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Kampf der Gefuehle

Titel: Kampf der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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Anspruch. Nicht dass ihre Treffen sonderlich lang gewesen wären. Es war eher so, dass er unablässig darüber nachdachte. Die Dame, die Frage, was sie von ihm wollte und was sie vorhatte — all das wurde bei ihm zusehends zur fixen Idee.
    Tausend Mal am Tag schossen ihm Erinnerungen durch den Kopf — wie sie sich bewegte, wie sie den Kopf drehte, wie ihr Busen sich wölbte und sich unter dem Stoff ihrer Bluse eine Brustwarze abzeichnete. Auf der piste kam es selten vor, dass er Anweisungen erteilte oder etwas demonstrierte, ohne dass er gleichzeitig daran dachte, wie er ihr ebendies vermitteln könnte. Schlaf fand er nur noch, wenn er sich zuvor beim Unterricht verausgabt hatte, und in seinen Träumen erlebte er Dinge, die dazu führten, dass er mit hämmerndem Herzen und in einem Zustand extremer Erregung erwachte. Wenn er auch nur über ein Fünkchen Verstand oder Selbstbeherrschung verfügte, würde er die Verbindung heute Abend abbrechen. Unglücklicherweise hatten diese Eigenschaften ihn verlassen.
    Der Regen hatte vorübergehend ausgesetzt. Trotzdem waren die Straßen — selbst die gepflasterten — voller Schlamm. Jenseits des Zentrums des Vieux Carre, wo es kein Pflaster gab, hatten sie sich in tiefen Morast verwandelt. Nicht von ungefähr wurden die Häuserblocks der Stadt als Inselchen bezeichnet, da sie von Straßen umgeben waren, durch die häufig Wasser floss. Als er die Bürgersteige der Straßen jenseits der rue Royale entlangging, ließ er besondere Vorsicht walten. Diese Bürgersteige, die aus den Planken ausgemusterter Schiffe bestanden, wurden als Dandyfallen bezeichnet, da das schwere Holz halb in Schlamm und Wasser schwamm, so dass ein unvorsichtiger Schritt dazu führen konnte, dass eine Fontäne schlammigen Wassers aufschoss und Hosen und Stiefel bespritzte.
    Gavin gelangte unversehrt zum Herriotschen Stadthaus. Statt Solon öffnete ihm ein Dienstmädchen, das er noch nie gesehen hatte, die Tür. Der Butler habe sich erkältet, weil er im Regen auf den Markt gegangen sei, um einzukaufen, und liege im Bett, erklärte sie. Würde der schöne Monsieur bitte in den Salon treten, derweil sie ihre Herrin hole?
    Dieser Empfang unterschied sich von seinen vorherigen Besuchen, bei denen er das Haus auf eher verstohlene Weise betreten hatte. Gavin fand jedoch, dergestalt lasse sich besser der Eindruck erwecken, dass er lediglich gekommen sei, um Maurelle einen Höflichkeitsbe-such abzustatten. Er folgte der jungen Frau, die mit raschelnden Röcken die Treppe hochging, und ließ sich von ihr in den Salon führen.
    Seine Schülerin war nicht da. Stattdessen erblickte er Zoe Lavoie, die ihre in scharlachroten Lederstiefeln steckenden Füße auf einen Hocker gelegt hatte und neben der eine Kanne Schokolade auf dem Tisch stand. »Monsieur Blackford, welche Freude!«, rief die Diva aus, als Gavin auf sie zutrat. »Bitte setzen Sie sich neben mich und erzählen Sie mir etwas Skandalöses. Maurelle ist gerade in die Küche hinuntergegangen, um nach unserem Abendessen zu sehen, so dass Sie also niemand daran hindern wird, die schlimmsten Dinge zum Besten zu geben. Ansonsten dürfen Sie mir auch sagen, wie Sie meine letzte Vorstellung fanden. Allerdings muss ich Sie warnen. Wenn ich keine überschwänglichen Komplimente zu hören bekomme, fange ich sofort an zu schmollen.«
    »Sie waren hervorragend bei Stimme und haben gesungen wie eine Nachtigall, aber das wissen Sie ja wohl selbst«, erwiderte er, indem er einen Handkuss andeutete. »Und da wir gerade von Singvögeln sprechen - wo haben Sie denn Napoleon gelassen?«
    »Der ist zu Hause und hat den Kopf unter den Flügel gesteckt. Nachtluft mag er nicht, wissen Sie. Habe ich wirklich gut gesungen? Haben Sie in der zweiten Arie denn nicht den fälschen Ton gehört?«
    »Ich weigere mich zu glauben, dass irgendetwas bei Ihnen falsch oder künstlich sein könnte«, entgegnete er, den Blick über ihre üppigen Formen schweifen lassend.
    »Frechdachs.« Sie schmunzelte ihn an, ohne in irgendeiner Weise beleidigt zu sein. Dann seufzte sie. »Ich hoffe, Sie haben recht, was den Ton angeht. Aber weil ich weiß, dass meine Stimme nicht ewig so bleibt, wie sie ist, höre ich bisweilen Fehler, weil ich Angst habe, sie zu machen. Trotzdem darf ich mich nicht beklagen, denn ich habe eine lange Karriere gehabt.«
    Das Licht der Kerzen fiel auf ihre ausgeprägten Gesichtszüge und spiegelte sich so in ihren Augen wider, dass erkennbar wurde, wie zerrissen sie innerlich

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