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Kanonenfutter

Kanonenfutter

Titel: Kanonenfutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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fragenden Blick. »Diese Narbe wird bleiben, aber sie ist ein Ehrenzeichen und keine Schande.«
    Etwas später verließ sie ihn, da Dumaresq sie zu sich gebeten hatte. Der Kommandantensteward Macmillan erzählte Bolitho, daß die Destiny am kommenden Tag die Insel Saint Christopher sichten wü rde. Es war daher wa hrscheinlich, daß der Kommandant die Angaben Egmonts noch einmal überprüfen und sich vergewissern wollte, daß er auch jetzt dabei blieb.
    Die Jagd nach dem verschwundenen Gold war Bolitho unwichtig. Während der Schmerzanfälle und als er dann in Auroras Armen der Genesung entgegenging, hatte er viel Zeit gehabt, über seine Zukunft nachzudenken. Vielleicht zu viel Zeit.
    Der Fortschritt in seinem Befinden zeigte sich auch darin, daß ve rschiedene Besucher kamen. Rhodes, der vor Freude, ihn wiederzusehen, über das ganze Gesicht strahlte, war unverfroren wie immer, als er meinte: »Jetzt sehen Sie wirklich wie ein Schreckgespenst aus, Richard. Da werden sämtliche Dirnen Reißaus nehmen, wenn wir in den nächsten Hafen einlaufen.« Im übrigen war Rhodes sorgsam darauf bedacht, Aurora nicht zu erwähnen.
    Auch Palliser erschien, und seine Worte kamen fast einer Entschuldigung nahe: »Wenn ich – wie Colpoys vorschlug – Seesoldaten mitgeschickt hätte, wäre das Ganze nicht passiert.« Er zuckte mit den Schultern und sah sich in der Kajüte um. Sein Blick blieb auf den weiblichen Kleidungsstücken ruhen, die von der Zofe vor den Heckfenstern zum Trocknen aufgehängt waren. »Aber offenbar hat Ihr Krankenlager auch angenehme Seiten.«
    Bulkley und der Schreiber des Kommandanten beaufsichtigten Bolithos erste Schritte aus der Kajüte. Bolitho genoß es, wie das Schiff unter seinen nackten Füßen lebte, aber er wußte auch, daß er noch sehr schwach und schwindlig war, so sehr er das auch zu verbergen suchte.
    »Dürfte eine schwere Fraktur sein«, sagte Spillane, und Bulkley wünschte ihn und seine medizinischen Kenntnisse dafür zum Teufel.
    Er antwortete barsch: »Unsinn! Aber immerhin ist es erst ein paar Tage her.«
    Bolitho hatte mit dem Tod gerechnet; je weiter seine Genesung fortschritt, desto undenkbarer schien es ihm, einen anderen Weg einschlagen zu müssen: daß er mit dem nächsten Schiff nach Hause geschickt, aus der Marine entlassen und nicht einmal auf Halbsold »zur späteren Verwendung« gesetzt werden würde.
    Gerne hätte er sich bei Stockdale bedankt, aber dem war es trotz seiner guten Beziehungen an Bord bisher nicht gelungen, am Posten Kajüte vorbeizukommen.
    Alle Midshipmen mit der bemerkenswerten Ausnahme von Col droy hatten ihn besucht und seine schreckliche Narbe mit einem Gemisch aus Mitleid und Ehrfurcht angestarrt. Jury war es unmöglich gewesen, seine Gefühle zurückzuhalten. »Und ich habe wegen eines Nadelstichs geheult wie ein Baby!« rief er aus.
    Es war schon später Abend, als Aurora in die Kajüte zurückkehrte. Er spürte eine Veränderung an ihr, bemerkte die Geistesabwesenheit, mit der sie sein Kopfkissen glattstrich und nachschaute, ob seine Wasserkaraffe gefüllt war.
    Sie sagte leise: »Morgen muß ich dich verlassen, Richard. Mein Mann hat die Dokumente unterschrieben, damit ist alles erledigt. Der Kommandant hat versprochen, daß er uns gehen läßt, wohin wir wo llen, sobald er den Gouverneur von Saint Christopher gesprochen hat. Was danach kommt, weiß ich nicht.«
    Bolitho ergriff ihre Hand und versuchte, nicht an das andere Ve rsprechen zu denken, das Dumaresq dem Kapitän der Heloise gegeben hatte, kurz bevor er starb. An einem Hieb von Bolithos Klinge.
    Er sagte: »Auch ich werde das Schiff vielleicht verlassen müssen.« Sie schien ihre eigenen Sorgen zu vergessen und beugte sich bekümmert über ihn. »Was heißt das? Wer hat gesagt, daß du gehen mußt?«
    Er griff vorsichtig nach oben und berührte ihr Haar. Es fühlte sich an wie Seide.
    »Das ist jetzt nicht mehr wichtig, Aurora.«
    Sie zeichnete mit ihrem Finger ein Muster auf seine Schulter. »Wie kannst du so etwas sagen? Natürlich ist es wichtig. Die See ist dein Leben. Du hast zwar schon viel erlebt und noch mehr geleistet, aber dein wirkliches Leben liegt immer noch vor dir.«
    Er spürte ihr Haar an seinem Kinn und zitterte innerlich. »Ich habe beschlossen, die Marine zu verlassen.«
    »Nach allem, was du mir über die Tradition deiner Familie erzählt hast? Das willst du alles wegwerfen?«
    »Für dich, ja.«
    Sie schüttelte den Kopf, wobei ihn ihr langes schwarzes Haar streichelte.

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