Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kannst du mir verzeihen

Kannst du mir verzeihen

Titel: Kannst du mir verzeihen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
Vom Netzwerk:
Führerschein hätte vorzeigen können. Stattdessen bot er – Eddie – ihr eine wärmende Tasse Tee an, und in der Zwischenzeit schob der alte Mechaniker Don Johnson die Maschine von dannen.
    Eddie führte sie in den einzigen Verhörraum, den die winzige, charmant antiquierte Polizeiwache zu bieten hatte, und vor lauter Fürsorge vergaß er ihr zu sagen, was sie mit ihr vorhatten. Hanny malte sich bereits in den düstersten Farben aus, wie sie sie bei Wasser und Brot in ein Kellerverlies sperren würden.
    Was hatte sie sich da nur eingebrockt? Hanny stützte die Ellbogen auf den Tisch und den Kopf in die Hände. Sie war leichtsinnig gewesen. Sie war komplett übergeschnappt. Ohne Rücksicht auf Verluste. Nicht ahnend, dass Eddie nur hinausgegangen war, um Teewasser aufzusetzen, wuchs ihre Sorge – und mit ihr die Erschöpfung. Ihre Ellbogen rutschten immer weiter zur Seite, bis ihre Arme auf der Tischplatte lagen und ihr Kopf auf den Armen.
    Als Eddie fünf Minuten später mit dem Tee zurückkehrte, war Hanny tief und fest eingeschlafen.
    Einige Stunden später wachte sie dann auf der Pritsche in einer Zelle auf, deren Tür glücklicherweise nicht verschlossen war. Anderenfalls wäre sie sicher ansatzweise durchgedreht.
    Aber offenbar kümmerte man sich um sie. Denn kaum rührte sie sich, kaum hatte sie die Augen aufgeschlagen und vor Entsetzen über die fremde Zellenumgebung weit aufgerissen, stand auch schon Eddie in der Tür.
    Erst lächelte er sie beruhigend an, dann ging er auf sie zu und setzte sich neben sie auf die Pritsche, als befänden sie sich in ihrem Wohnzimmer.
    Â»Weiß ja nicht, ob dir das hilft. Aber ich weiß, wie’s dir geht. Ich weiß, wie sie ist. Wir waren mal zusammen.«
    Mehr sagte er nicht, doch mit diesen wenigen Worten, ausgesprochen mit sehr viel Gefühl, verriet er Hanny, dass er um die Geschichte mit Bastian wusste und sie auch ihm das Herz gebrochen hatte.
    Aus einem Impuls heraus legte Hanny ihm tröstend die Hand aufs Knie, und so saßen sie eine Weile, bis die friedliche Zweisamkeit durch eine bekannt klingende Stimme gestört wurde.
    Â»Sie lassen sie auf der Stelle frei, oder ich benachrichtige meine Anwälte!«
    Â»Ich glaube, du wirst abgeholt.« Eddie zwinkerte Hanny zu, erhob sich, reichte ihr die Hand und half ihr auf.
    Â»Ich kann gehen?«
    Â»Natürlich.«
    Â»Keine Anwälte?«
    Â»Wir lassen dich auf Kaution frei.«
    Â»Aber ...«
    Er hob abwehrend eine Hand.
    Â»Wir stellen hier die Fragen, Hanny. Am besten verkrümelst du dich, solange du kannst.«
    Scheu lächelte Hanny ihn an.
    Â»Danke.«
    Â»Und du wirst nicht wieder mit der Vespa herumknattern, bevor du sie in einen verkehrssicheren Zustand gebracht hast, versprochen?
    Sie machte heftige Kopfbewegungen, eine Mischung aus Schütteln und Nicken.
    Â»Versprochen.«
    Â»Dann sind Sie jetzt offiziell eine freie Frau, Miss Richmond.« Er zwinkerte ihr zu und reichte ihr zum Abschied die Hand. Doch Hanny, der in dem Moment aufging, dass sie sich wirklich selten blöd angestellt hatte und froh sein konnte, nicht bei Wasser und Brot in ein Kellerverlies gesperrt worden zu sein, ignorierte die Hand und nahm Eddie stattdessen in den Arm.
    Sie war eine freie Frau. In jeder Hinsicht frei.
    Â»Und wenn du irgendwann mal einfach nur reden willst, weißt du ja, wo du mich findest ...«
    Â»Klar, ich lasse mich einfach wieder verhaften«, sagte sie schief lächelnd.
    Und er grinste. »Ruf mich am besten einfach an. Ich gebe dir mal meine Handynummer, damit du nicht den Umweg über den Notruf machen musst ...«
    Edith, deren hippiemäßiges Künstlerinnen-Äußere so gar nicht in das kleine, geleckte Vorzimmer der Ordnungshüter passte, wäre bereit gewesen, ihrer Freundin notfalls mit einer in einem Kuchen versteckten Metallfeile zur Flucht zu verhelfen oder mit einem Brecheisen oder einem selbst gebastelten Molotowcocktail. Sie hegte ein grundsätzliches Misstrauen all jenen Menschen gegenüber, die sich für Autoritäten hielten, und die Polizei machte da ganz gewiss keine Ausnahme. Im Gegenteil.
    Mal schnellte ihr Blick von links nach rechts, als rechne sie jederzeit mit einem Angriff aus dem Hinterhalt, mal fixierte sie den Beamten am Schreibtisch mit dem Blick eines Preisboxers, der sofort loskloppen würde, wenn der Ringrichter die

Weitere Kostenlose Bücher