Kann ich gleich zurueckrufen
kommen wird. Und große Neuigkeiten hat.
Ich atme durch und wähle die Nummer der Sekretärin meines Vorgesetzten. Das Telefon zwischen Kinn und Schulter geklemmt, schubse ich meinen Sohn wieder an. Vielleicht sollte ich mir eine Freisprechanlage kaufen für den Spielplatz, denke ich, um endgültig bei den nicht berufstätigen Müttern wie meiner Nachbarin unten durch zu sein. Irgendwie gefällt mir die Vorstellung, vor allem, weil ich dann das zickige Gerede nicht mehr hören muss. Ich schubse wieder die Schaukel an. Dann verbindet mich die Sekretärin mit meinem Vorgesetzten.
Der Vorgesetzte ist kurz angebunden. Er ist nicht zufrieden mit dem Druck und benötigt die Broschüre Ende der Woche. Mehr Geld wird er nicht ausgeben, schneidet er mir das Wort ab, als ich andeute, dass eine kürzere Druckfrist mit höheren Kosten verbunden ist. Finden Sie eine Lösung, sagt er. Er fügt nicht hinzu, na ja, Sie sind halt nicht immer hier, da kann so was schon passieren. Aber ich weiß, dass er es denkt. Ich verspreche, das Problem zu lösen. Er wartet das Ende meines Satzes nicht ab und beendet das Gespräch ohne Gruß.
»Ich will nicht mehr schaukeln«, sagt mein Sohn und lässt sich von der Schaukel in den Sand fallen. »Tika hat ein Aua«, jammert er und beginnt zu weinen. Er will auf meinen Arm. Ich nehme ihn hoch und tröste ihn. Streichle sein Haar, das im Nacken ganz verschwitzt ist. Der andere Junge schaukelt weiter. Ich sage zu ihm, dass wir zur Bank gehen. Und dass ich eine Brezel für ihn habe. Dann trage ich meinen Kleinen zu der Bank gegenüber dem Klettergerüst. Er jammert immer noch, ganz leise. Ich setze mich hin und halte ihn im Arm. Da klingelt mein Handy wieder.
»Dein Telefon klingelt«, sagt mein Sohn. Ich hole es aus meiner Tasche, zusammen mit der blauen Flasche. »Magst du was trinken?«, frage ich und drücke auf »Anruf annehmen«. Es ist die junge Kollegin. Mein Sohn schiebt meine Hand, die die blaue Flasche hält, weg und sagt: »Du sollst nicht telefonieren.« Ich ignoriere ihn und gebe meiner Assistentin das Gespräch mit dem Vorgesetzten kurz wieder. Ich bitte sie, in der Grafik nachzufragen, ob der Fehler in unseren Druckunterlagen liegt. Dann soll sie sich noch mal melden. Ich lege das Telefon neben mich auf die Bank und biete meinem Sohn ein Stück Brezel an. Er will es nicht und das Schokocroissant auch nicht. Nur trinken will er. Mein Handy piept. Eine Kurzmitteilung von der Kindergartenmutter. Sie ist jetzt zu Hause mit ihrer Tochter, wartet auf den Handwerker und kommt dann zum Spielplatz. Ihr Sohn schaukelt immer noch.
»Ich muss noch mal kurz telefonieren«, sage ich und wiege den Kleinen auf meinem Schoß. Dann rufe ich die Druckerei an und lasse mich mit meinem Ansprechpartner verbinden. Ich stelle fest, dass ich mit meinem Sohn auf dem Schoß nur schwer hart verhandeln kann und bitte deswegen nur um die Fakten. Der Farbfehler im Druck liegt an einem Kalibrierungsfehler, der inzwischen behoben ist. Mein Sohn windet sich auf meinem Schoß und versucht, meine Hände festzuhalten. Also klemme ich das Telefon wieder zwischen Kinn und Schulter und umarme ihn mit beiden Armen. Auch wenn ihm der Fehler sehr leidtut, muss er mir den zeitlichen Mehraufwand in Rechnung stellen, sagt mein Ansprechpartner. »Darüber müssen wir noch mal sprechen«, sage ich und bitte ihn, einen neuen Proof anzufertigen und bis 18:00 Uhr ins Büro zu schicken, zu Händen der jungen Kollegin. Ich drücke Ohr und Wange auf das Telefon, und hoffe, das Gespräch mit der Druckerei beendet zu haben. Dann löse ich langsam einen Arm aus der Umarmung und lege das Telefon neben mich auf die Bank.
Der andere Junge ist jetzt am Klettergerüst. »Tika, hast du auch Lust zu klettern?«, frage ich betont heiter. Er antwortet nicht, was auch eine Antwort ist. Ich bin mir sicher, dass er weiß, dass ich noch mal telefonieren muss. Er merkt, dass ich nicht bei der Sache bin, weder bei der Umarmung noch beim Schaukelschubsen. Und das stört ihn.
Ich seufze. Sehe auf das Handy, das neben mir auf der Bank liegt. 15:55 Uhr. Die Arbeitszeit in der Druckerei endet um sechs, aber mir wurde versprochen, dass der neue Proof heute noch per Kurier in mein Büro gebracht wird. Das ist Vereinbarkeit von Kind und Karriere, denke ich, Businesstelefonate auf dem Spielplatz führen. Ich streichle meinen Sohn mit der einen Hand und greife mit der anderen Hand nach dem Handy. Die junge Kollegin ist sofort in der Leitung. Ich bitte sie, den
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