Kampf der Ehre (Band 4 im Ring der Zauberei) (German Edition)
musste, bis sich der Platz wieder leerte; sie brauchte die Anonymität und den Schutz der Nacht. Sie wusste nicht, ob er es bis dahin schaffen würde, aber ihr blieb keine andere Wahl. Der Versuch ihn vor den Augen aller zu befreien wäre glatter Selbstmord gewesen.
Sie bahnte sich ihren Weg zum Marktplatz und lief dicht an einer Steinmauer entlang und suchte nach Spalten und Winkeln bis sie eine fand, die ihr zusagte – sie war dicht am Boden und führte Meter tief in die alte Mauer hinein. Sie kroch hinein, kauerte sich auf den Boden und zog den Mantel fester um sich. Sie verschwand vollständig in der Spalte und niemand konnte sie sehen. Ihre einzige Gesellschaft hier unten würden ein paar vorbeikommende Ratten sein.
Sie saß da und wartete. Es dämmerte schon, und bald würde es Nacht werden. Irgendwann würden sich all diese widerlichen McClouds in ihre Häuser zurückziehen und schließlich würde sie alleine hier sein. Und dann war sie am Zug.
*
Luanda öffnete wie vom Blitz getroffen die Augen, sah sich um, und fragte sich wo sie war. Sie musste eingeschlafen sein, und war mitten in einem unruhigen Traum aufgewacht.
Sie atmete schwer und schalt sich selbst. Sie hatte sich vorgenommen, wachsam zu sein, wach zu bleiben, aber ihre Müdigkeit musste sie übermannt haben. Sie sah hinaus in die Dunkelheit, in die absolute Stille des Marktplatzes und fragte sich, wie spät er wohl war. Zumindest war die Sonne noch nicht wieder aufgegangen. Und der Markplatz war leer, ganz wie sie es gehofft hatte. Leer bis auf eine einzige Person – die Person die ihr am meisten bedeutete: ihr Gemahl. Er war noch immer auf dem Gerüst und hing schlaff am Kreuz. Sie wusste nicht ob er tot oder lebendig war. Doch zumindest war er allein.
Das war ihre Gelegenheit.
Langsam kroch Luanda aus ihrem Versteck. Ihre Arme und Beine waren steif, weil sie solange am Boden zusammengekauert gelegen hatte. Sie stand auf, streckte sich, und begann sich umzusehen.
Bronson war so weit oben auf dem Gerüst, sie musste sich überlegen, wie sie ihn herunterbekommen sollte. Und nicht nur das – sie musste auch einen Weg finden, wie sie gemeinsam aus der Stadt herauskommen konnten.
Doch sie konnte nirgends ein Pferd oder ein anderes Fluchtmittel sehen, und sie hatte keine Zeit nach einem zu suchen. Sie wusste: jetzt oder nie. Sie musste ihn zunächst einmal herunterbekommen, und dann würde sie sich um alles Weitere kümmern.
Luanda huschte leise über den Platz, und suchte Deckung, wo sie nur konnte; sie erreichte das Gerüst und schlich leise die Treppen hinauf. Als sie näher an ihn herankam hörte sie ihn stöhnen, und war froh, selbst diese Laute von ihm zu hören – er lebte.
Luanda hatte es auf das Gerüst geschafft und stand nun knapp 3 Meter über dem Boden neben ihm auf der Plattform. Er schien kaum bei Bewusstsein zu sein.
„Bronson.“, flüsterte sie in sein Ohr. „Ich bin es, Luanda. Ich bin hier.“
Er hob den Kopf und sah sie mit halb geöffneten Augen an; sie konnte sehen, wie ein kleines Lächeln seine Lippen umspielte. Seine Lippen waren trocken und er war zu sehr im Fieber, als dass er hätte sprechen können.
„Ich werde dich hier rausholen, verstehst du mich?“
Er nickte langsam.
Luanda nahm den Dolch von ihrem Gürtel, griff hinter das Kreuz und schnitt die dicken Seile durch, mit denen seine Arme an das Kreuz gefesselt waren. Als sie das tat, sackte er plötzlich in sich zusammen und fiel vornüber auf sie. Sie hatte nicht damit gerechnet, sodass sie mit einem lauten Geräusch auf die Plattform fiel. Es hallte über den ganzen Marktplatz.
“Halt! Wer da?”, rief eine strenge Stimme.
Plötzlich sah sie, wie eine Fackel die Dunkelheit erleuchtete und ein Pferd kam auf sie zugeritten. Luanda blickte erschrocken auf, und sah wie einer von McClouds Männern, eine königliche Wache, schnell auf sie zukam.
Sie musste schnell denken.
Sie sprang auf die Füße, holte mit dem Dolch hoch über ihren Kopf aus, zielte und warf. Sie betete zu Gott, dass sie ihr Ziel treffen würde. Das Werfen von Messern geschah für sie wie ein Reflex, es war etwas, das sie seit ihrer Kindheit getan hatte. Die eine Fähigkeit, die sie hatte. Und nun betete sie, dass sich all die Jahre des Übens gelohnt hatten.
Sie konnte hören, wie die Klinge Fleisch durchdrang und die Wache kurz aufschrie. Sie sah, wie der Dolch seinen Hals durchbohrte und er rücklings vom Pferd fiel. Das Pferd lief weiter, direkt auf Luanda zu. Sie
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