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Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Titel: Kantaki 03 - Der Zeitkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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und neue zu entwickeln. Natürlich waren alle Nachkommen maskulin; neue Vitalinnen wurden derzeit nicht benötigt.
    »Du kannst stolz sein«, sagte Yrgard. »Ein guter Partus.« Er schmiegte sich an sie und gab damit zu erkennen, dass er bereit war, ihr erneut seinen Samen zu geben.
    Xadelia öffnete die Augen und umarmte ihn kurz. »Danke, Yrgard, aber noch ist es nicht so weit. Der Inhalt meiner Samenbeutel reicht für die Befruchtung weiterer fünfhundert Eier.«
    Sie senkte die Lider wieder und nahm erneut die Sinneseindrücke ihrer Neugeborenen auf, hörte außerdem die leiseren Stimmen der Kinder, die sie bei den anderen siebenundneunzig Geburten zuvor zur Welt gebracht hatte. Hinzu kam das Flüstern der vielen Feyn, die ihr Leben anderen Vitalinnen verdankten – sie alle waren Teil einer großen Familie. Nein, man konnte sich wirklich keine erfülltere Existenz wünschen, und doch blieb der Wunsch in Xadelia, einmal selbst zu fliegen.
    Der Partussessel reagierte auf eine gedankliche Anweisung, drehte sich und erlaubte ihr, durch die Öffnung im Filigran nach draußen zu sehen. Feyn tanzten am Himmel, die silbrig glänzenden Flügel ausgebreitet, und begrüßten die Neugeborenen. Xadelia empfing die mentalen Glückwünsche der anderen beiden Vitalinnen und erfuhr dabei, dass eine von ihnen gerade ihre Eier befruchtet hatte – auch auf der anderen Seite von Feyindar würde es bald Nachwuchs geben.
    Und dann veränderte sich etwas.
    In Vitalinnen vereinten sich alle Eigenschaften der polymorphen Feyn, und deshalb trug Xadelia auch etwas von einem Mathematiker und einem Philosophen in sich. Sie wusste von der Bedeutung der Kausalität für die Stabilität des Universums, und sie wusste auch, dass nach dem Bruch immer wieder Gefahr für diese Stabilität bestanden hatte, die größte während des letzten Zeitkriegs, der fast verloren gegangen wäre. Dem Feind war es damals gelungen, alle Drei Großen Barrieren zu durchdringen und bis zum Dutzend vorzustoßen, den zwölf zentralen Welten, unter ihnen Feyindar, Ursprungsplanet der Feyn. Erst der gemeinsam mit den Kantaki und anderen Verbündeten entwickelte Sporn hatte die Wunden in Zeit und Raum geschlossen, den Feind vertrieben und die Kausalität repariert.
    Die mathematischen und philosophischen Elemente in Xadelia fühlten falsche Kausalitätswellen, hervorgerufen von einer massiven Manipulation der Zeit. Irgendwo in den Strudeln der Vergangenheit kam es zu einer geringfügigen, temporalen Fluktuation, die … ihr das Leben rettete.
    Die fernen Emanationen der beiden anderen Vitalinnen verschwanden ebenso wie die nahen ihrer neugeborenen Kinder, und auch das mentale Flüstern der anderen Feyn wich Stille. Erschrocken beobachtete Xadelia, wie die Tänzer am Himmel so verschwanden, als hätte es sie nie gegeben. Die langen Hauptfiligrane zerfransten, und auch die peripheren lösten sich auf.
    Weit oben trübte sich das Licht der künstlichen Sonnen, und Dunkelheit kroch über den Himmel, als nur noch der ferne Weiße Zwerg leuchtete. Unten wogten die Nebel der Welt und stiegen empor, wie ein riesiges, amorphes Geschöpf, das sich anschickte, alles auf und über Feyindar zu verschlingen.
    Yrgard und die anderen Betreuer existierten nicht mehr, hatten nie existiert. Das Netz, das sie mit allen anderen Feyn verbunden hatte – es war zerrissen. Xadelia schwebte an einem leeren Himmel, einem Himmel, der immer leer gewesen war, nachdem die Zeitmanipulation sich ausgebreitet hatte. Und dann schwebte sie nicht länger, sondern fiel, dem Nebel entgegen, und den Gipfeln und Graten, die sich darin verbargen. Sie breitete die Flügel aus, aber jäher Schmerz hinderte sie daran, Gebrauch von ihnen zu machen – seit ihrem ersten Flug als junge Geschlüpfte hatten die Schwingen gefaltet auf ihrem Rücken geruht; ihre Muskeln waren atrophiert.
    Sie stürzte in die Tiefe, einem sicheren, absurden Tod entgegen … als plötzlich etwas aus dem Nebel aufstieg, ein tropfenförmiges Gebilde aus bläulich schimmerndem Metall. Die Außenhülle war nicht glatt, sondern seltsam unregelmäßig strukturiert, als bestünde sie aus vielen einzelnen Komponenten, die nicht genau zueinander passten. Der metallene Tropfen hielt auf die fallende Xadelia zu, passte sich ihrer Geschwindigkeit an und stürzte zusammen mit der Vitalin durch die ersten Ausläufer des Nebels. Eine Öffnung entstand in dem Gebilde, und es kam näher, nahm sie auf.
    Ein diffuses Halbdunkel, mehr Schatten als Licht,

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