Kampf der Gefuehle
zieht das Militär Sie nach wie vor an«, sagte sie, als sie zu ihm trat. »Vielleicht sollten Sie wieder Soldat werden.«
Er drehte sich um und schenkte ihr ein Lächeln, das seinem kalten Gesichtsausdruck Wärme verlieh, während er seinen Hut zog, sich verbeugte und die Hacken zusammenschlug. »Wenn es mir je gestattet werden sollte, in mein Land zurückzukehren, werde ich das vielleicht auch tun. Sie sehen heute besonders gut aus. Wie eine Rose, die in voller Blüte steht.«
Das etwas abgedroschene Kompliment war wahrscheinlich auf ihr Kostüm aus dunkelrotem, mit schwarzen Bordüren verziertem Samt zurückzuführen. Gleichwohl machte sie etwas in seinem Gesicht extrem befangen, was lächerlich war, denn er konnte ja nicht wissen, was sich letzte Nacht zugetragen hatte. »Sie sind zu freundlich«, erwiderte sie, während ihr die Röte ins Gesicht schoss.
Er schaute umher. »Sie sind ohne Dienstmädchen gekommen?«
»Das Mädchen, das Maurelle mir zugewiesen hat, interessiert sich nach meinem Dafürhalten ein bisschen zu sehr für das, was ich tue und lasse. Ich habe sie mit einem Kleid, das Madame Pluche angefertigt hat, ins Stadthaus zurückgeschickt. Aber lassen wir das. Ich hoffe, bei Ihnen steht alles zum Besten und die Angelegenheit, über die Sie mit mir sprechen wollen, ist nicht zu schwerwiegend.«
Sein Lächeln erstarb, und in seine blassblauen Augen trat ein wachsamer Ausdruck. »Bei mir steht in der Tat alles zum Besten, madame. Der Zeitpunkt meiner Abreise aus dieser verfluchten Stadt liegt fest, was mich, wie ich Ihnen versichern kann, ungemein freut. Mein Schiff segelt in weniger als zwei Tagen ab. Wir müssen also Abschied voneinander nehmen. Doch ich kann nicht abreisen, ohne ... will sagen, ich mache mir große Sorgen um Sie. Deshalb habe ich mich nach Ihrem Dienstmädchen erkundigt.«
»Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen.«
»Sie müssen Ihren guten Ruf und Ihre Person schützen. Deshalb muss ich Sie warnen.«
»Warnen? Wovor?« Forschend sah sie ihm ins Gesicht, vermochte jedoch außer dem üblichen Ausdruck von Hochmut und Arroganz nichts darin zu entdecken.
»Bei diesem Engländer ist nicht alles so, wie es scheint. Er nutzt die Gutmütigkeit von Madame Herriot und von Ihnen aus, madame .«
Schon wieder eine jener indirekten Anspielungen auf Dinge, die höchst privat waren. Oder war sie zu empfindlich? »Ich bitte Sie! Ich habe seine Wunde mit eigenen Händen geschlossen. Ich weiß, wie sie beschaffen war.«
»Aber Sie sind mit solchen Dingen nicht vertraut und können nicht beurteilen, wie schwer oder leicht eine Wunde ist. Für jemand wie diesen Fechtmeister war das wahrlich keine große Sache. Wenn man ihn sich selbst überlassen hätte, wäre er schon am nächsten Morgen wieder auf den Beinen gewesen.«
»Das ist ohne Belang, da er inzwischen aus dem Bett aufgestanden ist«, sagte sie. »Zweifellos wird er uns bald verlassen.«
»Dann droht Ihnen jetzt mehr Gefahr als je zuvor. Ich bitte Sie inständig, sich vorzusehen, Ariadne. Er ist ein wahrer Teufel, der darauf aus ist, Sie zu täuschen und sich gefügig zu machen. Er will Sie haben, ganz gleich, was er tun muss, um dieses Ziel zu erreichen.«
»Also wirklich, Sascha.« Obwohl sie protestierte, legte sie die Hand an den Hals, weil ihr ihr hoher, mit einer großen Brosche befestigter Kragen plötzlich zu eng vorkam.
»Ich versichere Ihnen, dass das stimmt. Man hat es ihn in einem Gespräch mit seinem Bruder, diesem Pasquale sagen hören, der ebenfalls Fechtmeister war. Er glaubt, dieser Unterricht sei eine List von Ihnen, die darauf zielt, ihm Schaden zuzufügen, ja, ihn zu töten, um Vergeltung für den Tod Ihres Bruders zu üben.«
Ihr Herz machte einen Sprung und hämmerte wie wild gegen ihre von ihrem Korsett eingeschnürten Rippen. »Woher wissen Sie das? Wer hat Ihnen das erzählt? Sie haben die beiden doch wohl nicht belauscht?«
»Ich muss gestehen, dass ich eine Vertraute in Madame Herriots Haushalt habe. Das junge Dienstmädchen, von dem Sie gesprochen haben. Adele, hat mir regelmäßig Bericht erstattet, wenn sie etwas gesehen oder gehört hat, das Sie betraf.«
»Sie ... Sie haben sie bezahlt, damit sie mir nachspioniert?«
Er trat auf sie zu, um ihre behandschuhte Hand zu ergreifen und an seine Brust zu drücken. »Ich bitte Sie inständig um Vergebung. Sie wissen doch, wie sehr mir Ihr Wohlergehen am Herzen liegt. Ich konnte einfach nicht begreifen, was es mit diesem Fechtunterricht bei dem
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