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Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Titel: Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kemfert
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gestützt und vor einer Übermacht der vier großen Konzerne geschützt werden. Dadurch entsteht am Ende mehr Wettbewerb. Schon heute kann ein Stromkunde in Berlin frei wählen, ob er seinen Strom bei einem der Energieriesen oder bei einem der zahlreichen lokalen Anbieter von Kiel bis München kauft.
    Vor allem aber hat das EEG mit seinen je nach Technologie differenzierten Vergütungssätzen eine große Bandbreite an Technologien gefördert, so dass Deutschland im Bereich der grünen Energien schon heute nicht nur eine flexible und vielfältige Energieversorgung hat, sondern auch im internationalen Wettbewerb um die Führungsposition auf dem Technologiemarkt gut aufgestellt ist.
    Gegen die Einführung einer Quote in Deutschland sprechen nicht nur die schlechten Erfahrungen in anderen Ländern: England zieht sich gerade schrittweise aus dem Quotenmodell zurück und steigt auf Vergütungssätze um. Das ist ein mühsamer Prozess, der selbst wiederum Kosten verursacht, denn jede politische Entscheidung, jede Neuregelung muss auch auf das reagieren, was bereits vorhanden ist. Das komplizierte Gebilde des EEG bedarf ebenso der Erneuerung wie das eingangs erwähnte unorganisch gewachsene Stromnetz der USA . Allerdings, darüber ist man sich in Bezug auf letzteres einig, wäre es unsinnig, das Netz vollständig herauszureißen.

9. Die Energiewende führt zur sozialen Verelendung oder: Die FDP und die soziale Frage
    Gelbe Widersprüche
    Es ist paradox: Die FDP scheint, indem sie mehr Marktwirtschaft bei der Energiewende fordert, ihre ureigensten Werte zu vertreten. Doch die von ihr vorgeschlagene Quotenregelung hat sich in anderen Ländern bereits als technologie- und wettbewerbsfeindlich erwiesen. Verfolgt die FDP hier in Wahrheit ganz andere Ziele als Wirtschaftswachstum und Wettbewerb?
    Staatliche Förderungen werden oft pauschalisierend als marktfeindliche Regulierung und sinnlose Verschwendung öffentlicher Gelder verurteilt. Natürlich wissen selbst Angehörige der FDP , dass es nicht der Markt ist, der neue Technologien wie etwa das satellitengesteuerte Navigationssystem GPS hervorbringt. Im Gegenteil: Aus der anfangs staatlich finanzierten Entwicklung – wie ein großer Teil der modernen Kommunikationstechnik entstand das GPS im Zuge der Militärforschung – entstehen erst in einem zweiten Schritt völlig neue Märkte. So herrscht über viele wirtschaftliche Engagements des Staates auch gar kein Dissens. Zwischen nahezu allen Parteien ist man sich zum Beispiel darüber einig, dass die staatliche Beteiligung am europäischen Konzern EADS , der die Airbus-Flugzeuge herstellt, sinnvoll ist.
    Die FDP nutzt das schlechte Image, das Subventionen generell anhaftet, für ihren Wahlkampf, und sie erhält dabei von jenen Unterstützung, die bestimmte Lobbyinteressen vertreten. »Rettet die Energiewende und schafft das EEG ab«, rufen die Anhänger der Quotenregelung. Dabei wissen sie genau, was die Folgen wären: Kleine Anbieter würden vom Energiemarkt verschwinden, neue Technologien würden es nicht bis zur Marktreife schaffen. Die Energieversorgung der Zukunft gestaltet sich in den Vorstellungen dieser Leute äußerst übersichtlich: Sie trägt die Logos von RWE , Eon , EnBW und Vattenfall, die uns wie in guten alten Zeiten die Strompreise diktieren. Rettet die Energiewende? Ausgerechnet die FDP wettert gegen das Projekt, das eine große Zahl von Technologien und Wettbewerbern und gerade den ihr so nahestehenden Mittelstand fördert und damit ein enormes Wirtschaftswachstum produziert. Wer würde das vermuten bei einer Partei, die sich zuletzt bei ihrem Dreikönigstreffen im Januar 2012 erneut »Wachstum« auf die Fahnen geschrieben hat? Gerade dies macht ihre Propaganda so gefährlich: Wer würde argwöhnen, dass die Partei im Dienste ihrer Klientel die eigenen Ziele verrät? Wer würde annehmen, dass sie nicht Wachstum, sondern die Ansprüche eines kartellrechtlich äußerst bedenklichen Oligopols von wenigen Großkonzernen vertritt, die sich vehement gegen den technologischen Wandel auf dem Energiemarkt zur Wehr setzen? Dass ihre Kampfstrategie darauf ausgerichtet ist, die etablierten Stromanbieter gegen zu viel Konkurrenz auf dem freien Markt zu schützen? Dass das wahre Motiv, das EEG zu diffamieren, in deren Angst besteht, Marktanteile zu verlieren und so Gewinne einzubüßen? – Die alte liberale Idee hilft, dieses taktische Spiel zu verschleiern, ähnlich wie ja auch die Geldgeber der FDP gerne im Dunkeln

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