Kampf der Gefuehle
Privatsphäre, als durchwühle man in einem Haus, in dem man zu Gast war, die Schubladen.
Solche Skrupel waren schön und gut, aber Sascha hatte kein Anrecht mehr darauf. Sie musste alles durchsuchen.
Die Koffer waren verschlossen.
Sich auf die Unterlippe beißend, stand Ariadne einen ausgedehnten Moment lang da und überlegte, ob es ihr gelingen würde, die Kabine zu verlassen, ohne entdeckt zu werden. Würde sie es schaffen, die Stelle ausfindig zu machen, wo sie an Bord gebracht worden war? War es möglich, in das kleine Boot hinunterzuklettern, mit dem sie hergebracht worden war?
Was, wenn man sie sah? Dann wäre sie schlechter dran als jetzt, da Sascha daraufhin zweifellos besser auf sie aufpassen würde.
Es blieb ihr nichts anderes übrig, als die Kofferschlösser aufzubrechen. Das würde nicht allzu schwierig sein, da viele Dinge — Messerkästen, Tee- und Gewürzdosen, Tagebücher und Schmuckkästchen — ähnliche Schlösser hatten, deren Schlüssel man oft verlegte. Sie ließ sich vor dem ersten Koffer auf die Knie nieder, zog eine Nadel aus ihrem Haarknoten und machte sich an die Arbeit.
Was sie in dem Gepäck zu finden erwartete, wusste sie selbst nicht genau. Vielleicht einen weiteren Stock, da ein Mann oft einen Extrastock aus anderem Holz besaß für den Fall, dass sein Lieblingsstock nicht zu seiner Kleidung passte. Nicht unmöglich war, dass sie auf ein Paar Duellpistolen stieß. Mit einem Rasiermesser war fast mit Sicherheit zu rechnen. Jeder dieser Gegenstände würde ihr willkommen sein. Oder sonst irgendetwas.
Mit zitternden Fingern machte sie weiter, bis das Schloss endlich aufschnappte. Sie lauschte einen Moment lang, um festzustellen, ob jemand kam. Dann klappte sie mit großer Behutsamkeit, damit die Scharniere nicht quietschten, den Deckel hoch.
Nichts. Außer Gehröcken, Hosen und Nachthemden war nichts im ersten Koffer zu finden. Um ganz sicherzugehen, nahm sie alles heraus. Dann sank sie inmitten der Kleidungsstücke auf die Hacken zurück. Ihre Enttäuschung war so groß, dass sie sie zu überwältigen drohte.
Doch sie hatte keine Zeit für Tränen und Verzweiflung. Schniefend wischte sie sich die Augen trocken, lauschte erneut und wandte sich dem nächsten Koffer zu.
Dieser enthielt Saschas schmutzige Wäsche, die zum Teil um einen langen schmalen Kasten gewickelt war, von der Art, die man zur Aufbewahrung von getrockneten Früchten benutzte. Vor Ekel erschaudernd, legte sie das Bündel zurück und wandte sich dem letzten Koffer zu.
In fiebriger Hast machte sie sich an das dritte Schloss, das sich verklemmt zu haben schien. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ihre Finger sich verkrampft hatten oder dass die Haarnadel sich ein wenig verbogen hatte. Plötzlich hörte sie, wie in nicht allzu weiter Ferne ein Mann schallend lachte. Dann knallte eine Tür zu, und Schritte erklangen, Schritte, die auf sie zukamen. Sie biss die Zähne zusammen und stocherte verzweifelt in dem Schloss herum.
Dass Schloss ging und ging nicht auf, während die schweren, gemessenen Schritte näher und näher kamen. Die Geschicklichkeit, die sie normalerweise besaß, schien sie verlassen zu haben. Das Laudanum, das immer noch durch ihre Adern kreiste, machte sie langsam und unbeholfen. Sie flüsterte einen Fluch vor sich hin, der in ein Schluchzen überging.
Die Schritte hatten fast die Tür erreicht. Es gab keinen Zweifel daran, zu wem sie gehörten. Sie musste ... musste ...
Plötzlich machte es in ihrem Gehirn klick. Sie holte scharf Luft, eilte zum zweiten Koffer zurück und riss den Deckel auf. Nachdem sie die schmutzige Wäsche beiseite geschleudert hatte, zog sie den länglichen Kasten heraus, den sie gefühlt, aber nicht gesehen hatte.
Es war überhaupt keine Kiste für getrocknete Früchte, sondern ein flacher Waffenkasten aus poliertem Walnussholz, in das ein von Lorbeerblättern und goldenen Lilien umranktes Wappen eingraviert war. Der Verschluss war zwar kompliziert, hatte aber kein Schloss und sprang auf, als sie ihn berührte. Nachdem sie hastig den Deckel zurückgeklappt hatte, sah sie ein Paar zueinander passender Duellpistolen sowie zwei auf Hochglanz polierte Säbel mit elegant gearbeiteten Griffen, die mit Gold eingelegt waren, vor sich.
Das waren die Säbel, die Sascha bei dem Duell mit Gavin benutzt hatte. Einer davon hatte Gavin den Rücken aufgeschlitzt. Bei dem Anblick schossen ihr heiße Tränen in die Augen, und ihr wurde ganz flau im Magen.
Hinter ihr ging die Tür
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