Kantaki 03 - Der Zeitkrieg
eine große Hilfe für uns sein.«
Diamant nickte. »Sie meinen die Netzechos.«
»Sie stand nicht nur mit ihren vielen Kindern in geistiger Verbindung, sondern auch mit allen anderen Feyn, und sie empfängt ihre Echos. Unsere Kognitoren sind imstande, Manipulationen innerhalb der einzelnen Zeitlinien zu erkennen, aber Xadelia sieht sie alle. Mit ihrer Hilfe können wir kausale Bewertungen vornehmen und feststellen, welche Manipulationen wichtiger sind als andere. Wenn es uns gelingt, die wichtigsten rückgängig zu machen, schaffen wir es vielleicht, die blauen Linien zu stabilisieren, und anschließend bringen wir weitere unter Kontrolle. Möglicherweise versetzt uns Xadelias besonderer Kausalitätssinn sogar in die Lage, den originären Manipulationspunkt zu finden.«
»Wie kann die Vitalin Netzechos von Feyn hören, die nie existiert haben?«, fragte Diamant.
Naifeh wandte sich von der Wand ab. Weder Stamm noch Äste wiesen etwas auf, das an ein Gesicht erinnerte, aber trotzdem fühlte die Kantaki-Pilotin einen Blick auf sich ruhen. »Auf welche Weise spüren Kognitoren wie Sie, dass eine Zeitlinie manipuliert ist? Es liegt an dem, was die Feyn ›eherne Kausalität‹ nennen. Zwischen Ursache und Wirkung existiert eine unzerstörbare, unaufhebbare Verschränkung, die selbst dann bestehen bleibt, wenn der Kausalität Gewalt angetan wird. Die dominante Realität ändert sich, aber unter oder hinter ihr schlummert die alte, ursprüngliche Wirklichkeit, und Kognitoren sind in der Lage, sie zu fühlen. Auf ähnliche Weise hört Xadelia die Netzechos ihrer Kinder und der anderen Feyn. Sie haben einmal existiert; diese Tatsache können auch noch so viele Zeitmanipulationen der Temporalen nicht aus der Struktur des Universums tilgen.«
Diamant vernahm die vom Linguator übersetzten Worte und hörte gleichzeitig ein Rascheln und leises Zischen wie von einem Wind in den ovalen Blattschalen des Kuristi.
»Sie sind müde«, fügte General Naifeh hinzu und bewies damit, dass er sehr gut sehen konnte, auch wenn ihm menschliche Augen fehlten.
Diamant seufzte. »Ich kann es nicht leugnen. Dies war mein vierundsechzigster Einsatz, und ein erfolgreicher noch dazu. Aber um ganz ehrlich zu sein: Ich sehe keine Verbesserung unserer Situation. Ganz im Gegenteil. Ich habe den Eindruck, dass die blauen Linien instabiler geworden sind. Manchmal frage ich mich, welchen Sinn all unsere Bemühungen haben.«
Naifeh löste seine Beinwurzeln aus der Rinne und näherte sich. Einige flexible, gummiartige Verdickungen im zentralen Stamm des Kuristi schwollen ein wenig an, und die raschelnden und zischenden Geräusche wiederholten sich. »Wenn wir aufhören, verliert alles seinen Sinn, Diamant«, kam es aus dem Linguator. »Wir sind die einzige Hoffnung dieses Universums, und die Temporalen haben erst gewonnen, wenn sie uns, den Widerstand, endgültig geschlagen haben. Meine Knospen und ich sind seit fast fünfhundert Jahren an diesem Kampf beteiligt, und ich habe bessere Phasen erlebt, zugegeben, aber ich weigere mich zu glauben, dass wir keine Chance mehr haben.« Ein Armzweig berührte die Kantaki-Pilotin. »Ruhen Sie sich aus. Sammeln Sie neue Kraft. Sprechen Sie mit Xadelia. Vielleicht bringt Sie das auf andere Gedanken.«
»Nachher.«
»Oh. Ich verstehe. Hominx hat es angedeutet. Es ist sicher sehr schwer für Sie.«
»Für mich ebenso wie für die anderen. Sie nehmen seit einem halben Jahrtausend an diesem Krieg teil, aber so etwas haben Sie nie über sich ergehen lassen müssen.« Es klang bitterer als beabsichtigt, und Diamant ließ ihren Worten ein mattes Lächeln folgen. »Entschuldigen Sie, General.«
»Schon gut. Ich verstehe Sie wirklich, glauben Sie mir. Obgleich es in diesen Zeitlinien nur wenige Kuristi gibt und mir so etwas erspart bleibt. Bringen Sie es hinter sich und ruhen Sie aus. Bis zur nächsten Einsatzbesprechung haben Sie Zeit genug.«
»Danke, General Naifeh.«
»Ich wünsche Ihnen gutes Licht.«
In den Korridoren und Tunneln des Refugiums Corrian herrschte wie immer rege Betriebsamkeit. Besatzungsmitglieder, Kognitoren und Korrektoren kamen Diamant entgegen. Die meisten von ihnen kannte sie, und sie erwiderte ihre Grüße, aber mechanisch, mit einer gewissen Distanz. Sie war Teil dieser Gemeinschaft, die aus Angehörigen vieler verschiedener Völker bestand, doch inzwischen hatte sie gelernt, Abstand zu wahren, um sich zu schützen. Leider fühlte sie sich dadurch manchmal schrecklich einsam, selbst
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