Kampf der Gefuehle
Blackford«, sagte sie über die Schulter.
»Ich werde Sie erwarten.«
Zweifellos würde er das tun. Innerlich kochend stieg sie die Treppe hoch. Aber heute Abend würde es nicht so enden, wie er es sich vorstellte, dafür würde sie sorgen.
Als Ariadne sich später zum Abendessen umkleidete, ging ihr auf, welche Möglichkeiten dieser Abend in sich barg. Bei dem bevorstehenden Match würde der Vorteil auf ihrer Seite liegen. Solange Gavin sich noch von seiner Verwundung erholte, war sie schneller als er und vielleicht sogar genauso stark. Sie hatte nach einer Schwäche seines Charakters oder in seinen Gewohnheiten gesucht. Dass sie ihm je körperlich ebenbürtig sein würde, war ihr nicht in den Sinn gekommen.
Gavin hatte es gewusst. Deshalb hatte er vorhin wohl auch gezögert. Worauf ließ das schließen? War es möglich, dass er ahnte, was sie vorhatte?
Nein, wohl kaum. Wahrscheinlich hatte er nur gemerkt, dass sie wütend war, und sich an ihre Neigung erinnert, im Zorn anzugreifen. Warum sollte er etwas annehmen, das darüber hinausging? Schließlich würden ihre Klingen stumpf und ihre Körper durch Polsterung geschützt sein.
War dies endlich der Höhepunkt all ihrer Pläne? War sie imstande, sämtliche Skrupel aufzugeben, um ihn zu besiegen?
Es hieß, Frauen hätten im Umgang mit Männern keine Ehre, aber das lag daran, dass sie diesen fast immer körperlich unterlegen waren. Sie konnten es sich nicht leisten, bei den Methoden, die sie anwandten, um den Unterschied auszugleichen, wählerisch zu sein. Gleichwohl widerstrebte es ihr, den Weg einzuschlagen, der sich ihr darbot. Diese instinktive Aversion war der beunruhigendste Aspekt des bevorstehenden Kampfs.
Als die Nacht hereinbrach, fing es von neuem an, aufs Heftigste zu regnen. Ununterbrochen auf das Dach trommelnd, strömte der Regen nieder, als hätte er die Absicht, nie wieder aufzuhören. Als Ariadne kurz vor Mitternacht ihr Schlafzimmer verließ und die Galerie entlangging, um sich zum garconniere-Flügel zu begeben, sah sie, wie sich das Regenwasser in silbernen Bächen aus den Dachtraufen ergoss. Ein weiß-goldener Blitz zuckte auf und beleuchtete den Hof unten, der knöcheltief unter Wasser stand, das strudelnd in Richtung Durchgang und von dort zur Straße floss. Der Wind trieb Nebel in die Galerie herein, doch sie empfand es als durchaus angenehm, die frische Feuchtigkeit auf ihrer Haut zu spüren.
Sie war nervös und merkte, dass sie trotz ihrer legeren
Männerkleidung bereits erhitzt war. Ihr Hemd wurde feucht und schlaff, und sie spürte, wie ihre Brustwarzen sich zusammenzogen, was zum Teil an der nächtlichen Kühle lag, zum Teil einen Grund hatte, den sie sich lieber nicht eingestand. Einen Augenblick lang überkam sie der fast überwältigende Drang, kehrtzumachen und sich in die Sicherheit ihres Schlafzimmers zurückzubegeben.
Doch dafür war es bereits zu spät.
Gavin lehnte nämlich ein Stück weiter vorn am Pfosten der Tür und sah dem Unwetter zu. Als sie näher kam, stellte er sich gerade hin und deutete eine Verbeugung an.
»Eine stürmische Nacht«, stellte er fest. »Wir können von Glück sagen, wenn die Kerzen nicht ausgeblasen werden.«
In seiner Stimme schwang ein Unterton mit, der ihr durch und durch ging. Zu ihrem Verdruss spürte sie, wie ihre Brustwarzen sich noch mehr zusammenzogen und derart stark gegen ihr Hemd drückten, dass es fast wehtat.
»Wir werden schon zurechtkommen«, erwiderte sie kurz angebunden.
»Notfalls können wir ja im Dunkeln weitermachen«, sagte er, indem er einem Schritt zurückwich und sie mit einer Geste aufforderte einzutreten.
Als sie an ihm vorüberging, sah sie ihn forschend an. Seine höfliche Miene gab keinerlei Aufschluss darüber, was er mit seinen Worten hatte andeuten wollen. Gleichwohl hatte sein Lächeln etwas Beunruhigendes.
Er sah nicht im Geringsten lädiert aus, sondern wirkte bemerkenswert gesund und munter. Wenn sie nicht Be-scheid gewusst hätte, wäre sie nie darauf gekommen, dass eine lange rote Wunde über seinen Rücken lief. Aber sie wusste Bescheid.
»Sind Sie ganz sicher, dass Sie in der Lage sind, Unterricht zu erteilen?«
»Ihre Besorgtheit überwältigt mich«, erwiderte er mit hochgezogener Augenbraue. »Zweifellos fänden wir, wenn Ihnen das lieber ist, auch andere Möglichkeiten, uns die Zeit zu vertreiben.«
Sie merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. »Das haben Sie vorhin schon angedeutet. Ich möchte bezweifeln, dass das klug
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