Kampf Dem Chaos
Körbe mit Tragetüchern an den Leib gebunden hatten.
»Gutaussehender Bursche ...«
»... du bekommst nie genug, Nirda. Clersek ist doch auch recht hübsch.«
»Von mir aus kannst du ihn haben.«
»Nur zu gern.«
Vom höchsten Punkt der Brücke aus blinzelte ich gegen die Sonne, die jetzt genau über der Stadt stand. Von dort aus konnte ich die Mauern von Sunta sehen. So eindrucksvoll wie jene in Jellico oder Fenard waren sie nicht, aber sie schienen aus soliden grauen Steinen gebaut zu sein. Der Weg führte vom Fluss weiter über schlammigen Untergrund bis fast zu den Stadtmauern.
Die südlichen Stadttore von Sunta wurden zwar bewacht, doch die Scharniere wirkten so verrostet, dass ich bezweifelte, dass sie in den letzten Jahren überhaupt bewegt worden waren. Am äußeren Tor winkte mich einer der Wachposten, ein dünner Mann in brauner Lederkleidung mit karminroter Schärpe, zu sich. »Was ist da drin, Junge?« Er zeigte auf die Satteltaschen.
»Mein Werkzeug, Ser.«
»Werkzeug?« Er zog die Augenbrauen hoch.
»Beitel, Hobel, eine Säge, ein Beil und Ähnliches. Ich bin Schreiner.«
»Lass mich hineinsehen.«
Da er kein Chaos ausstrahlte, sondern nur gelangweilt schien, beschloss ich, keinen Schutzschild aufzubauen. Dadurch wäre die ganze Stadt auf mich aufmerksam geworden, ähnlich wie damals in Jellico. Ich konnte später immer noch verschwinden, es sei denn, man legte mich in Ketten.
Ich stieg ab und schnürte mein Bündel auf.
»Das reicht«, meinte der Posten, als der glatte Holzgriff der Säge zum Vorschein kam. »Was willst du in Sunta?«
»Ich suche eine Stelle als Schreinergeselle.«
»Du bist ziemlich jung für einen Gesellen.«
»Irgendwann muss ich damit anfangen und in meinem Dorf gibt es keinen Platz für mich.« Ich zuckte mit den Schultern und lächelte verlegen.
»Na dann, viel Glück.« Er winkte mich weiter. »Das Handwerksviertel liegt rechter Hand vom Hauptplatz, gleich hinter dem Tempel.«
»Danke.«
Ich stieg auf und sah mir Sunta an, als hätte ich nie zuvor eine größere Stadt gesehen. Innerhalb der Mauern waren die Straßen mehr schlecht als recht gepflastert. Flache Steine in allen Formen lagen aneinandergereiht, sie waren nur grob behauen, was die Straße sehr holprig werden ließ. Ein paar Gassenjungen kamen mir entgegen.
»... zeige Euch die beste Herberge in Sunta ... nur ein Kupferling, Ser ...«
»... wenn Ihr mehr als ein leeres Bett braucht, Ser, kann ich Euch weiterhelfen ...«
»... das sind alles kyphrische Ziegen, Ser«, eröffnete mir ein etwas älterer Junge mit einer Narbe über der Augenbraue und einem Messer am Gürtel. »Versucht es mit der Schwarzen Bratpfanne .«
Ich hielt inne. Der ältere Junge drängelte und rempelte nicht. Ich zügelte Gairloch mit einem leichten Ziehen an der Hirtentrense. »Kyphrische Ziegen? Wie unterscheidet sich eine kyphrische Ziege von anderen?«
»Ihr seid ein Fremder, Ser?«
Ich nickte. Mein Akzent verriet mich. »Aus Montgren.«
»Gibt es dort Ziegen?«
»Fast nur Schafe. Berühmte Schafe.« Ich hatte meine Arbeit mit den Schafen von Montgren und auch die Herzogin Merella nicht vergessen. Ich grinste. »Stinkende Schafe.«
Der Junge grinste zurück, das Lächeln verschwand jedoch sofort wieder und er setzte eine geschäftstüchtige Miene auf. »Schafe oder Ziegen, sie sind alle gleich. Jene, die frei herumlaufen, sind die schlauen. Die Tiere, die eingepfercht sind oder geschlachtet werden, sind die kyphrischen Ziegen.«
»Das verstehe ich nicht.« Ich verstand es wohl, aber ich stellte mich besser dumm. Ich hätte genauso gut aus Worrak oder aus Faklaar kommen können.
»Der kyphrische Herrscher sagt, jede Ziege, die frei herumläuft, kann geschlachtet und damit als milde Gabe des Herrschers betrachtet werden«, erklärte mir der Junge bereitwillig, als er neben mir herging. Die anderen hatten sich abgewendet und warteten bereits auf den nächsten Neuankömmling.
Ich erkannte, dass dieser Junge kein richtiger Herumstreuner war, also dehnte ich meine Sinne aus und fand einen Hauch von Chaos und ein leichtes Kettenhemd unter seiner schmutzigen Tunika und dem zerlumpten Hirtenumhang.
» Zur Schwarzen Bratpfanne sagst du?«
»Das ist die beste, Ser. Und sagt dort, dass Hempel Euch geschickt hat.«
Ich zog weiter und dachte nach. Das Gesetz des Autarchen über frei herumlaufende Ziegen hatte also dazu geführt, dass ›kyphrisch‹ in Hydlen zu einem Schimpfwort geworden war. Auch wurden die Stadttore
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