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Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Titel: Kantaki 03 - Der Zeitkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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geriet. Der Horcher nutzte seinen speziellen Kontakt, um ihr und Esmeralda etwas zu zeigen, das sonst verborgen blieb.
    »Das Wesen des Geistes, der Materie wurde, verbindet alle Universen des Plurials, so wie die Fäden des Transraums alle Dinge in unseren Universum miteinander verbinden«, sagte der Horcher. »Was ihr hier seht, sind seine Gedanken, die Fragen, die von Universum zu Universum ziehen und Antworten sammeln.«
    Weitere Gesten veränderten das Sakrium. Ein Faden, der zwei Universen miteinander verband, kam näher, und mit ihm der glühende Punkt, der wie ein Leuchtkäfer ganz besonderer Art daran entlangkroch. Er schwoll immer mehr an, zu einer Blase mit zahllosen glühenden Punkten, und jeder von ihnen erwies sich seinerseits als eine Blase, die glühende Punkte enthielt …
    »Ein Gedanke, der aus Billionen von weiteren Gedanken besteht, und jeder von diesen setzt sich aus ebenso vielen Folgegedanken zusammen, und so geht es weiter, auf der einen Seite bis in die kleinsten Bereiche des mentalen Mikrokosmos, und auf der anderen bis in die größten des geistigen Makrokosmos«, erklärte der Horcher ruhig. »Ohne Anfang und Ende, das ist allein ein Gedanke des Geistes, und das ist der Geist selbst. Aus ihm kommt alles, und alles wird zu ihm zurückkehren, am Ende des Fünften Kosmischen Zeitalters.«
    »Die Temporalen sind dabei, das Ende schon jetzt einzuleiten«, sagte Diamant. »Wenn wir nichts unternehmen, wird der Geist keine Gelegenheit erhalten, alle Antworten zu finden.«
    »Dann wäre das Werk der Schöpfung unvollständig, für immer, denn der Geist hat in diesem Vierten Kosmischen Zeitalter, der Ära des Verstehens, noch nicht alles gelernt und erfahren, das es zu lernen und erfahren gibt.« Diesmal erklang deutlicher Kummer in der klickenden Stimme des Horchers, die nicht übersetzt werden musste. »Dann hätten Jahrmilliarden der Entwicklung keinen Sinn.«
    Der Kantaki bewegte sich, umgeben von einer Wolke aus fluoreszierenden Streifen, und das Plurial kehrte zurück. Eine Kugel schwebte ihnen entgegen, wie eine Seifenblase, mit Außenflächen, die in allen Farben schimmerten. Sie öffnete sich für Diamant, Esmeralda und den Horcher, offenbarte aber kein schwarzes All und darin die Flecken von Galaxienhaufen, sondern eine … Struktur aus zahllosen Segmenten, die an ein Baugerüst erinnerte – das Baugerüst für ein Universum, dachte Diamant – und aus bunten Einzelteilen bestand, aus geometrischen Figuren, die trotz ihrer vielen unterschiedlichen Formen genau zueinander passten.
    Das Gerüst nahm sie auf, glitt an ihnen vorbei und offenbarte dabei eine Komplexität, die Diamants Verstand überforderte. Es war wie mit den Gedanken des Geistes, der Materie geworden war: Jedes »Bauteil« des Universums enthielt seinerseits eine unüberschaubare Vielzahl von Elementen, und in jedem von ihnen steckten weitere Komponenten.
    »Es sieht alles normal aus«, befand die klickende Stimme des Horchers. »Nichts deutet auf Manipulationen hin. Es gibt nur einige schwarze Stellen dort, wo der Abissale vor Jahrmilliarden Realität fraß, bevor ihn das Konziliat zur Splitterung zwang.«
    Diamant schwebte in der bunten Struktur des Universums, im Baugerüst des Kosmos. Sie gab den Versuch auf zu verstehen, was sie sah, öffnete stattdessen alle ihre Sinne und auch die Gabe, um Eindrücke zu empfangen.
    »Esmeralda?«, fragte sie leise.
    »Ich bin hier, neben dir.«
    Etwas bewegte sich neben Diamant, kaum mehr als ein Schatten vor dem farbigen Leuchten der Strukturteile. Eine andere Hand berührte die ihre und schloss sich darum.
    Diamant schob alle bewussten Gedanken beiseite, schuf im Zentrum ihres Bewusstseins ein leeres Becken, das sich mit ersten Eindrücken füllte. Sie wusste, dass es Manipulationen gab und gegeben hatte, so gut getarnt, dass die Zeitwächter auf Munghar nicht argwöhnisch geworden waren, und wirksam genug, um selbst die Kantaki zu beeinflussen.
    Fort mit den Gedanken. Weg auch mit eigenen Empfindungen. Diamants Bewusstsein wurde zu einem Sammelbecken fremder Impressionen, und sie maß vor allem ihren emotionalen Gehalt, trennte Passendes von Unpassendem, untersuchte Ursachen und Wirkungen, ohne dabei bewusst zu denken. Sie erinnerte sich an die Feyn, die in diesem veränderten, manipulierten Universum nie existiert hatten, an die wichtige Rolle der Kausalität in ihrer Philosophie, und danach begann sie Ausschau zu halten nach den Verbindungen zwischen Ursache und Wirkung,

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