Kantaki 02 - Der Metamorph
soweit es die Basismasse betrifft. Die Instabilität der Zellen ist ein Problem, aber kein unlösbares, wie ich glaube. Wir suchen nach einer Möglichkeit, die Basismasse durch stabile Zellen zu ersetzen, und früher oder später finden wir eine, da bin ich sicher.«
»Und was diesen Plan betrifft… Cordoban hat Ihnen das alles anvertraut, ohne mich zu unterrichten?«
Lorgards wässrige blaue Augen trübten sich ein wenig. »Er hat mir versichert, dass er Sie in Kenntnis setzen würde«, betonte er noch einmal. »Warum er das nicht getan hat, bleibt Spekulationen überlassen. Was mich betrifft… Er musste mir die Einzelheiten des Projekts Doppel-M nennen, denn schließlich sollte ich den Metamorph entwerfen. Was ich davon halte, steht auf einem ganz anderen Blatt.«
Turannen hob den Blick vom Display und sah an den großen Topfpflanzen, Statuen und pseudorealen Ornamenten vorbei zu den breiten Fenstern des Raums. Draußen fiel noch immer Sonnenlicht auf die tropischen Gewächse des Gartens. Alles sah genauso aus wie vor zehn Minuten, aber gleichzeitig hatte sich die Perspektive verschoben. Lukert Turannen fühlte sich plötzlich als Teil einer anderen Welt. Er war daran gewöhnt, konzentriert zu denken, Nebensächliches beiseite zu lassen und sich auf das Wesentliche zu besinnen, kühl zu bewerten und zu analysieren, um auf dieser Grundlage seine nächsten Maßnahmen zu planen. Doch derzeit erlebte er einen geistigen Aufruhr wie seit vielen Jahren nicht mehr. Der Metamorph klang wie nach einem Geschenk des Himmels – oder wie nach einer unermesslichen Katastrophe. Eines stand fest: Turannen musste seine ganze Strategie für den Weg in die Zukunft neu überdenken.
»Sie erwähnten einen Zwischenfall…«
»Ja.« In dem wie eingefallen wirkenden Gesicht des NHD-Direktors von Kerberos kam es zu einer Veränderung, die Turannen nicht zu deuten wusste. »Ein Unfall. Er ist der eigentliche Grund dafür, warum ich mich mit Ihnen in Verbindung gesetzt habe. Ein Feuer brach aus und zerstörte einen großen Teil des Laboratoriums, in dem der Prototyp wuchs. Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen konnte der Metamorph entkommen.«
» Was? «
»Bevor er das Labor verließ, hatte er Kontakt mit einem Programmierungsmodul. Wir wissen noch nicht, welche Daten er aufgenommen hat; unsere Ermittlungen dauern an.«
Turannen atmete tief durch. »Wenn ich Sie richtig verstehe… Sie haben ein Superwesen geschaffen, das über ein enorm hohes defensives und offensives Potenzial verfügt und den Auftrag hat, Enbert Dokkar und seine Administratoren umzubringen, Personen, mit denen ich als Koordinator des Konsortiums eng zusammenarbeite. Und dieses Wesen, diese lebende Waffe, treibt sich jetzt frei auf Kerberos herum. Ist das richtig?«
»Man… könnte es so ausdrücken.«
»Was geschieht jetzt?«
»Der Prototyp wird wachsen – genug Nahrung steht ihm zweifellos zur Verfügung. Der Rest hängt davon ab, welche Daten das Programmierungsmodul seinen Memoranten und der Formationsmatrix übermittelte.«
»Er besteht aus Basismasse, nicht wahr?«
»Ja.«
»Also kann er Kerberos nicht verlassen.«
»Wenn er das versucht, verlieren seine Zellen ihre Stabilität.«
Turannen nickte langsam. »Wenigstens etwas. Aber die Situation ist auch so heikel genug. Wenn der Metamorph auf Kerberos aktiv wird, wenn es zu Zwischenfällen kommt, die Enbert Dokkars Aufmerksamkeit wecken, und wenn der Leiter der Allianz erfährt, dass mein Unternehmen, New Human Design, ein Wesen geschaffen hat, das ihn umbringen soll… Ist Ihnen klar, in welche Lage mich das bringen würde?«
»In keine sehr angenehme, fürchte ich«, sagte Lorgard. Es klang müde.
Turannen glaubte zu spüren, wie das metaphorische Drahtseil der Macht, das sich zwischen dem Konsortium und der Allianz spannte und auf dem er balancierte, zu vibrieren begann und in Bewegung geriet. Unter ihm erstreckte sich kein Sicherheitsnetz, das ihn auffing, wenn er fiel. Ein Sturz bedeutete das Ende, unwiderruflich. Der Metamorph – beziehungsweise das Projekt Doppel-M – konnte zu einem wichtigen Werkzeug werden, das ihm den weiteren Weg nach oben erleichterte und es ihm ermöglichte, seine Position Enbert Dokkar und Benjamin gegenüber zu behaupten. Ein potenzieller Trumpf, vielleicht noch besser als die drei Arsenalplaneten. Er musste die neue Situation einschätzen und bewerten, neu planen, und das kostete Zeit. Doch die aktuelle Lage auf Kerberos erforderte sofortige Maßnahmen.
»Der
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