Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)
Versuche systematisch zu unterstützen, die Erforschung und den Ausbau der Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen nachhaltig in Gang.
Anders als andere Innovationen sind die neuen Energieformen auch deshalb auf politische Unterstützung angewiesen, weil der Energiemarkt nach besonderen Regeln funktioniert. Wenn Apple sein iPhone in den Läden zum Verkauf anbietet, kann sich die abgeschlagene Konkurrenz auf den Kopf stellen – sie wird den Erfolg des Produktes nicht verhindern. Doch Strom wird nicht an der Ladentheke verkauft. Wer ihn anbieten will, braucht Zugang zu den Netzen, die ihn an die Verbraucher verteilen. Auch kann der Stromanbieter beim Kunden keine Vorteile bei der Nutzung geltend machen: Aus der Steckdose kommt immer dasselbe Endprodukt. Grüner Strom ist nicht leistungsfähiger oder benutzerfreundlicher als die aus herkömmlichen Verfahren gewonnene Energie, und er bietet auch kein besonderes ästhetisches Design, das zum Kauf reizen könnte. Neue, in den Anfängen teure Energieformen haben daher keine Chance auf einem Markt, der keineswegs offen, sondern durch Lobbyismus von wenigen großen Energiekonzernen und dem Staat reguliert wird.
Als die ersten Schritte hin zu alternativen Formen der Energiegewinnung gemacht wurden, schienen die Gründe für derartige Innovationen allein in den hehren Zielen von Umwelt- und Klimaschutz zu liegen. Insofern haben wir in Deutschland schon jetzt Erfolgsgeschichte geschrieben: Die Lobby der Umweltschützer war seit den 1980er Jahren immerhin stark genug, um die Weichen für klimafreundlichere Energien frühzeitig zu stellen und ihren Ausbau damit politisch durchzusetzen. Auch wenn dieser Erfolg in der aktuellen Debatte bei uns häufig aus dem Blick gerät, so ist Deutschland immerhin nahezu die einzige große Volkswirtschaft unter den Industrienationen, die bereits ganz auf erneuerbare Energien setzt.
Ohne die politische Förderung wäre das großartige Projekt einer umweltfreundlichen Energiegewinnung undenkbar gewesen. Einen maßgeblichen Schritt zu diesem Erfolg stellte das Energieeinspeisegesetz von 1990 dar, der Vorläufer des heutigen Energie-Einspeise-Gesetzes ( EEG ), das den Betreibern der ersten Wind- und Solaranlagen eine sichere Abnahme ihres Stroms zu festen Preisen garantierte – zu Preisen, die über dem normalen Marktpreis des Stroms liegen. Auf diese Weise konnten die zu Anfang hohen Innovationskosten und der Bau neuer Anlagen finanziert werden. Allerdings waren es von Beginn an die Verbraucher, die die erhöhte Vergütung des grünen Stroms bezahlten. Seit der Überarbeitung des Gesetzes von 1990 im EEG aus dem Jahr 2000 wird die Differenz zwischen dem Börsenpreis und dem höheren Festpreis für Ökostrom auf den Strompreis geschlagen . Diese heute als EEG -Umlage bezeichnete Vergütung gewährte Ökostromproduzenten damit jene Anschubhilfe, ohne die sie auf dem Strommarkt gegen die etablierten Anbieter chancenlos wären – eine Unterstützung, die dem Stromverbraucher in Rechnung gestellt wird.
Nach nunmehr gut 20 Jahren der Entwicklung bilden die Ökostromanbieter selbst eine stärker werdende Lobby, und der einmal in Gang gesetzte Prozess lässt sich nicht mehr umkehren: Inzwischen beugen sich die großen Konzerne dem Innovationsdruck und setzen selbst auf grüne Energieformen, indem sie riesige Offshore-Windparks bauen und so versuchen, ihre Machtstellung zu sichern. Sie reagieren also auf den fundamentalen Umbau des Marktes, der mit den neuen Energieformen einhergeht. Anders als bei Atom-, Kohle- und Gaskraftwerken kann der Strom in Wind-an-Land-, Biogas- und Solaranlagen in kleineren Mengen produziert und verteilt werden. Mit den neuen Energieformen drängen daher kleine und mittelständische Unternehmer in den Wettbewerb, die den großen Energieversorgern Marktanteile und damit Gewinne wegnehmen. Aus marktwirtschaftlicher Sicht ist das eine durchaus positive Entwicklung, denn so entsteht am Ende mehr Wettbewerb. Die großen Energieversorger verlieren jedoch dabei und wehren sich deshalb vehement gegen diesen Wandel.
Wenn wir über die Kosten des Ökostroms reden – auf den Strompreis komme ich später noch zu sprechen – , dann handelt es sich also in erster Linie um Innovations- und Produktionskosten. Ihre Höhe ist keine feste Größe, sondern sie unterliegt ständigen Veränderungen, wobei die Tendenz fast ausschließlich nach unten geht. Die Produktion von Ökostrom wird immer billiger, je weiter ihre technologische
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