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Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Titel: Kantaki 03 - Der Zeitkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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bestand, entdeckte Eklund Schalen auf dem Boden, die sich fast wie Holz anfühlten. Er sammelte genug von ihnen ein, kehrte in die Mulde zurück und formte einen Haufen aus ihnen, zwischen KiTamarani und Raimon, der inzwischen nicht mehr ganz so stark zitterte. Dem Proviantbehälter entnahm er eine der Energieoblaten, die er normalerweise dazu verwendete, seine von der Konziliantin synthetisierten Speisen zu erwärmen, schob sie in den Haufen aus Schalen und aktivierte sie mit einem kurzen Druck. Dann wartete er voller Hoffnung.
    Diffuses Grau zeigte sich an einem fernen Horizont, und grau war auch der Rauch, der von dem Schalenhaufen aufstieg. Eklund hüllte sich in die zu lange Jacke, sah zu KiTamarani, die noch immer völlig reglos am Boden lag, und zu dem in die Decke gehüllten Raimon.
    Erste kleine Flammen leckten aus dem Haufen, und Eklund streckte ihnen die Hände entgegen, erhoffte sich Wärme.
    Aus den kleinen Flammen wurden große, und sie vereinten sich zu einem Feuer, dessen flackernder Schein die Dunkelheit zurückdrängte. Etwas weniger Rauch stieg jetzt auf, und oberhalb der Mulde wurde er vom kalten Wind gepackt und fortgetragen. Die Schalen brannten schnell, schneller als Holz, und Eklund brach zweimal auf, um Nachschub zu holen und eine kleine Reserve zu haben. Dann rückte er näher ans Feuer heran, ließ sich Füße, Hände und Gesicht wärmen, während der Rücken kalt blieb. Er blickte in die Flammen, die hin und her sprangen, sich ständig veränderten und zur Musik des Knisterns und Knackens zu tanzen schienen.
    Muster bildeten sich im Flackern und Glühen, dehnten sich ihm entgegen, berührten nicht seinen Körper, sondern den Geist …
    Plötzlich stand er in einem saalartigen Raum, dessen steinerne Wände in eine Aura des Alters gehüllt waren. Die hohe Decke verlor sich in Dunkelheit. Fackeln brannten an den uralten Mauern und flackerten wie das Feuer, dessen Muster ihn hierher gebracht hatten.
    Etwas erwachte in Eklund. Etwas, das während der vergangenen zwei Jahre, seit dem Aufbruch von Kerberos, geschlafen hatte.
    »Ist hier jemand?«, fragte er in die Stille, obgleich er eigentlich gar keine Antwort erwartete. Er ging los und näherte sich einer der Treppen, die einige Meter weit nach oben führten, zu einer offenen Galerie, die sich an allen vier Wänden entlangzog. Dort gab es Türen, schwarze Rechtecke, in regelmäßigen Abständen.
    Oben an der Treppe brannte eine der Fackeln, und als Eklund sie erreichte, blieb er kurz stehen, um sie zu betrachten. Sie brannten, ohne zu verbrennen. Was auch immer sie züngeln ließ: Die Fackel selbst, ihre Substanz, blieb davon unbeeinträchtigt.
    »Ein Symbol«, sagte Eklund leise zu sich selbst und lächelte, als er in seiner Stimme einen Klang hörte, der ihn an das Staunen eines Kinds erinnerte, an die Verwunderung des Jungen, der er einmal gewesen war, vor achtzig und mehr Jahren. »Das ich allerdings nicht zu deuten weiß. Noch ist mir dieser Ort fremd«, fügte er hinzu.
    Er schritt durch die Galerie, näherte sich der ersten schwarzen Tür, streckte die Hand nach dem Knauf aus …
    Mit einem leisen Knarren schwang die Tür auf, ohne dass er sie berührt hatte.
    Dahinter …
    Tief in Eklund erschrak ein dreizehnjähriger Junge, der aus dem Raumhafen geflohen war, als seine Adoptiveltern Kerberos verlassen wollten. Dort standen sie, umgeben von den Datenservi, die sie zum Inhalt ihres allein von Rationalität bestimmten Lebens gemacht hatten: Miliana und Primor, beide mit strengen Mienen. Sie schienen sich überhaupt nicht verändert zu haben – ihre Blicke waren so kalt wie der Wind von Namenlos.
    »Wir wussten, dass du eines Tages zurückkehren würdest«, sagte seine Adoptivmutter Miliana.
    »Wie dumm von dir, einfach wegzulaufen«, sagte Primor, der dieses Wort immer benutzt hatte, um all die Dinge zu beschreiben, die ihm nicht gefielen: dumm. »Was hast du dir nur dabei gedacht? Hast du auch nur für eine Sekunde überlegt, was aus deinem Leben werden sollte?«
    Der alte Eklund lächelte, während der Junge in ihm furchtsam blieb. »Ich habe mein Leben selbst in die Hand genommen und bin ein Heiler geworden.«
    Das ist es, flüsterte es in ihm. Genau das ist der Punkt.
    »Wir sind bereit, dir noch eine letzte Chance zu geben«, sagte Miliana kühl. »Wenn du jetzt zu uns zurückkehrst, verzeihen wir dir.«
    »Was wollt ihr mir verzeihen?«, erwiderte Eklund sanft. »Dass ich auf Kerberos ein zufriedenes, erfülltes Leben gelebt

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