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Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Titel: Kantaki 03 - Der Zeitkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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habe?«
    Primors Miene blieb streng, aber in Milianas Gesicht veränderte sich etwas, und sie streckte die Hand aus …
    »Ich frage mich, was dies symbolisiert«, murmelte Eklund und winkte knapp, woraufhin sich die schwarze Tür mit einem Klacken schloss, das dumpf von den alten Mauern widerhallte. Hier gab es kein verwittertes Portal, das ihm Zugang zur Welt über der Welt gewährte. Hier gab es viele Türen, und er musste erst noch die richtige finden. Aber eines stand fest: Jene Gabe, die ihn auf Kerberos zum Heiler gemacht hatte, war wieder erwacht, denn …
    »Hier gibt es ein Elysium«, sagte er zum vor ihm brennenden Feuer.
    Raimon lag nicht mehr neben den Flammen, und hinter sich hörte Eklund ein Knurren.
    Für einen Sekundenbruchteil regte sich Angst in ihm, aber sie verschwand sofort wieder, als er an den Jungen dachte, den er in Elisabeths Hospital in Chiron gesehen hatte, an den Knaben mit der Schusswunde, die so schnell geheilt war – an das Kind, das Hilfe brauchte, das gezwungen worden war zu töten, obwohl es Leben bewahren wollte. Raimon, jetzt ein Mann, konnte unmöglich eine Gefahr für ihn darstellen.
    Eklund drehte sich um.
    Raimon hatte die halb zerrissene Decke beiseite geworfen, öffnete gerade ein Proviantpaket und verschlang den Inhalt regelrecht, während sein Körper anschwoll und die Kleidung zerfetzte.
    Eklund war mit einigen raschen Schritten bei ihm. »Was ist los mit dir?«
    Raimon knurrte erneut, stopfte den Rest des Pakets in einen Mund, der zum riesigen Maul geworden war, kaute und schluckte gierig. »Ich habe … Hunger. Ich brauche … Kraft.«
    »Was geschieht mit dir, Raimon? Dein Körper …«
    Der Metamorph drehte den Kopf, und Eklund sah ein Gesicht, das sich rasend schnell veränderte. Er hatte dies schon einmal beobachtet, während Raimons Identitätskrisen auf Kerberos: Hunderte von Personen wohnten in ihm, jede von ihnen mit Pseudoerinnerungen an ein Pseudoleben. Raimon hatte sie alle unter Kontrolle bringen müssen, um sich selbst zu finden. Jetzt schien er die Kontrolle zu verlieren.
    Etwas quoll aus dem aufgedunsenen Leib, nahm Gestalt an.
    Ein Mann stand dort, ganz nackt, unwirklich im Schein der schrumpfenden Flammen. Als er den gesenkten Kopf hob …
    Eklund sah ein Gesicht, das er kannte: die Nase gerade, der Mund dünnlippig, das Kinn flach, die Augen grau und ihr Blick stechend. »Lutor …« Der Mann, der auf Kerberos versucht hatte, Raimon umzubringen.
    »Ich bin … zurück«, sagte Lutor langsam, und in seinen Augen blitzte es, als er sich Raimon zuwandte, der den Inhalt des letzten Proviantpakets in sich hineinstopfte. Er hob die Hände, die plötzlich ein Schwert hielten, einen langen Zweihänder, dessen Klinge im Licht des Feuers blutrot blitzte. »Und ich bin nicht Lutor, ich bin … Kordun.«
    Er schlug zu, und das Schwert schnitt tief in den wie aufgeblähten Leib des Metamorphs.
    Raimon drehte ruckartig den Kopf, und sein Mund verwandelte sich in einen fauchenden Rachen. Er streckte einen Arm aus, der schnell länger wurde und dessen Hand sich zu einer Klaue verformte …
    Lutor/Kordun schlug erneut zu, und die Klinge des Zweihänders durchschlug den Arm. Das abgetrennte Stück fiel zu Boden, und die Finger der Klauenhand zitterten.
    Eklund glaubte, einen Albtraum zu erleben. Raimon war ganz offensichtlich zu schwach, um sich zu wehren. Lutor, den er auf Kerberos in sich aufgenommen hatte, schickte sich an, ihn in Stücke zu schlagen.
    Eklund sah nur eine Möglichkeit.
    Er sprang vor, berührte den blutenden, stöhnenden Metamorph …
    Für einen Moment, nur für den Hauch eines Augenblicks, stand er wieder in dem Saal mit den uralten Mauern. Dann heulte ein Sturm, heftiger als jeder Orkan, den er auf Kerberos erlebt hatte, und riss ihn fort, und gleichzeitig fühlte er, wie die Kraft aus ihm wich, wie er schnell schwächer wurde. Schon nach wenigen Sekunden spürte er den Körper nicht mehr, und es fiel ihm schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Zu schnell, dachte er. Raimon, du nimmst die Kraft … zu schnell auf. Es … bleibt nichts für mich übrig. Ich … sterbe …
     
    Als Eklund die Augen öffnete, hatte ein Grau, das alle Farben verschluckte, die Dunkelheit der Nacht abgelöst. Hochnebel filterte das Licht der Sonne, die sich nur durch ein vages Glühen am Himmel verriet. Kalter Wind wehte über die Mulde im Felsgestein hinweg, und es roch nach der Asche eines erloschenen Feuers.
    »Raimon?«
    Eklund setzte sich auf und stellte fest,

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