Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)
kleine Biogasanlage betreibt, die alte, nicht mehr verkäufliche Brötchen in Energie umwandelt. Für diese Form der Energieerzeugung eignen sich auch viele andere Arten von Resten und Abfällen, wodurch sie als besonders nachhaltig gelten kann.
Ein weiterer Irrtum besteht darin, dass Massentierhaltung als eine Folge der Biogasproduktion angesehen wird. Es ist jedoch umgekehrt: Die Massentierhaltung gab es lange vor der Errichtung der ersten Biogasanlagen. Nur werden jetzt die Abfälle genutzt, die vorher auf die Felder gestreut wurden, um daraus Biogas zu produzieren.
Da Gaspipelines eine bereits praktikable Lösung für die Speicherung von Energie bieten, hoffen manche auf die sogenannte Power-to-Gas-Technologie. Diese kann Strom aus erneuerbaren Energien in Wasserstoff oder synthetisches Erdgas umwandeln, welche anschließend in das Erdgasnetz transportiert und dort gespeichert werden. Noch ist diese Methode der Stromgewinnung teuer, wobei sie sich bereits lohnt, wenn es einen Überschuss an Strom aus erneuerbaren Energien gibt. Auf lange Sicht könnte sich damit eine Alternative zu den Pumpspeicherkraftwerken als Reservoir für erneuerbare Energien bieten.
Solange sich Speichermöglichkeiten und damit die vollständige Versorgung durch erneuerbare Energien noch in der Entwicklungsphase befinden, ist es notwendig, auf eine sinnvolle Mischung aus Energieformen zu setzen, die einerseits möglichst umweltfreundlich ausfallen, andererseits aber auch die Sicherheit nicht gefährden sollte. Da die meisten der bald vom Netz gehenden Atomkraftwerke in Süddeutschland stehen, wird das Problem drohender Blackouts dort heute schon besonders ernst genommen. Bayern und Baden-Württemberg setzen auf eine vernünftige Strategie, indem sie planen, klimafreundliche Gaskraftwerke mit dezentralen Netzen und Speichern sowie erneuerbarer Energie aus Windparks zu kombinieren. Hier tauchen derzeit jedoch neue Schwierigkeiten auf, da sich die Energieproduktion aus Gas für die Betreiber wirtschaftlich nicht rechnet. Dass so manche Pläne für neue Gaskraftwerke im Moment noch in der Schublade liegen, ist darin begründet, dass die Gaspreise in Deutschland zu hoch sind, während die CO 2 -Preise zu niedrig ausfallen – womit wir wieder bei der Kohlekraftlobby wären, die sich bisher erfolgreich gegen höhere CO 2 -Abgaben stellt. International aber ist Gas wesentlich günstiger als in Deutschland, weil es Überkapazitäten gibt. Das liegt daran, dass Deutschland rund ein Drittel seines Gases aus Russland bezieht. Russische Gasunternehmen setzen jedoch verstärkt auf die sogenannte Ölpreisbindung, in der der Gaspreis in einer gewissen zeitlichen Abfolge dem Ölpreis folgt. Diese Regelung stammt noch aus den 1960er Jahren, als man verhindern wollte, dass Gas als billiges Konkurrenzprodukt vor allem auf dem Wärmemarkt auftritt. Noch heute ist Deutschland an solche Verträge mit Russland gebunden und muss Gas deshalb zu einem überhöhten Preis abnehmen. Zwar ist es Eon im Sommer 2012 gelungen, mit dem russischen Konzern Gazprom neue Konditionen zu verhandeln, doch andere Konzerne ringen nach wie vor mit den Knebelkonditionen des alten Vertrages. – Und dann passierte wieder das Übliche: Der neue Deal mit Gazprom hat dem Unternehmen Milliardengewinne eingebracht, doch die Gaspreise für den Verbraucher wurden angehoben. An diesem Beispiel wird auf wunderbare Weise sichtbar, dass die Unternehmen die Preise erhöhen, weil sie Gewinne machen wollen – und dass sie das bei der Energie hemmungslos tun können, weil der Wettbewerb fehlt. Anders als beim Gas wird ihnen dabei noch eine Steilvorlage geboten, wenn es darum geht, Strompreiserhöhungen medienwirksam zu verkaufen. Denn hier hat man ja einen Schuldigen: die angeblich vom Staat subventionierten erneuerbaren Energien oder auch den teuren Netzausbau. Eine Lüge, die inzwischen so breite Akzeptanz gefunden hat, dass sich die ZEIT dazu veranlasst sah, Ende August 2012 ein großes Dossier mit dem Titel »Die Strompreislüge« zu veröffentlichen.
5. Die Energiewende lässt die Strompreise explodieren
Der französische Ökonom Frédéric Bastiat richtete 1846 eine »Petition der Kerzenmacher« an die Abgeordneten der Deputiertenkammer. Darin bat er um die Ausschaltung der größten Billigkonkurrenz, mit der sich die Zunft konfrontiert sah: die Sonne. Er forderte, man solle das Sonnenlicht aussperren, sein Eindringen auf jede erdenkliche Art verhindern, Räume abdunkeln und jede noch so
Weitere Kostenlose Bücher