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Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Titel: Kantaki 03 - Der Zeitkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Diamant, den Sprecher identifizieren zu können: die alte Mutter auf der Säule direkt vor ihr. »Aber es gibt … seltsame Vorkommnisse, die uns veranlasst haben, hier in uns zu gehen und nach Hinweisen zu suchen.«
    »Die Nährpilze«, flüsterte Esmeralda Diamant zu. »Das Problem muss ziemlich groß sein, wenn es die Aufmerksamkeit der Großen Fünf so lange erfordert.«
    »Die Linse hat sich verdunkelt«, klickte ein anderer der Großen Fünf. »Wir können nicht mehr ins Plurial sehen.«
    »Es gibt unerklärliche Lücken in den Archiven.«
    »Einige unserer Schiffe sind spurlos verschwunden.«
    »Der Horcher fürchtet sich.«
    Stille folgte diesen letzten Worten. Nur das Summen in der Grotte schien anzuschwellen und gewann einen Rhythmus, wie ein Pulsschlag.
    »Der Horcher fürchtet sich?«, wiederholte Vater Grar ungläubig.
    »Etwas geschieht«, sagte die alte Kantaki auf der Säule vor Diamant. »Etwas, das wir noch nicht verstehen. Und jetzt kommst du und bringst uns solche … Neuigkeiten, Diamant.«
    »Ich bin sicher, dass es einen Zusammenhang mit den Temporalen und dem Abissalen gibt«, sagte Diamant, und eine ferne, leise Stimme in ihr raunte: Dein Valdorian hat dies alles angerichtet. »Wenn wir Kontakt mit dem so genannten Kastell aufnehmen könnten, dem Zentrum des Widerstands gegen die Temporalen …« Plötzlich fiel ihr etwas ein. »Die Feyn. Vielleicht können sie helfen. Mit ihrem Sporn war es damals möglich, die Temporalen beim ersten Zeitkrieg zu besiegen.«
    »Die Feyn?«, wiederholte einer der Fünf.
    Unbehagen beschlich Diamant. »Die Feyn von Feyindar auf der anderen Seite der Galaxis.« Sie sah die Pilotin an ihrer Seite an. »Du bist einmal dort gewesen, vor Jahrhunderten.«
    Verwirrung zeigte sich in Esmeraldas Gesicht, die gleiche Verwunderung wie im Nexus, als Diamant Valdorian erwähnt hatte. »Ich bin nie bei einem Volk namens Feyn gewesen«, sagte sie langsam.
    »Es gibt keine Feyn«, klickte Grar. »Und die Temporalen wurden vor fast tausend Jahren nicht von einem ›Sporn‹ besiegt, sondern vom Schlund, den der Horcher erdachte.«
    Sein dreieckiger Kopf mit den beiden multiplen Augen neigte sich kurz Diamant entgegen, und dann sah der junge Kantaki wieder zu den Großen Fünf. »Vielleicht sollten wir mit dem Horcher sprechen.«
     
    Grüner Glanz erfüllte die Höhle, heller als das Glühen der Flechten an den Wänden, und er stammte von einem See, der nicht aus Wasser bestand, sondern … aus einem Teil des Transraums. Diesen Eindruck gewann Diamant, als sie die Grotte tief im Inneren von Munghar betraten, nicht weit entfernt vom industriellen Kern mit den automatischen Produktionsanlagen. Ihre Gabe spürte die Nähe der Fäden, die alles im Universum miteinander verbanden, und sie fühlte auch noch etwas anderes, die Präsenz eines starken kollektiven Selbst. Sie verglich es mit einer großen alten Eiche in einem Wald aus jungen Birken: Dieser Baum, dieses alte, weise Bewusstsein, überragte alles in seiner Nähe, war bis in den Transraum hineingewachsen und berührte dort den Geist, der einst Materie geworden war.
    Selbst die Großen Fünf beugten respektvoll ihre Gliedmaßen, als sie die Grotte betraten und auf einer Plattform über dem grünen See verharrten, in dem Leuchterscheinungen wie Schlangen aus Energie hin und her krochen, den Fluoreszenzen der Kantaki nicht unähnlich. Grar folgte ihrem Beispiel, und auch Diamant und Esmeralda verbeugten sich.
    Mitten im See, unter einem Gerüst – es sah aus wie ein Zelt ohne Planen – ruhte ein monströses Wesen im grünen Wabern, ein Kantaki mit mehr als doppelt so vielen Gliedmaßen wie die anderen, viele davon verkrüppelt. Diamant betrachtete ein Ektoskelett, das den Eindruck erweckte, geborsten und dann wieder zusammengewachsen zu sein. Sie wusste, dass der Horcher so etwas wie ein Hohepriester der Kantaki war, beziehungsweise der Hüter ihrer Philosophie und die bestimmende Autorität in Hinsicht auf den Sakralen Kodex, doch sie sah ihn jetzt zum ersten Mal. Mehrere lange, mehrgelenkige Beine ragten tief in den See, wie die Wurzeln der metaphorischen Eiche, und berührten dort Fäden, die … Etwas prickelte in Diamants Gabe, und sie glaubte, fremde Gedanken zu spüren, die so langsam dahinglitten wie Wolken über einen sommerlichen Himmel.
    Die Großen Fünf klickten, schneller als sonst, und wieder konnten die Linguatoren der beiden Pilotinnen nichts mit den Lauten anfangen. Nach etwa einer Minute hörte das Klicken

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