Kampf Dem Chaos
Gespräch mit dem Kupferschmied bezweifelte ich, dass alle gegangen waren, aber viele waren bereits geflüchtet und viele andere würden es bestimmt noch tun, wenn wirklich die Kanonenkugeln auf Hafen und Stadt niederhagelten. Aber dann würde es vielleicht schon zu spät sein. Immer gab es Menschen, die glaubten, das Unglück würde sie umgehen. Ich gehörte nie zu denen, mich traf es immer, ganz gleich wie sehr ich mir auch das Gegenteil wünschte.
Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf die Tiefe, um Chaos hervorzubringen, geführt und umhüllt von Ordnung. Für eine Sekunde schwebte das Bild der Messingdrachen vor meinem inneren Auge. Ich atmete tief durch und richtete meine Gedanken wieder auf das Chaos.
Das Beben des Bodens übertrug sich auf meine Stiefel und ich fühlte Krystals Alarmbereitschaft.
Sie drückte meinen Arm. »Du kannst vollbringen, was immer vollbracht werden muss.«
Vielleicht ... vielleicht brachte ich aber auch nur ein kolossales Durcheinander zu Stande, doch hatte ich eine Wahl? Welche Wahlmöglichkeiten besaß man, wenn Hamor schon damit angefangen hatte, Ordnung in kalten Stahl zu schmieden?
»Sie befinden sich unmittelbar hinter dem Horizont«, verkündete mein Vater, als er und Mutter sich neben uns stellten, so nahe nebeneinander, dass sich ihre Schultern berührten. Sie lehnte ihren Kopf kurz an seine Wange. Krystal machte Anstalten, sich zu entfernen.
»Nein, du musst bleiben, meine Liebe«, rief meine Mutter. »Ich hoffe, du hast nichts dagegen, dass ich dich so nenne. Ich weiß, du bist Kommandantin und hast eine sehr wichtige Position inne, aber Lerris liebt dich, was für mich Grund genug ist, dich auch zu lieben ...«
»Donara ...«
»So viel Zeit muss sein, Gunnar, ich will es so, dieses eine Mal.« Meine Mutter sprach wieder mit Krystal. »Aber ich habe dich auch ins Herz geschlossen, weil du ein ganz besonderer Mensch bist. Es ist wichtig, dass du das weißt. Viele Dinge werden nicht ausgesprochen, bis es dann eines Tages zu spät ist. Uns steht ein sehr gefährlicher Kampf bevor, oder wie immer man das auch nennen will, was gleich hier geschehen wird.«
Am liebsten hätte ich ihr gesagt, sie solle aufhören, so zu tun, als würden wir alle sterben. Aber mir kam der Gedanke, dass sie durchaus Recht haben könnte. In der Ferne spürte ich bereits die wachsende kalte Ordnung der Stahlschiffe, der vielen, vielen Stahlschiffe.
Dann schaute meine Mutter mich an und ich entdeckte die Hoffnungslosigkeit, die ihr Lächeln begleitete. »Lerris ... wir haben nicht immer getan, was wir hätten tun sollen, aber denke daran, als deine Eltern haben wir unser Bestes für dich gegeben und wir haben dich immer geliebt, auch wenn es manchmal nicht so aussah.« Sie räusperte sich. »Nun ... fahre fort mit dem, was du tun musst, ich werde mich entfernen.« Sie beugte sich nach vorne und ihre Lippen streiften meine Wange, eine Geste der Liebe, aber nicht jener Liebe, die man einem erwachsenen Kind aufzwang.
Dann sah mich mein Vater an und ich wusste, er fühlte das Gleiche wie meine Mutter, doch er war nicht im Stande, auf mich zuzugehen. Also umarmte ich ihn. Für einen Augenblick konnte ich nichts sehen, aber das war nicht weiter schlimm, denn Krystal stand bei mir, und die Berührung ihrer Hand half schon.
Der Boden erschauerte.
»Da, dort draußen, der Rauch!«, rief Weldein.
Ich ließ meinen Vater los und wir traten auseinander. Ich wischte mir die Tränen aus den Augen und richtete meine Gedanken wieder auf die Ordnungs-Kanäle. Krystal legte die Hand an die Klinge, zog sie jedoch nicht und ging stattdessen hinüber zu Weldein.
»Wenn es beginnt, werden sie sich alle auf ihre Magie konzentrieren und Schutz brauchen.«
»Ja, Ser.« Weldein nickte und Krystal kam zurück in meine Nähe.
Die Oberfläche des Ostmeeres lag glatt in der Sonne, so gläsern, wie ich es nur wenige Male in meinem Leben gesehen hatte, und wirkte so flach und eben, dass der Hafen von Ruzor in den ruhigen Sommermonaten sich wild dagegen ausnahm.
Im Süden tauchten die ersten Schiffe auf, wie schwarze Punkte marschierten sie über den Golf und auf einen Nebel zu, der über dem Wasser schwelte. Mein Vater legte die Stirn in Falten und der Nebel verdichtete sich. Die Schiffe dampften weiter nach Osten, Rauchfahnen stiegen stolz in den Morgenhimmel, Schaum bildete sich vor den Bugen und weißes Kielwasser umspülte die Hecks.
Mit aller Kraft knüpfte ich immer mehr Ordnungs-Bande zwischen Land
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