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Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Titel: Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kemfert
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kleine Ritze abdichten. Davon würden nicht nur die Kerzenmacher, sondern zahlreiche andere Wirtschaftszweige profitieren. Mit seiner Petition nahm Bastiat die Befürworter eines überzogenen Protektionismus aufs Korn, die darauf drängten, die heimische Industrie gegen billige Konkurrenz aus dem Ausland zu schützen. Erfolg war ihnen jedoch nicht beschieden, denn nur wenig später wurden die Kerzenmacher durch eine technische Neuerung namens Elektrizität marginalisiert.
    Das Licht der Sonne indessen gibt es nach wie vor umsonst. 150 Jahre nach Bastiats satirischer Streitschrift tritt sie erneut als Billigkonkurrent auf den Plan: Als erneuerbare Energiequelle macht sie der herkömmlichen Energiewirtschaft ihre marktbeherrschende Position streitig. Diese wehrt sich mit den vehementen Behauptungen, dass grüner Strom mit untragbaren Kosten verbunden sei, dass er unserer Industrie schade, die deutsche Wirtschaft in ihrer Wettbewerbsfähigkeit bedrohe und uns finanziell in den Abgrund reiße. Die Argumentation erinnert stark an Bastiats Satire, die in der Vermutung gipfelte, die Sonne sei eine Erfindung der feindlichen Engländer, um die französische Wirtschaft zu schwächen – es falle ja auch auf, dass die Sonne sich über der Insel viel seltener zeige als in Frankreich.
    Ein zentraler Vorwurf der Gegner der Energiewende lautet, der grüne Strom treibe den Strompreis in die Höhe. Nun muss man, will man die Zusammenhänge besser verstehen, einerseits unterscheiden zwischen dem, was der Strom die Verbraucher und den Staat kostet, und was andererseits diese Kosten mit dem Strompreis zu tun haben.
    Strom ist keine normale Ware: Das Verhältnis zwischen Kosten und Preis unterliegt anderen Regeln als beim herkömmlichen Tauschgeschäft. Wenn wir etwas käuflich erwerben, bezahlen wir nicht nur den Gewinn, den der Anbieter macht, sondern vor allem die Kosten, die von der Produktion bis zum Verkauf der Ware anfallen. Neben Aufwendungen für Material und Produktion enthält dieser Preis auch Steuern, Versicherungen und Ähnliches. Beim Strom ist dies anders, denn hier trägt der Anbieter keineswegs alle Kosten selbst – egal, aus welcher Quelle er die Energie bezieht. Der Verkauf von Strom rechnet sich also nur unter bestimmten Bedingungen. Deshalb sorgt der Staat für energiewirtschaftliche Rahmenbedingungen, die es den Versorgern ermöglichen, Strom zu produzieren und gewinnbringend zu verkaufen. Auf diese Weise ist die öffentliche Hand immer in irgendeiner Weise direkt oder indirekt an der Energieversorgung beteiligt. – Wirklich immer? Das hängt davon ab, was man alles zu den Kosten der Stromproduktion rechnet.
    Und hier beginnen die Schwierigkeiten: Der Staat hat die Förderung von grünem Strom so eingerichtet, dass ein Großteil jener Kosten, die durch den Verkauf des produzierten Stroms nicht gedeckt sind, auf den Strompreis umgelegt werden. Bei den fossilen Brennstoffen hingegen übernimmt die öffentliche Hand Kosten, die der Stromanbieter nicht selbst trägt. Mit anderen Worten: Für den Ökostrom zahlt der Verbraucher, für Strom aus fossilen Energiequellen fließen Steuergelder in die Taschen der Stromkonzerne. Aus diesem Grund fällt es leicht, eine Diskussion über ständig steigende Strompreise allein auf dem Rücken der Ökostromanbieter auszutragen, während niemand über die heimlichen Subventionen redet, die den Betreibern von Atom- und Kohlekraftwerken zufließen. Reden wir also, ehe wir den Strompreis unter die Lupe nehmen, über Kosten.
    Der »teure« Ökostrom
    Die Produktion von grünem Strom erfordert völlig neue Technologien. Je abenteuerlicher eine Idee, desto schwieriger fallen die ersten Schritte zu ihrer Realisierung. Seit der Weltumsegelung von Kolumbus ist die Finanzierung des Neuen, noch völlig Unbekannten nicht einfacher geworden. Und erst recht nicht billiger. Zwischen einer Idee, ihrer technischen Umsetzung und ihrer wirtschaftlichen Reife als Produkt liegt ein ganzer Ozean, und in den seltensten Fällen verspricht die Reise von Beginn an Gewinne. Auch die frühesten Versuche, aus natürlichen Energiequellen Strom zu erzeugen, schienen höchst abenteuerlich. Die Vorstellung, man könne auf diese Weise ganze Gebiete flächendeckend mit Strom versorgen, lag in weiter Ferne. Einerseits waren auf technologischer Ebene unzählige Hürden zu nehmen, andererseits waren die Kosten für Material und Produktion astronomisch hoch. Deshalb brachte erst die politische Entscheidung, diese

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