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Kannst du mir verzeihen

Kannst du mir verzeihen

Titel: Kannst du mir verzeihen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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und freute sich über den vom Schnee reflektierten Sonnenschein.
    Sie wollte einen Spaziergang machen, aber ihre übliche Route durch den Wald schied heute aus, es sei denn, sie wollte sich Tennisschläger unter die Füße schnallen oder im Tierheim ein Rudel Huskys holen. Sie ging ums Haus und überlegte.
    Die Straße war einigermaßen frei.
    Die wenigen Reifenspuren, die es dort gab, bildeten eisfreie Bahnen. Sie könnte in den Ort spazieren und Schokolade besorgen – jetzt, wo sie keine Éclairs mehr hatte.
    Und dann, wie eine Schneeflocke, landete ein Gedanke. Sie fand ihn zunächst so lächerlich, dass sie lachen musste.
    Aber Hanny gab nach, drehte sich um und verschwand.
    Fünf Minuten später knatterte sie mit einem breiten Grinsen auf den Lippen und einem schelmischen Blitzen in den Augen auf der Vespa ihrer Mutter über die Landstraße.
    Sie pfiff die Filmmelodie von Gesprengte Ketten , bis ihr die Zähne zu kalt wurden, dann summte sie sie weiter. Jedes Mal, wenn das Moped ein bisschen rutschte, quietschte sie vor Vergnügen. Auf einmal fühlte sie sich wieder so lebendig!
    Mit einer Spitzengeschwindigkeit von fünfzehn Kilometern pro Stunde erreichte sie zwanzig Minuten später das Dorf. Heil, aber komplett durchgefroren.
    Als sie den Lebensmittelladen betrat, wurde es still. Sie kam sich vor wie ein Cowboy in einem Western, der schwungvoll die doppelte Saloontür aufstößt und mit klirrenden Sporen das Lokal betritt.
    Natürlich redete man im Dorf über sie. Und nicht nur dort. Wahrscheinlich in der gesamten Grafschaft. Schließlich kannte jeder hier Dr. Bastian Summers und seine Familie, seine Mutter Rosemary gehörte zu den Frauen mit dem höchsten gesellschaftlichen Status in Cornwall.
    Und jetzt stand Hanny auf einmal da, die ... Wie hieß so was noch? Die Gehörnte? Passte vielleicht nicht ganz, aber egal. Also, Hanny, die Gehörnte, spazierte wie eine Vogelscheuche mit Mopedhelm mitten ins Dorf und kaufte Schokolade. Spontan entschied sie sich auch für eine Flasche Rioja, denn es konnte ja nicht schaden, einen guten Wein im Haus zu haben.
    Mehr oder weniger verstohlen sah man sie an, und die Blicke entgingen Hanny nicht. Also setzte sie ein ziemlich manisches Lächeln auf, grüßte alle, die sie auch nur im Entferntesten kannte, mit einem viel zu lauten und freundlichen »Hallo!«, bezahlte und stopfte sich grinsend so viele Tafeln Schokolode mitsamt der Weinflasche in die schlammbespritzte Jacke, wie eben hineinpassten.
    Â»Sie scheint von allen guten Geistern verlassen«, hörte Hanny die Kassiererin murmeln, als sie zur Tür hinausging. Doch damit entlockte sie Hanny kein Stirnrunzeln, sondern ein noch breiteres Grinsen.
    Grinsend startete Hanny den Motor, grinsend fuhr sie so los, dass schmutziger Schneematsch über das Schaufenster des Ladens spritzte und das wunderbare Arrangement von Weihnachtskarten und Kalendern sowie das empört herausspähende Gesicht der Kassiererin fast nicht mehr zu sehen waren.
    Kaum auf der Straße fuhr sie direkt auf einen Streifenwagen zu.
    Ihr Sturz entbehrte nicht einer gewissen Artistik, denn die Vespa kam mitten auf der Straße noch vor ihr zum Stillstand. Hanny rutschte auf dem Hosenboden auf die Gegenfahrbahn, bis in den Rinnstein.
    Erst klang es, als weinte sie, aber sie lachte.
    Das Ganze sah aus wie ein Blutbad, aber wer nah genug dran war, um der anscheinend etwas durchgeknallten, inmitten der vermeintlichen Blutlache liegenden jungen Frau zu Hilfe zu eilen, wusste es besser: Es roch nämlich verdächtig nach Rioja.
    Sie sammelten sie von der Straße auf und nahmen sie – betrunken wie sie offenbar war – mit auf die Wache. Das Glück war auf ihrer Seite gewesen, denn sie hatte nicht einen Kratzer abbekommen. Nur der vordere Kotflügel und ihr Ego hatten ein klein wenig gelitten.
    Â»Na, da haben Sie wohl einen Schutzengel gehabt, Mädchen«, war der Kommentar der alten Mrs Trevethen, während der Polizeibeamte sie auf die Rückbank des Streifenwagens packte und sein Kollege die Vespa von der Straße räumte.
    Auf der Wache behandelten sie Hanny gut, und nachdem sie sich überzeugt hatten, dass sie keinen Tropfen Alkohol intus hatte, ignorierte der Beamte, der Hanny kannte und gerne mochte, auf wundersame Weise, dass Hanny sich nicht einmal ausweisen konnte, geschweige denn, dass sie einen

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