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Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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zwanzig groß und unglaublich dürr. Arme und Beine schienen nur aus Knochen und einer dunkelbraunen, ledrigen Haut zu bestehen. Die Hände waren klein und schmal, die Finger verblüffend lang. Ein dünner Hals trug den haarlosen ovalen Kopf, und im runzligen Gesicht fielen eine weit nach vorn ragende spitze Nase und große grünbraune Augen auf, deren Glanz einen Kontrast zu der Aura hohen Alters bildete, die den Humanoiden umgab. Er stand vornübergebeugt, und sein Rücken war bucklig. Das Geschöpf trug nur wenig Kleidung: Sandalen an den Füßen, deren Zehen ebenso zu lang wirkten wie die Finger, eine Art Lendenschurz und ein dünnes, zerschlissenes Hemd.
    »Du bist der Spieler«, sagte der kleine Greis. »Beziehungsweise einer von ihnen.«
    »Ich heiße Konstantin Alexander Stokkart und bin der Autokrat von Kerberos.« Er versuchte, Autorität in seiner Stimme erklingen lassen.
    »Ein Name, ein Rang…« Der Humanoide – der greise, dürre, bucklige Zwerg – zuckte wie ein Mensch mit den Schultern. »Hier verlieren solche Dinge ihre Bedeutung. Du bist der Spieler, der Erste, und das ist wichtiger als alles andere. Komm, ich zeige dir das Zentrum.«
    Das Du störte Stokkart, denn es brachte eine Vertrautheit zum Ausdruck, die ihm zuwider war. Aber er schwieg und folgte Olkin durch einen schmalen Flur, vorbei an Türen, die runde Knäufe aufwiesen, so silbern wie draußen das metallen glitzernde Meer. Einmal blieb er stehen, griff nach einem Knauf und versuchte, ihn zu drehen. Die Tür blieb geschlossen.
    Olkin lachte meckernd. »Das brauchst du gar nicht zu probieren. Die Türen lassen sich erst öffnen, wenn alle Spieler da sind.«
    »Spieler? Ich verstehe nicht.«
    »Das Spiel ist wichtig. Das Spiel ist alles. Ich bin der Spielleiter. Komm, komm.« Der kleine Humanoide winkte Stokkart weiter und ging mit schlurfenden Schritten.
    Der Autokrat blieb stehen. »Ich gehe erst dann weiter, wenn ich weiß, was dies alles zu bedeuten hat.«
    Olkin drehte den Kopf, und in seinen großen Augen blitzte es, als er sagte: » Komm! «
    Und Stokkart setzte einen Fuß vor den anderen, obwohl er es nicht wollte. Er war so überrascht, dass er kaum mehr auf die Umgebung achtete, als er den Weg fortsetzte und Olkin folgte, der ihn durch Flure und mehrere Treppen nach oben führte. In dem befehlenden Wort des kleinen Humanoiden war eine gewisse Schärfe zum Ausdruck gekommen, aber sie erklärte nicht, warum er sofort gehorcht hatte. Was geht hier vor?, dachte er. Er war der Aufforderung nachgekommen, weil es überhaupt keine Alternative dazu gegeben hatte. Es war absolut nicht möglich gewesen, sich der Anweisung zu widersetzen. Verfügte der kleine Fremde über psionische Fähigkeiten?
    »Wer bist du?«, fragte Stokkart leise, als er schließlich die Sprache wiederfand. Sie gingen gerade eine weitere Treppe hoch, und oben schwang eine Tür vor Olkin auf.
    »Ich bin der Spielleiter«, ertönte die näselnde Stimme des Humanoiden. »Ich habe lange gewartet.« Er neigte den Kopf zur Seite und schien einer inneren Stimme zu lauschen. »Ziemlich lange. Jetzt können wir damit beginnen, die Repristination zu vervollständigen.«
    »Bist du ein Teil des Artefakts?«, fragte Stokkart. »Bist du vielleicht ein Symbol für eine seiner Funktionen?«
    Wieder erklang das meckernde Lachen. »Ich – ein Symbol?« Der kleine Greis trat auf Stokkart zu, streckte die Hand aus und zwickte ihn in den Arm. »Kann dich ein Symbol zwicken?«
    Vielleicht träume ich, dachte der Autokrat. Vielleicht bin ich versehentlich mit einer neu entdeckten Droge in Kontakt geraten und erlebe diesen Traum, der immer mehr zu einem Albtraum wird.
    »Nein«, sagte Olkin, und dabei klang seine Stimme anders, fast so wie bei dem befehlenden Wort. »Nein, du träumst nicht. Komm, wir haben das Spielzimmer erreicht.«
    Hinter der Tür am oberen Ende der Treppe erstreckte sich ein runder Raum. Stühle reihten sich an den schmucklosen grauen Wänden aneinander, und in der Mitte des Raums stand ein ebenfalls runder Tisch, über dem ein komplexes Gebilde leuchtete. Stokkart hielt es zunächst für das Äquivalent einer pseudorealen Darstellung, aber als er näher trat, stellte er fest, dass es sich um mehr handelte als nur eine Projektion. Die dargestellten Dinge – Figuren und Objekte auf komplizierten, ineinander verschlungenen Bahnen, Brücken und Tunneln – hatten Substanz. Und als er genauer hinsah… Einige von ihnen wirkten sogar lebendig.
    »Setz dich«, sagte

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