Kanaken-Gandhi
auf Wohnge ld gestellt, kann es sein, dass du das falsche Formular ausgefüllt hast?«
»Frau, du hältst mich wohl für völlig bescheuert?« schimpfe ich verärgert, »außerdem war das gar nicht hier, sondern beim Wohnungsamt! »
»Das hat gar nichts zu sagen, alle Behörden sind miteinander verknüpft. Erst letzte Woche habe ich wegen des Stroms bei den Stadtwerken angerufen, und die schickten mir eine Hebamme!«
ruft Eminanim, dann wendet sie sich an die Beamtin: »Kann denn da nicht irgendeine Verwechslung vorliegen? Vielleicht wurde ja nur unser Antrag auf die deutsche Staatsbürgerschaft abgelehnt oder das Wohngeld. Muss es denn gleich ein Asylantrag sein, der abgelehnt wird?«
»Aha, da haben wir es ja«, triumphiert diese, »jetzt haben Sie sich verplappert. Sie haben wohl doch einen Asylantrag gestellt.
Ich will ja nicht damit prahlen, aber ich muss zugeben, dass ich in der psychologischen Kriegsführung mit diesen Ausländern sehr gut ausgebildet worden bin. Kein Täuschungsmanöver der feindlichen Seite kann mich verwirren. Ich dur chschaue auch die hinterhältigsten Tricks meiner Gegner.«
Mittlerweile haben sich auch die anderen fünf Beamten in dem großen Büro an ihren Schreibtischen niedergelassen, und sie klatschen alle begeistert Beifall für ihre Kollegin.
»Mit so billigen Tricks kommt ihr bei uns nicht durch«, ruft der Büroleiter mit dem gelben Pullover.
»Kommt, geht jetzt. Draußen warten genug Leute, die auch mal drankommen wollen!«
»Osman, wenn wir jetzt mit diesem Ergebnis den Raum verlassen, dann müssen wir auch nächste Woche Deutschland verlassen. Tu endlich was, anstatt doof in der Gegend rumzustehen«, schimpft meine Frau.
»Liebes Weib, beruhige dich doch! Wenn eine Beamtin, also eine Repräsentantin des deutschen Staates, uns glaubhaft versichert, dass unser Asylantrag abgelehnt ist, dann ist der Antrag abgelehnt!« sage ich verzweifelt.
»Mach mich nicht wahnsinnig, Osman! Du weißt ganz genau, dass wir keinen Asylantrag gestellt haben.«
»Frau, willst du vielleicht alles besser wissen als der allwissende deutsche Staat mit seinen ganzen Behörden, Computern, Karteikästen und Beamten? Du weißt doch nicht mal, wie alt du wirklich bist!«
Die Beamtin ruft prompt dazwischen: »Ich kann Ihnen gleich sagen, wie alt Ihre Frau ist!«
»Halt, sind Sie verrückt, doch nicht vor all diesen Leuten«, wird sie von Eminanim sofort gestoppt. »Also gut, wenn das Computer so schlau ist ... »
»Es heißt nicht »das Computer««, wird sie von der Beamtin sogleich korrigiert, »der Computer ist nicht sächlich, sondern immer noch männlich! Wenn ich bitten darf!«
»Also, ich kann nichts männliches an diesem Kunststoffding entdecken«, höhnt meine Frau, »oder sieht Ihr Gatte, der Herr Göbelsberg, etwa so aus? Dann viel Spaß!«
»Frau Engin, werden Sie hier nicht unverschämt!«
»Also gut, wenn der Herr Computer so schlau ist, wie er tut, dann fragen Sie ihn doch mal, wann wir nach Deutschland gekommen sind!«
»Das hätten wir gleich«, lächelt die Beamtin selbstsicher und lässt den Computer ein paar Mal laut piepsen:
»17. August 1967!«
»Vor fast genau 30 Jahren also?«
»Ja, das stimmt, vor ungefähr 30 Jahren sind Sie in Deutschland eingereist.«
»Und seit über 30 Jahren warten wir also auf das Ergebnis unseres Asylantrages«, stellt Eminanim höchst schlitzohrig fest.
Ich bin begeistert von ihrer Argumentation und schlage ihr dreimal anerkennend auf die Schulter.
Alle sechs Beamten und die vier Computer im Raum sind sprachlos. Nach mehreren Sekunden atemloser Stille gibt einer der Computer endlich ein Lebenszeichen von sich: Er piepst ganz kläglich.
Um ihren Triumph richtig auszukosten, legt meine Frau noch eins nach: »Meine Damen, meine Herren, finden Sie es nicht völlig unwahrscheinlich, dass in Deutschland über einen Asylantrag erst nach 30 Jahren entschieden wird? Kennt jemand von ihnen irgendeinen Richter, der eine komplette Asylantenfamilie 30 Jahre lang hier in Deutschland auf Staatskosten durchfüttern lassen würde? Wir sind keine Asylbewerber, wir sind Arbeiter! Für die fünf Kühe, die wir in der Türkei haben, mussten wir all die Jahre hier hart arbeiten.«
Bei Allah, ich habe nie gewusst, welch tolles Gefühl mir bisher verborgen blieb. Zum ersten Mal in meinem Leben spüre ich, wie wunderbar es sein kann, wenn man stolz auf seine Frau ist! Aber Frau Kottzmeyer-Göbelsherg ist in der psychologischen Kriegsführung gegen
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