Kantaki 03 - Der Zeitkrieg
Worten sah er Diamant an und spürte, wie sich Erinnerungen in ihm regten, viele von ihnen bitter, manche schmerzhaft. Er berichtete, wie der damalige Agorax die kognitiven Kristalle benutzt hatte, um Einfluss auf ihn auszuüben, und wie die Manipulationen immer stärker geworden waren. Er erzählte, wie er von Agoron zum Omnivorkeim geführt worden war, wo ihn Olkin zum Teil des Spiels gemacht hatte, zum Wegfinder.
»Schließlich gelang es mir zu fliehen«, sagte er zum Schluss. »Ich bedauere sehr, was ich getan habe; es geschah nicht aus freiem Willen.«
Wieder folgte Stille, und wieder war es Diamant, die sie beendete. »Wer soll Ihnen das glauben?«
General Lukas kam einem weiteren Sturm aus Stimmen zuvor, indem er erneut den Arm hob. Er wandte sich dem Triumvirat auf der anderen Plattform zu. »Rungard Avar Valdorian mag schuldig sein oder auch nicht – hier und heute spielt das keine Rolle. Wichtig ist nur die einzigartige Chance, die er uns bietet. Mit ihm haben wir eine Verbindung zur objektiven Zeit, denn von dort kommt er: aus der ursprünglichen, wahren Zeitlinie, in der alles begann. Und in der alles enden wird, wenn wir nicht doch noch einen entscheidenden Erfolg erzielen. Unsere militärische Situation hat sich vor kurzer Zeit sehr verschlechtert: Die Temporalen setzen neue Waffensysteme ein, die in der Lage sind, die Refugien zu lokalisieren und anzugreifen. Die Evakuierung findet gerade statt, wie Sie alle wissen. Unsere Kognitoren sind bei ihren Einsätzen durchaus erfolgreich. Sie entlarven Temporale in den verschiedenen Zeitlinien und finden Manipulationspunkte, wodurch wir in der Lage sind, manche Zeitlinien zumindest teilweise zu rekonvertieren. Aber unsere Anstrengungen laufen auf etwas hinaus, das die Menschen ›Sisyphusarbeit‹ nennen. Damit sind enorme Anstrengungen gemeint, die letztendlich sinnlos bleiben. Die schlichte, bittere, niederschmetternde Wahrheit lautet: Wir sind dabei, den zweiten Zeitkrieg endgültig zu verlieren.«
Valdorian beobachtete, wie Diamant einen erschrockenen Blick auf General Lukas richtete. Vielleicht hatte sie die Situation nicht so schlimm eingeschätzt.
»Aber es gibt noch eine letzte Hoffnung, und dieser Mann hier verkörpert sie.« Der Segmenter deutete auf Valdorian. »Wir haben eine Vitalin der Feyn retten können, bevor die Temporalen ihr ganzes Volk auslöschten. Wir brachten sie hierher, weil wir dachten, mit ihrer Hilfe die fragmentarischen Koordinaten zu vervollständigen, die wir vom Vortex in der objektiven Zeit bekommen haben. Manche von uns glauben sogar, dass Xadelia in der Lage sein könnte, den originären Manipulationspunkt zu finden. Bisher sind ihre Bemühungen vergeblich gewesen, aber jetzt …« Lukas legte eine kurze Pause ein, um seinen Worten mehr Gewicht zu verleihen. »Aber jetzt haben wir hier jemanden, der aus jener einen objektiven Zeit stammt. Eine direkte Verbindung! Wenn Xadelia mit seiner Hilfe die Koordinaten des Vortex vervollständigt, so können wir einen Schlag gegen das Zentrum der Macht der Temporalen führen und verhindern, dass sie das Ende des Fünften Kosmischen Zeitalters herbeiführen. Und wenn es ihr gar gelingt, durch Valdorians Verbindung mit der objektiven Zeit den Manipulationspunkt zu finden, von dem alles ausging … Dann wäre es möglich, den ganzen zweiten Zeitkrieg ungeschehen zu machen. Valdorian könnte erneut zum Wegfinder werden – für uns!«
Diesmal folgte kein Brausen, kein Sturm aus Stimmen, sondern ein Flüstern und Raunen, in dem Valdorian Skepsis und Hoffnung zu hören glaubte.
Dann erklang die synthetische, leicht verzerrte Stimme des Wesens in der Ambientalblase. »Klugheit höre ich in Ihren Worten, General Lukas«, sagte Kahall. »Angesichts einer solchen Möglichkeit verlieren Schuld oder Unschuld tatsächlich an Bedeutung.«
»Ich schließe mich dieser Meinung an«, zwitscherte Gijül.
Die Hundertfüßerbeine trugen Ix-Imharrad-Ixtelion bis fast zum Rand der zweiten Plattform. Valdorian fühlte erneut den Infraschalldruck an den Ohren, und sein Linguator übersetzte:
»Ich fühle schlechte Winde von jenem«, sagte das keilförmige Wesen. »Er ist voller wechselhafter Böen, die es schwierig machen, das Gleichgewicht zu wahren. Aber ich nehme auch den Geruch von Hoffnung wahr, den sein Wind zu uns trägt. Lassen Sie mich ihn selbst fragen: Ist er bereit, uns zu helfen?«
Auf diese Frage gab es nur eine Antwort. »Ja.«
»Dann steht die Entscheidung des Triumvirats fest«,
Weitere Kostenlose Bücher