Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kampf der Gefuehle

Kampf der Gefuehle

Titel: Kampf der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
Vom Netzwerk:
Gleichwohl schien der angemessene Zeitpunkt dafür noch nicht überschritten zu sein.
    Nachdem er sich auf den Ellbogen gestützt hatte, machte er sich daran, sich unter der Bettdecke hervorzuschieben. Abrupt hielt er inne. Eine lange Haarsträhne
    Ariadnes hatte sich um seine Taille gewickelt und fesselte ihn ans Bett. Behutsam machte er die Haare los, um sie anschließend mit Daumen und Zeigefinger zu liebkosen. Sie waren ganz seidig und dufteten leicht nach Veilchen. Er wandte seine Aufmerksamkeit dem Rest ihres langen wallenden Haars zu, das sie wie ein schwarzer Spitzenschleier einhüllte, durch den ihre Haut mit unirdischem Glanz hindurchschimmerte. Unwillkürlich erinnerte er sich daran, wie die langen Strähnen beim Fechten um ihren Körper gewirbelt waren und die Kurven unter ihrem Nachthemd mal verdeckt, mal enthüllt hatten. Als er ihr den schwarzen Spitzenbesatz abgetrennt hatte, hatte er es gewissenhaft vermieden, dabei auch ihre seidigen langen Haare abzuschneiden. Das wäre ein ebensolches Sakrileg gewesen, wie wenn er ihre wunderbare Haut aufgeritzt hätte.
    Wie prachtvoll ihr Zorn und ihre tödliche Absicht sie hatten wirken lassen! Sie zu sehen, ihr so gegenüberzustehen, dass das Feuer hinter ihr auf verlockende Weise enthüllte, wie wenig sie unter ihrem Neglige trug, war jede Wunde, jeden Tropfen Blut, den er verloren hatte, wert. Anschließend hatte sie dann das Neglige abgelegt und ihm ein Rapier gereicht.
    Er hätte damit rechnen müssen. Dass er es nicht getan hatte, war reiner Selbstbetrug. Er hatte gewagt anzunehmen, dass die zwischen ihnen entstandene Intimität mehr bedeutete, sie über solche Dinge wie vergangenes Unrecht hinaushob.
    Ein Irrtum. Für den er diesmal voll und ganz bezahlt hatte. Hoffte er zumindest. Es war unmöglich, sicher zu sein.
    Ebenso unmöglich war es festzustellen, was sie zum
    Schluss bewogen hatte, sich ihm hinzugeben. War es eine Abschiedsgeste, wie er vermutete? Oder war es möglicherweise ein coup degrace, mit dem die subtile Rache einer Frau ihre Vollendung fand?
    So etwas konnte eine tödlichere Wirkung haben als alles, was sie mit ihrer Klinge angestellt hatte, aber das durfte sie nie erfahren.
    Nachdem er ihr Haar zur Seite geschoben hatte, stieg er vorsichtig aus dem Bett. Im Nu hatte er seine Hosen, den Gehrock und seine Weste sowie die Stiefel angezogen. Sein Halstuch konnte er nicht finden, das Hemd ließ sich ohnehin nicht mehr ausbessern, so dass er es zurückließ. Leise ging er zur Tür.
    Er hatte nicht die Absicht zurückzublicken. Er nahm sich sogar fest vor, es nicht zu tun.
    Doch es war unmöglich, der Versuchung zu widerstehen, einen letzten Blick auf sie zu werfen und sich auf diese Weise ihr Bild unauslöschlich einzuprägen. Nachdem er die Tür geöffnet hatte, drehte er den Kopf.
    Ariadne lag reglos auf der Seite und schaute ihm mit weit aufgerissenen, in der Morgendämmerung fast schwarz wirkenden Augen nach. Sie erwiderte seinen Blick, sah ihn jedoch völlig ausdruckslos an.
    Sie erwartete nichts von ihm, wollte nichts von ihm. Er spielte keine Rolle in ihrem Leben, ganz gewiss nicht in ihrem zukünftigen Leben. Deshalb deutete er mit so viel Lässigkeit, wie er aufzubringen vermochte, eine Verbeugung an.
    »Halten Sie es für undankbar, wenn ich mich ohne einen Kuss, ein Versprechen, eine Gunstbezeigung oder eine Wiederholung des Akts davonmache? Das Erste wäre unzulänglich, das Zweite unerwünscht, das Drit-te unangebracht, das Letzte unklug. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als so vernünftig zu sein, zu gehen und Ihnen meine aufrichtigsten Komplimente auszusprechen. Sie waren eine würdige Gegnerin, ma chere madame. Niemand ist es je mehr gewesen.«
    Sie gab keine Antwort. Allerdings erwartete er auch keine. Entschlossen ging er aus dem Zimmer und machte die Tür leise hinter sich zu. Dann schritt er die Galerie entlang und verließ das Herriotsche Stadthaus.
    Er hätte noch bleiben können. Er hätte bis zum späten Vormittag in seinem Zimmer schlafen können, um anschließend seine Sachen zusammenzupacken und sich so, wie es sich ziemte, von seiner Gastgeberin zu verabschieden. Aber dann wäre es fraglich gewesen, ob er sich wirklich hätte losreißen können beziehungsweise ob er in deinem Schlafzimmer geblieben wäre.
    Nein, so war es besser. Er würde Maurelle einen Brief schreiben, um sich zu entschuldigen und sie zu bitten, Nathaniel zu veranlassen, alles Nötige zusammenzupacken und in die Passage de la Bourse

Weitere Kostenlose Bücher