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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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unter dem Kragen hervor, und daraufhin wurde der Ursprung des Leuchtens sichtbar: Es kam von ihrem Diamanten, der die empathischen Signale des Zwillingskristalls empfing.
    »Sie …«, ächzte Lidia. » Sie stecken dahinter. All die Träume, die mich jahrelang nicht zur Ruhe kommen ließen. Die Unruhe …« Plötzlich zeigten sich Entsetzen und Entrüstung in ihrem Gesicht. Sie starrte Valdorian fassungslos an. »Sie tragen die Verantwortung. Und ich habe mich so lange schuldig gefühlt … Sie haben mich in einem Traum festgehalten, als Floyd um Hilfe rief. Durch Ihre Schuld sind wir damals in die nichtlineare Zeit geraten. Die vielen Passagiere, die dabei starben …«
    Valdorians Hände zitterten so heftig, dass der Amplifikator seinen Fingern entglitt und zu Boden fiel. Lidia nutzte die Gelegenheit, riss sich die Kette vom Hals, holte aus und warf sie so weit wie möglich fort.
    »Wie kannst du es wagen zu leben, während ich sterbe?«, zischte Valdorian, voller Zorn auf ein Universum, das sich nicht um ihn scherte. Er hätte dem Kosmos selbst die Faust ins Gesicht geschmettert, wenn ihm das möglich gewesen wäre.
    Der Zorn schwand, als nicht mehr genug Kraft für ihn übrig blieb, und Valdorian sank auf die Knie, nicht um zu flehen, sondern weil er sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Das Atmen fiel ihm schwer, und sein Oberkörper schwankte wie ein Baum im Wind von einer Seite zur anderen. »Lidia …«, stöhnte er, als sich sein Bewusstsein immer mehr in Dunkelheit verlor. Er hob den Kopf, doch die Finsternis schien auch außerhalb von ihm zu existieren. Lidia wurde zu einem Schatten.
    »Lidia …« Er streckte ihr die Hand entgegen …
     … ein weiterer Atemzug, mühsam und schwer …
     … ein Atemzug, der seine Lungen mit heißer Luft füllte. Valdorian stand auf einem dunklen Pfad in der Wüste, vor seinem Vater, der ihn nicht mehr streng ansah, sondern lächelte.
    »Ich wusste, dass du kommen würdest«, sagte er. »Es wird Zeit für dich, Sohn. Geh zur Tür und öffne sie.«
    Er wich beiseite, gab den Weg frei zur schwarzen Tür. Diesmal zögerte Valdorian nicht, und er hielt sich auch nicht mit dem Versuch auf, Widerstand zu leisten. Er setzte einen Fuß vor den anderen und ging zur Tür, die ihn mit angenehmer Kühle empfing. Vor ihr verharrte er, sah noch einmal zu seinem Vater, der ihm zunickte, und öffnete dann die schwarze Pforte.
    Hinter ihr erwartete ihn nicht die letzte Antwort, sondern …
     
     

Epilog
    Lidia blickte auf den Mann hinab, mit dem sie einmal viel verbunden hatte und der zu einem Fremden geworden war. Ein Greis lag dort zwischen den Kristallen, reglos, ausgezehrt, ein toter Greis. Die Reste eines Mannes, der versucht hatte, mithilfe der empathischen Brücken zwischen zwei kognitiven Kristallen ihre Gefühle zu manipulieren.
    »Er hat einen Kantaki getötet«, sagte Esmeralda, die sich Lidia genähert hatte, unbemerkt. Wind zupfte wie sanft an ihrem glatten blonden Haar.
    »Er hat sich selbst getötet, schon als junger Mann«, erwiderte Lidia. »Was überlebte, war ein Schatten seines Vaters. Er hat nie verstanden, bis zum Ende nicht. Vielleicht hat er es nicht einmal versucht.«
    Trauer erfüllte Lidia, trotz allem. Vielleicht war mit Valdorian auch etwas in ihr gestorben, ein letzter Rest der alten Lidia, der sich irgendwo in der Kantaki-Pilotin namens Diamant versteckt hatte. Sie glaubte zu spüren, wie sich die letzte Verbindung zu ihrem alten Selbst auflöste.
    »Ich würde ihn gern mitnehmen, um ihn auf Tintiran zu bestatten, im Mausoleum seiner Familie.«
    »Das wird Grar nicht zulassen«, sagte Esmeralda sofort.
    »Ich weiß.«
    Eine Gestalt wankte näher, ohne auf ihre vielen unterschiedlichen Spiegelbilder in den Kristallen zu achten.
    »Ist er tot?«, fragte Jonathan.
    »Ja«, sagte Lidia.
    Jonathan starrte auf Valdorian hinab. »Und jetzt?«, fragte er so verwundert, als könnte er sich einen Kosmos ohne Valdorian kaum vorstellen. »Was geschieht jetzt?«
    Esmeralda richtete einen strengen Blick auf ihn. »Sie haben ebenfalls gegen den Sakralen Kodex verstoßen, wenn auch nicht in dem Maß wie Valdorian. Sie hier zurückzulassen, würde den Tod für Sie bedeuten. Deshalb biete ich Ihnen dies an: Ich warte eine halbe Stunde. Wenn Sie vor Ablauf dieser Frist zu dem Schiff zurückkehren, das ich fliege und seine Kantaki-Seele verloren hat, bringe ich Sie zum nächsten bewohnten Planeten. Dort können Sie den Rest Ihres Lebens verbringen – Sie werden nie

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