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Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Signifikanz kam nicht annähernd an die des Wir/Ich heran. »Ich bin…«
    … unterwegs…
    gefangen
    Ein Netz aus nichtlinearer Zeit fiel auf KiTamaranis primäres Selbst, komprimierte sie zu einem Punkt der Inaktivität und schleuderte sie aus dem Universum, in dem die Suche nach den Keimen des Omnivors stattfand. Sie raste durch die Dämmerungen des Hyperversums, das die Kantaki Plurial nannten, wirbelte durch die schmale Zone zwischen Tag und Nacht der Schöpfung und hörte dabei andere Stimmen, die sie nie zuvor gehört hatte. Das Gefühl der Einsamkeit breitete sich erst langsam und dann immer schneller in ihr aus, begleitet von etwas, das nur Furcht sein konnte: Es gab keine Verbindung mehr zu den anderen Konzilianten; sie war völlig allein, zum ersten Mal seit ihrer kollektiven und individuellen Existenz.
    Es war ein schreckliches Gefühl, dass es dem nichtlinearen Netz gestattete, die Kompression weiter fortzusetzen, bis KiTamaranis primäres Selbst so stark zusammengepresst war, dass kaum mehr Platz für Gedanken blieb.
    A-g-e-n-s…
    KiTamarani bekam keine Antwort. Auch zu ihrer Kapsel, Teil der Sphäre, bestand keine Verbindung mehr.
    Während der Kerker aus nichtlinearer Zeit sie weiter durch das Hyperversum schleuderte, verbannte die Konziliantin alle Empfindungen und konzentrierte sich darauf, die Integrität ihres primären Selbst zu wahren und zu schützen. Sie krümmte sich zusammen, stülpte Inneres weiter nach innen und verwandelte ihre Peripherie in eine harte dimensionale Schale, die dem Druck der Falle standhalten konnte. Als keine Gefahr bestand, dass sie noch weiter zusammengepresst wurde, bis zu einem Punkt ohne Ausdehnung, der nicht mehr denken konnte, ruhte sie für eine halbe Ära, sammelte dabei Kraft aus dem Feuer, das Licht und Dunkelheit gebar – es begleitete sie selbst hier, in ihrem Verlies aus dem Chaos der nichtlinearen Zeit, die der Omnivor geschaffen hatte. Es war ein Teil von ihr, ein Aspekt ihres Seins.
    Sie dachte an die Tschiowan, an ihre Realitätssänger, die bei dem Versuch gestorben waren, singend einen Fluchtweg für ihr Volk zu schaffen. Sie dachte an die vielen Makel an den kosmischen Saiten, an die Dissonanzen in den Melodien der Schöpfung, Spuren des Omnivors, der fraß, was sich erst noch entwickeln musste, der zerstörte, was wachsen sollte. Sie dachte an die vielen anderen Lebensformen, die dem Omnivor und nach seiner Splitterung den Keimen zum Opfer gefallen waren. Das musste aufhören. Harmonie musste gewährleistet sein.
    »Ich muss den Keim finden und ihn neutralisieren«, flüsterte KiTamarani in ihrer komprimierten Welt, und auch dieser Gedanke, die Erinnerung an Pflicht und Aufgabe, gab ihr neue Kraft und Entschlossenheit. Sie formte ihre revitalisierten Gedanken zu einem Dorn, viel dünner als der Durchmesser eines Atoms, fast so dünn wie die Saiten. Vorsichtig bohrte sie ihn in die Schale an der Peripherie ihres primären Selbst, und dann in das Netz aus nichtlinearer Zeit, in ein Gespinst aus Zerrbildern von Wahrscheinlichkeiten und Alternativen, in dem alles möglich war, auch das Undenkbare, die Negation der Schöpfung, der Triumph des Omnivors. Das darf auf keinen Fall geschehen, dachten die Gedanken, die den Dorn bildeten.
    Entschlossenheit wuchs wie eine Blume, erblühte und…
    … sprengte den monodimensionalen Kerker. Der dünne Dorn, der sich durch die Schale und die nichtlineare Zeit gebohrt hatte, blähte sich jäh auf, und weitere Gedanken des primären Selbst strömten in ihn hinein, bewirkten eine explosionsartige Expansion.
    Der Kerker zerbarst, und KiTamarani entfaltete ihr Selbst, nahm Fragmente der nichtlinearen Zeit in sich auf, annihilierte sie und versuchte, dem von ihnen verursachten Schmerz keine Beachtung zu schenken – sie sollten keine Bruchzonen in der Raum-Zeit naher Universen entstehen lassen.
    Eine weitere halbe Ära lang schwebte sie im Hyperversum. Zeit spielte keine Rolle für eine ewige Entität, zumindest nicht hier, denn von hier aus konnte sie zurückspringen, zu den temporalen Koordinaten unmittelbar nach dem Zuschnappen der Falle, die der überraschend geschickte und listige Keim für sie beim Sonnentor vorbereitet hatte. KiTamarani nutzte die zweite halbe Ära, um noch etwas mehr Kraft zu schöpfen und sich zu orientieren. Das war wichtig. Sie durfte im Hier, umgeben von tausend mal tausend mal unendlich vielen Universen nicht die Orientierung verlieren.
    Und dann…
    Die Konziliantin schwamm im Ozean der

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