Kantaki 02 - Der Metamorph
etwas zu ahnen. »Auf welche Weise kam er ums Leben?«
»Ich glaube, das tut hier nichts zur Sache«, sagte der zweite Mann und gab damit zu erkennen, wer hier das Kommando führte. »Sie haben etwas entdeckt, das angeblich eine große Gefahr darstellt?«
»Wer sind Sie?«, fragte Emmerson.
»Oh, entschuldigen Sie, dass ich mich nicht vorgestellt habe«, sagte der Mann kühl. »Ich bin Rungard Avar Valdorian.«
» Was? «
Emmerson musterte den Mann: um die vierzig, nur einige wenige Falten im Gesicht, das aschblonde Haar dicht, ein vitaler Glanz in den großen grauen Augen. Der Valdorian, den er zuletzt in pseudorealen Darstellungen gesehen hatte, war mehr als hundert Jahre älter gewesen.
»Er ist es wirklich«, sagte Turannen schließlich, als Emmersons verblüfftes Lächeln andauerte. »Der Primus inter Pares des Konsortiums.«
Auch diese Worte boten einen Hinweis darauf, wie es um die Machtverhältnisse stand.
»Der Krieg«, sagte Emmerson leise. »Was ist mit dem Krieg gegen die Allianz? Diese Flotte…«
»Auch das spielt derzeit keine Rolle«, sagte Valdorian mit der gleichen Kühle wie zuvor. »Ich möchte von Ihnen mehr über die Gefahr hören.«
Emmerson begegnete Valdorians Blick und bemerkte in seinen Augen etwas, das ihn erschreckte. Sie zeigten ein ähnliches Grau wie Lutors Augen, und ein vergleichbares Selbstbewusstsein: die Überzeugung, besser zu sein als alle anderen. Aber hier kam noch etwas anderes hinzu, ein fernes Glühen wie von einem Feuer, das alles verbrennen konnte. Und Emmerson beobachtete etwas Seltsames: Manchmal trübten sich die grauen Augen für einen Sekundenbruchteil, so als glitte ihr Blick kurz in eine andere Welt, die ihm verborgen blieb.
Er berichtete von der Station auf dem Meeresgrund und den Anlagen darunter, von den toten Adlaten, den beiden Artefakten und Raphaels Tod, von der Dunkelheit im Schacht, den grässlichen Schmerzen und der Rückkehr an die Meeresoberfläche. Valdorian hörte die ganze Zeit über ruhig zu, ohne auch nur einmal den Blick abzuwenden, der Emmerson immer mehr wie ein besonderes Sezierinstrument erschien.
»Es gibt dort unten zwei Artefakte?«, fragte Valdorian schließlich.
Wieder bemerkte der aufmerksame Emmerson die kurze, für andere Personen vermutlich gar nicht wahrnehmbare Trübung in den Augen. Außerdem schien Valdorian andeutungsweise den Kopf zur Seite zu neigen, als lauschte er einer Stimme.
»Haben Sie nur mit einem gerechnet?«, fragte Emmerson. »Und woher wissen Sie davon?«
Etwas Gequältes huschte durch Lukert Turannens Gesicht, das unmittelbar darauf wieder zu einer ausdruckslosen Maske wurde. Die Soldaten standen zu beiden Seiten des Tisches, reglos wie Statuen, ihre grauen Gesichter leer. Der dritte, unscheinbare Mann seufzte leise. Und Valdorian…
Er stand langsam auf, näherte sich mit ruhigen Schritten und lächelte auf eine Weise, die Emmerson innerlich schaudern ließ.
»Was ich weiß oder nicht weiß, ist allein meine Sache, Direktor«, sagte er. »Aber ich interessiere mich sehr für das, was Sie wissen.«
Emmerson brauchte seine ganze Kraft, um nicht zurückzuweichen, als Valdorian dicht vor ihm stehen blieb. Etwas an diesem Mann berührte eine wunde Stelle in ihm, die darauf wartete, Schmerz zu verursachen. Im Vergleich mit Valdorian war Lutor ein Nichts, ein harmloser, völlig unbedeutender Niemand.
Er atmete tief durch. »In der vergangenen Nacht wurden die Emissionen einer temporalen Anomalie gemessen. Sie gingen von dem Ort aus, wo sich die beiden Artefakte befinden, die der Autokrat von Kerberos offenbar schon vor vielen Monaten entdeckt hat. Es muss einen Zusammenhang geben zwischen der Anomalie und dem, was ich dort unten… gespürt habe. Vielleicht handelt es sich um den Versuch der Temporalen, in unsere Zeit zurückzukehren. Wenn das stimmt, müssen wir sofort handeln. Vielleicht haben wir es mit einer Gefahr zu tun, die nicht nur diesen Planeten betrifft, sondern auch viele andere Welten. In dem Fall kämen Ihre Schiffe wie gerufen.«
»Sie halten eine Rückkehr der Temporalen für möglich?«, fragte Valdorian, seine Stimme so kalt wie Gletschereis. Zwei oder drei Sekunden lang durchbohrte sein Blick Emmerson, dann drehte er sich abrupt um und begann mit einer Wanderung durch den Konferenzraum.
»Primus…«, begann der unscheinbare Mann am Tisch.
»Schon gut, Jonathan.« Valdorian ging an der Reihe der Soldaten entlang. »Erzählen Sie mir vom anderen Artefakt.«
»Davon war nicht viel
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