Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)
Technologien zur Reduzierung von Schadstoffemissionen zu investieren. Doch die Erfahrung zeichnet ein anderes Bild. Völlig zu Recht steht es in den Lehrbüchern der Umweltökonomie gleich zu Beginn: Der Emissionsrechtehandel ist das mit Abstand für Lobbyismus anfälligste Marktinstrument.
Der 2005 in der EU eingeführte Emissionsrechtehandel könnte die richtigen Anreize setzen, wenn der CO 2 -Preis über 25 Euro pro Tonne liegen würde. Das wäre derzeit ungefähr die Größenordnung, bei der Kohlekraftwerke wirtschaftlich unattraktiv, Gaskraftwerke rentabler und somit Schadstoffemissionen deutlich reduziert würden. Für den Ausbau erneuerbarer Energien hätte der CO 2 -Handel damit allein jedoch noch keine Wirkung. Erst ein CO 2 -Preis von mindestens 60 Euro pro Tonne würde andere Energieträger im Vergleich zu den erneuerbaren Energien so verteuern, dass damit Anreize für Investitionen in grünen Strom gegeben wären. Der Emissionsrechtehandel der EU ist leider von beiden Zielen weit entfernt – zuletzt fiel der Preis im Sommer 2012 auf unter 7 Euro pro Tonne und erreichte damit einen neuen Tiefpunkt. Dafür gibt es zahlreiche Gründe: Zu Beginn des Handels wurden viel zu viele Zertifikate von den Staaten kostenlos verteilt und zudem nur manche Industriebereiche in den Handel einbezogen. Darüber hinaus ist die notwendige Zustimmung von 27 Mitgliedsländern für eine Verschärfung des Emissionshandels derzeit höchst unwahrscheinlich.
Als die Bundesregierung im Herbst 2010 die Energiewende beschloss, richtete sie unter anderem einen Energie- und Klimafonds ein, aus dem die Energieforschung und die Gebäudesanierung finanziert werden sollten. Ein Teil seiner Mittel sollte der Fonds durch eine Vereinbarung erhalten, die mit der Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke abgeschlossen wurde: Im Gegenzug für die längeren Laufzeiten und die damit verbundenen Gewinne sollten die Betreiber eine zusätzliche Abgabe in den Fonds einzahlen, die sogenannte Brennelementesteuer. (Damals behaupteten die Energiekonzerne übrigens dreist, sie würden gar keine Gewinne erzielen und könnten deshalb keine Abgabe leisten. Als wir im DIW Zahlen veröffentlichten, die diese Behauptung widerlegten, schickte ein großer Energiekonzern einen Brief an den Dekan der Universität, an der ich unterrichte, mit der Forderung, ich solle bitte keine Rechnungen mit falschen Zahlen über Gewinne aufmachen.) Da die Laufzeitverlängerung nach der Reaktorkatastrophe in Japan rückgängig gemacht wurde, fließt von dieser Seite kein Geld mehr in den Energie- und Klimafonds. Eine zweite Einnahmequelle sollten die Erlöse aus dem Verkauf von CO 2 -Zertifikaten sein, doch auch diese Einnahmen entsprechen angesichts des darniederliegenden Handels nicht den Erwartungen. So ist die Kasse des Energie- und Klimafonds für die ihr zugedachten Aufgaben nicht annähernd gut genug gefüllt.
Ein besonders drastisches Beispiel für die Macht, mit der sich die Wirtschaft gegen einen funktionierenden Emissionsrechtehandel wehrt, liefert der internationale Flugverkehr: Die EU wagte den Vorstoß, den Handel mit Verschmutzungsrechten ab Januar 2012 auch auf die Fluggesellschaften auszudehnen, und zwar weltweit. Sofort wurden von Seiten der Wirtschaft, aber auch der Regierungen (insbesondere in den USA , China, Indien und Russland) Sanktionen angedroht: Im Gegenzug würde man europäischen Wettbewerbern die Überflugrechte streichen, den Handel beschränken oder Strafzölle einführen. Drei Monate später, im März2012 , beschwerten sich europäische Fluglinien bei ihren Regierungen, sie würden von solchen Maßnahmen bereits betroffen und damit in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Allein die chinesische Regierung habe Bestellungen von Airbus-Flugzeugen im Wert von 12 Milliarden US -Dollar auf Eis gelegt, hieß es in einem Brief, was mindestens 1000 Stellen an den europäischen Airbus-Standorten und mindestens ebenso viele bei den Zulieferern gefährde. Während der Emissionsrechtehandel also in der EU schon kaum mehr funktioniert, droht nun im Bereich des Flugverkehrs ein internationaler Handelskrieg.
Die Quotenregelung – das bessere Modell?
Angesichts der Schwierigkeiten, auf die der Emissionsrechtehandel in der Praxis stößt, sind die Rufe nach diesem Instrument als Ersatz für das EEG weitgehend verstummt. Stattdessen wird nun eine Quotenregelung gefordert, die der Energiewende die lang ersehnte Marktwirtschaft bringen soll. Wie bei den
Weitere Kostenlose Bücher