anzügliche Lächeln nahm ich gern das Grau in Kauf.
Ganz in Grau und Grün gekleidet, marschierten wir die enge Gasse hinunter zur Schenke. Das Mädchen von vorhin öffnete uns die Tür. Misstrauisch musterte sie meine graue Kleidung.
Im Schankraum herrschte angenehme Kühle, einige der Bleiglasfenster standen angelehnt. Eine Handvoll Tische war besetzt, meist von Männern, nur ein Pärchen saß in der einen Ecke und zwei Frauen neben der Tür. In der anderen Ecke hatten Weldein, Tamra und die anderen Gardisten an einem großen, runden Tisch Platz genommen. Weldein winkte.
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