Kann ich den umtauschen?
Mann wie ihm, der schlieÃlich alles hatte? Wenn Nathan sich etwas wünschte, kaufte er es sich kurzerhand selbst.
Dieses Jahr war es ihr gelungen, etwas ganz Besonderes zu besorgen.
Er war ein Kunstliebhaber, der die Investition wahrscheinlich mehr schätzte als die Kunst an sich, aber er mochte Kunst, und Alice hatte sämtliche Galerien in der Umgebung abgeklappert auf der Suche nach einem Zwilling zu der Zeichnung, die sie ihm vor sechs Jahren geschenkt hatte.
Genau genommen war sie seit jenem Weihnachtsfest auf der Suche gewesen. Vergeblich. Doch dieses Jahr â¦
Im September hatte Alice Floyd zu einem neuen Kunden in Whattelly on Sea begleitet. Alice richtete es stets so ein, dass sie die erste Lieferung zu einem neuen Kunden höchstpersönlich übergab. Sie fand, das war das Mindeste, was sie tun konnte, denn schlieÃlich war für sie jeder neue Kunde wie ein neues Mitglied der KonfiKunst-Familie.
Nachdem sie zweihundert Gläser handverlesener Köstlichkeiten bei dem Café abgeliefert hatten, das die Konfitüre sowohl verwenden als auch verkaufen wollte, und die bezaubernde, aber leicht schrullige Inhaberin kennengelernt hatten, erinnerte Floyd sich an eine kleine Tapasbar unten am Wasser. Die beiden beschlossen, dort zu Mittag zu essen, und kamen sich â weil sie eigentlich sofort wieder nach Hause mussten, wo ein Haufen Arbeit wartete â vor wie zwei Kinder, die sich vom Schulhof geschlichen hatten, um in aller Ruhe irgendwo ein Eis zu essen.
Als sie die Tapasbar knoblauch-, oliven- und weinselig wieder verlieÃen, fiel Alice auf, dass sich gleich nebenan ein kleiner Antiquitätenladen befand, der offenbar gerade neu eröffnet hatte.
Und dort hing sie im Fenster.
Die Zeichnung, nach der sie schon so lange gesucht hatte. Derselbe Künstler, selbes Modell, gleicher Rahmen, andere Pose. Alice war stehen geblieben und hatte heftig geblinzelt, da sie ihren Augen kaum traute. Dann hatte sie sich so dicht vor das Schaufenster gestellt, dass sie aussah wie eine gegen eine Windschutzscheibe gepresste Fliege. Dann hatte sie auf dem Absatz halb kehrtgemacht und war in den Laden gerannt. Ohne überhaupt auf den Preis zu achten, hatte sie ihre Kreditkarte auf den Tresen geworfen und Augen und Ohren geschlossen, als der Verkäufer sie durch das Lesegerät zog. Immerhin explodierte das Gerät nicht, und es brach auch nicht in schallendes Gelächter aus. Nein, es akzeptierte ganz brav ihre Kreditkarte und spuckte dann eine Quittung aus, die Alice Tränen in die Augen trieb. Doch die Vorstellung, Nathan etwas zu schenken, das ihm eine riesige Freude bereiten würde, entschädigte sie reichlich für die vielen Nullen auf dem Bon.
Sie hatte es kaum abwarten können, ihn zu beschenken, und hatte wirklich eine gehörige Portion Selbstbeherrschung aufbringen müssen, damit bis Weihnachten zu warten. Aber da er in den Wochen vor Weihnachten ohnehin so viel im Geschäft zu tun hatte, dass sie ihn kaum noch zu Gesicht bekam, war die Versuchung auch nicht so furchtbar groà gewesen.
Sie hatte es ihm gleichgetan und sich in die Arbeit gestürzt. AuÃerdem hatte sie sich ganz und gar darauf konzentriert, dass er â wie jedes Jahr â am Heiligen Abend nach Hause kommen und bis zum zweiten Januar bleiben werde. Das bedeutete über eine Woche gemeinsame Zeit. Zeit, die ihr viel mehr bedeutete als die ganzen Weihnachtsfeierlichkeiten an sich.
Und auch in ihrem Geschäft war in der Vorweihnachtszeit mächtig was los. Marmeladen von KonfiKunst waren beliebte Geschenkartikel, insbesondere SchlehenSchnee und Mispel-Mirakel sowie ihre neueste Kreation, BrombeerBiss. Sie alle verströmten wunderbaren Weihnachtsduft, sobald man den Deckel abschraubte. Sie hatte so viel zu tun, dass sie dieses Jahr am Heiligen Abend nicht wie geplant mittags Feierabend machte, sondern bis in den Nachmittag hinein arbeitete. Dann sauste sie nach Hause und bereitete sich eiligst auf Nathans Ankunft vor.
Um sieben wollte er da sein, Abendessen war für acht angesetzt.
Um halb acht war alles fertig â auch Alice.
Nur Nathan nicht, denn der war immer noch nicht da. Das war umso erstaunlicher, als er Pünktlichkeit für eine wichtige Tugend hielt.
Aber Alice war eigentlich ganz dankbar, dass er spät dran war. Auf dem Weg die Treppe hinunter fuhr sie sich mit einer Hand durch die Haare und zog sich mit der anderen einen Schuh an, sodass sie auf der
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