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Kandide oder die beste aller Welten

Kandide oder die beste aller Welten

Titel: Kandide oder die beste aller Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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setzen wollte, und auf der Stelle mit dem holländischen Schiffer bedung, ihn ungesäumt nach Venedig zu bringen; sollte selbiger ihn auch gleich wie der surinamsche Schiffspatron begaunern.
    Binnen zwei Tagen war der Schiffer klar. Es ging an den Küsten von Frankreich weg, dicht vor Lissabon vorbei, wo Kandiden kalter Schauer über den Nacken lief; hinein in die Straße von Gibraltar und so ins Mittelländische Meer; endlich lag man vor Venedig.
    Gottlob, sagte Kandide zu Martinen, den er feurig umarmte, hier werd' ich sie wiedersehn, die schöne Kunegunde! Auf Kakambo'n rechne ich wie auf mich selbst. Oh! es geht alles gut! alles! es kann gar nicht besser sein.

Vierundzwanzigstes Kapitel: Von Gertruden und Bruder Viola'n
    Kaum hatten sie den Fuß in die Stadt Venedig gesetzt, so ließ er Kakambo'n in allen Wirtshäusern suchen, in allen Kaffeehäusern, bei allen Töchtern der Freude; kein Kakambo zu finden. Täglich mußten seine Leute nach dem Hafen und nachfragen; es mochte Schiff oder Barke gekommen sein. Nichts zu hören noch zu sehn von Kakambo'n!
    Das ist mir unbegreiflich, sagte Kandide zu Martin. Ich bin von Surinam nach Bordeaux gegangen, von Bordeaux nach Paris, von Paris nach Dieppe, von Dieppe nach Portsmouth, bin Spanien und Portugal längs gesegelt, habe das ganze Mittelländische Meer durchstrichen, etliche Monate zu Venedig verbracht, und doch hat sich in all' der Zeit Baroneß Gundchen nicht eingestellt! Ich habe statt ihrer weiter nichts gefunden als eine Hure und einen Abbe aus Perigord. Ganz gewiß ist sie tot, meine Gunde! Ihr nach ist noch das einzige, was du tun kannst, Kandide! – – – Ha! war' ich doch in dem Paradiese, im Eldorado geblieben und nicht nach dem Drachenneste, dem Europa zurückgekehrt! Sie haben ganz recht, lieber Martin! Es ist alles in der Welt leerer blauer Dunst! Ist allenthalben Trug und Elend!
    Es befiel ihn so düstere Schwermut, daß er weder an der opera alla moda, noch an irgendeiner Faschingslustbarkeit teilnahm, sogar bei einer
Danae
von Mädchen stieg ihm kein Fünkchen Begier auf.
    Gute, treuherzige Seele! sagte Martin, sich einzubilden, ein Mestize von Bedienten mit fünf oder sechs Millionen in der Tasche wird hingehn bis ans Ende der Welt und Ihre Geliebte aufsuchen. Findet er sie, so fischt er sie für sich selbst weg; findet er sie nicht, so wirft er seinen wohlbespickten Köder einem andern Dirnchen in den Rachen. Mein Rat ist der: Schlagen Sie sich alle beide aus dem Sinn: Ihren Kerl, den Kakambo, und Ihre Geliebte, die Baroneß Kunegunde.
    Martin war kein guter Tröster, auch wuchs Kandidens Schwermut täglich, und täglich rieb ihm der Manichäer die Ohren mit dem Beweise, daß es in der Welt nur wenig Tugend gäbe, wenig Glück, ausgenommen etwa im Eldorado, wo niemand hinkönne.
    Eines Tages, wie sie über diese wichtige Materie streitend und Kunegunden noch immer erwartend, über den St. Markusplatz gingen, ward Kandide einen jungen Theatinermönch gewahr, der ein Mädchen unterm Arm hatte. Der Theatiner war ein frischblühender, feister, herkulischer Gesell, mit kühnumschauendem Adlerblick, stolzer Miene und kecken Ganges. Sein Liebchen ein gar niedliches Ding, sie schäkerte singend neben ihm her, warf den vollen Blick der Liebe auf ihren Theatiner, und kniff ihm manchmal in die runden, vollen Backen. Nun, diese beiden Leute werden Sie doch wohl für glücklich erklären, sagte Kandide zu Martin; auf der ganzen bewohnten Erdkugel hab' ich, ausgenommen im Eldorade, nichts als Unglückliche gefunden; daß aber dies Mädchen und dieser Theatiner vollglückliche Geschöpfe sind, darauf wollt' ich wetten.
    Ich wette, sie sind's nicht! sagte Martin. Ich darf sie nur zu Gaste bitten, versetzte Kandide, so sehn wir gleich, ob ich mich geirrt habe.
    Sofort ging er auf sie zu, machte ihnen sein Kompliment und bat sie, in seinen Gasthof zu kommen und mit Makkaroni, lombardischen Rebhühnern, Stör-Rogen und etlichen Flaschen Montepulciano, Lacrimae Christi und Cyper- und Samoswein vorliebzunehmen. Das Mädchen ward rot, der Theatiner nahm die Einladung an. Das junge Frauenzimmer folgte ihm, blickte Kandiden mit einem Auge an, worin sich Bestürzung und Beschämung malte und manche Träne trat.
    Kaum waren sie im Hause, so sagte die Dirn, die Kandiden abseits genommen hatte: Kennen Sie denn Gertruden nicht mehr, lieber Herr Kandide? Dieser, dem Kunegunde stets vor Augen schwebte, hatte vorher nur einen flüchtigen Blick auf dies Mädchen geworfen, jetzt

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