Kampf Dem Chaos
Vorschein, fast kahlköpfig, die wenigen Haare braun; ein Mann in einer braunen Kutte steht dort, als Gürtel trägt er eine Schnur, gebunden zu einem komplizierten Knoten. Die Luft um ihn herum scheint zu knistern, obwohl der Mann in der Mitte eines fast leeren Zimmers steht: Die Möblierung des Raumes besteht nur aus einem niedrigen, mit Stoff behängten Bücherregal, einem Lager aus Stroh, einem Stuhl und einem Tisch mit einer Lampe darauf. Die Augen des Mannes sind geschlossen.
Der Weiße Magier betrachtet das Bild für einen Augenblick, dann wischt er es mit einer Handbewegung weg. Die Abschrift einer Schriftrolle fällt ihm ins Auge, die Berfir von dem Einsiedler-Magier erstanden hatte. Die Formel für das Raketenpulver ist darauf niedergeschrieben.
»Größenwahnsinniger Hirte ...«, murmelt Gerlis. »Glaubt, dass eine Adelskrone und eine Klinge schon einen Herzog aus ihm machen – und dass diese neuen Waffen gegen das Chaos bestehen könnten.«
Das Rumpeln eines Wagens, schwer beladen mit getrocknetem Schwefel, der auf dem Weg nach Telsen ist, dröhnt durch das Tal, doch es sind nicht die Räder, die die Erde beben lassen.
Gerlis konzentriert sich wieder aufs Spähglas, worin sich der Nebel teilt und das Bild eines jungen Mannes zum Vorschein kommt. Er trägt eine braune Tunika und braune Lederhosen und reitet auf einem Bergpferd; ein dunkler Stab steckt anstelle einer Lanze im Köcher.
Gerlis schüttelt den Kopf, fast traurig, so scheint es. »Arme Narren ... alle miteinander. Keiner kann sich dem Chaos der Erde widersetzen ... nicht einmal diejenigen, die das Chaos verbreiten.«
Seine Augen blitzen hinüber auf den Schrankkoffer am Kopfende des Bettes, dort liegt ein Dolch mit verkohltem Griff. Ein Lächeln huscht über seine Lippen. Das Lächeln verschwindet und er atmet tief ein. Der Weiße Magier zieht die Augenbrauen zusammen und konzentriert sich aufs Neue. Diesmal taucht das Bild einer brodelnden Quelle auf, gelber Dampf steigt aus den Blasen auf.
Ein weiterer Ruck geht durch den Boden unter dem Teppich in der Mitte des Zeltes und wieder summt das Spähglas.
Gerlis lächelt, bevor er noch einmal mit all seiner Kraft die Erde beben lässt. Im Glas brodeln die Quellen noch heftiger, der Boden wird umhüllt von gelbem Nebel.
Der Boden des Gebirgseinschnitts ächzt.
XV
I rgendwann am Vormittag trug mich Gairloch durch die schlammigen Pfützen auf eine festere Straße, die hauptsächlich aus kleinen Steinen und Kies bestand. Der Lehmboden darunter war festgestampft. Der Regen zog sich zurück in die niedrigen grauen Wolken. Die Bäume wiegten sich im aufkommenden Wind und die Luft roch noch immer nach moderigem Herbst.
Hütten und kleine Steinkaten wechselten sich mit Stoppelfeldern ab, die von Lattenzäunen eingegrenzt wurden; dazwischen immer wieder Bäume und Hügel ... Kurz gesagt, die Landschaft strahlte Ordnung aus, was Gairloch dazu veranlasste, seinen Schritt zu beschleunigen. Statt des moderigen Herbstgeruchs erfüllte nun der angenehme Duft von verbranntem Holz die Luft.
Die Mittagspause verbrachten wir in der Nähe eines weiteren namenlosen Dorfes auf einem Hügel, ein Bach, von dem ich bisher nicht einmal gewusst hatte, dass es ihn gab, floss daran vorbei. Gairloch fand sogar einen Flecken grünes Gras und ich aß hartes Brot und noch härteren Käse und zum Schluss die letzten getrockneten Pfirsiche. Hätte ich nur mehr von den Trockenfrüchten mitgenommen, und getrocknetes Fleisch, das zwar ziemlich zäh sein konnte, aber gut schmeckte. Stattdessen waren die Satteltaschen gefüllt mit altem Käse und harten Keksen – davon hatte ich noch genug.
Wir ritten weiter, der Wind blies nun kälter und trockener.
Ein brauner Dunstschleier über einem Hügel zeugte von einer größeren Ortschaft; der zweite Hinweis darauf war eine Baumlinie, die am Ufer eines Flusses stand; der dritte war ein erhöhter Fußweg, der auf einer Steinbrücke über den Fluss führte. Der mit Steinen gepflasterte Fußweg – breit genug für zwei Fuhrwagen nebeneinander – wand sich durch tiefer liegende, schlammige Stoppelfelder.
Ich lenkte Gairloch auf die rechte Seite, als ein von zwei Ochsen gezogener leerer Bauernkarren von der Brücke fuhr.
»Hoo ... hoo ...« Der Fahrer hatte einen Stachelstock bei sich, gebrauchte ihn jedoch nicht. Die Ochsen schienen auf seine Stimme zu reagieren, was man von manchen Pferden nicht gerade behaupten konnte. Gairloch tänzelte um zwei Frauen herum, die sich
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