Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)
sich manchmal in anderen Staaten.«
»Eskalation«, sagte Tubond noch einmal. »Weitere Nationen wurden in den Konflikt hineingezogen, und aus einem lokalen Krieg wurde ein Weltkrieg. Auf welchem Entwicklungsniveau befinden sich die Corhoni? Und warum haben die Lhora und Bhardai eine Art Quarantäne über sie verhängt?«
»Ich glaube, die Antworten auf diese beiden Fragen stehen miteinander in Verbindung«, erwiderte Elva Lundgran, als der Pilot erneut den Kurs änderte und tiefer ging. »Die Corhoni sind eine polymorphe Spezies wie die Piriden, mit drei Hauptentwicklungsstufen – Wasser-, Land- und Luftlebewesen – und mehreren Substadien, wobei offenbar lokale Einflüsse ausschlaggebend sind. Den Krieg haben zunächst nur die Land-Corhoni geführt, doch inzwischen nehmen auch die Wasser- und Luft-Versionen daran teil. Hegemon, auf diesem Planeten gibt es weder Flugzeuge noch U-Boote, aber der Krieg wird jetzt auch in der Luft und unter Wasser geführt.«
Lundgran berührte virtuelle Schaltflächen, und in den pseudorealen Darstellungsfeldern machte sich ein Zoom-Effekt bemerkbar. Aus kleinen Blitzen auf der graubraunen Landmasse wurden Explosionen, und was zunächst wie Wolken ausgesehen hatte, verwandelte sich in Schwärme aus fragil anmutenden, libellenartigen Geschöpfen. Die eingeblendeten Daten wiesen darauf hin, dass sie etwas mehr als zwei Meter lang waren, und die Spannweite ihrer vier halbtransparenten Flügel betrug fast fünf Meter. Tubond beobachtete, wie die fliegenden Wesen kleine Objekte abwarfen, die sie an breiten Gürteln trugen. Andere benutzten Projektilwaffen, die wie kleine Katapulte aussahen, und feuerten damit auf Artgenossen. Farbkodes an Flügeln und Beinen schienen Freund und Feind voneinander zu unterscheiden.
»Lebende Jagd- und Bombenflugzeuge?«, fragte Tubond.
»So könnte man sagen. Und lebende U-Boote in den Seen und Meeren. Die Wasser-Corhoni verwenden organische Säurewaffen, um Schiffe zu versenken. Was die Technik betrifft: Sie ist einfach, und ihre Entwicklung bleibt vor allem auf die Land-Corhoni beschränkt. Datenservi irgendeiner Art gibt es nicht. Für die Speicherung und Verarbeitung von Informationen verwenden die Corhoni bestimmte Symbionten, mit unseren Mnemen vergleichbar. Das am weitesten verbreitete Transportsystem ist eine Art Eisenbahn; Individualverkehr gibt es praktisch nicht. Zwar werden individuelle Fahrzeuge gebaut, aber allein für militärische Zwecke. Erstaunlich fortgeschritten hingegen sind Kommunikation und Optik. Das ist auch der Grund, warum wir so vorsichtig sein müssen.«
Tubond hörte nur noch mit halbem Ohr zu, als Elva Lundgran von Funksignalen, elektromagnetischen Modulationen, Feinschlifflinsen und hoch empfindlichen Spiegeln erzählte. Er beobachtete die Darstellungen der PR-Felder: keilförmige Formationen von gepanzerten Fahrzeugen und mobiler Artillerie; vorrückende Infanterie, ihre Soldaten überaus agile Geschöpfe, die sich auf mehreren äußerst flexiblen Beinen fortbewegten; angreifende Luft-Corhoni, die Bombenteppiche legten; nicht weit entfernt eine brennende Stadt, deren lange, quadratische Terrassen eine Pyramide mit einem Durchmesser von fast zwanzig Kilometern bildeten. Ein kleiner Krieg, der nur einen Planeten betraf. Doch für die Bewohner, die ihre Heimatwelt noch nie verlassen hatten, der größte und katastrophalste in ihrer Geschichte.
Etwas in Lundgrans Worten gab Tubond das Gefühl, dass ein wichtiger Punkt näher rückte.
»Sie haben mir noch nicht den Grund für die Quarantäne erklärt«, unterbrach er Lundgran.
»Wir kennen Kulturen mit diskontinuierlichen technischen Entwicklungen von anderen Welten«, antwortete die Soziologin. Sie sprach jetzt langsamer, schien nach den richtigen Worten zu suchen. »Aber in diesem Fall scheint alles Teil eines größeren Entwicklungsmusters zu sein. Die Eskalation des Kriegs, um Ihren Ausdruck zu verwenden; die zunehmende Nichtbeachtung von Regeln, die über viele Jahrhunderte als eherne Gesetze galten; die Einbeziehung der Wasser- und Luft-Corhoni in den Krieg … Wir glauben, dass dies alles zu einem großen soziokulturellen und vielleicht auch biologischen Entwicklungszyklus gehört. Die neuesten Fortschritte bei der Kommunikation, die ich eben erwähnt habe, sind ein weiteres Indiz dafür.«
»Welche Fortschritte?«
Lundgran blinzelte, verwundert darüber, dass sie bereits genannte Dinge noch einmal wiederholen musste. »Der Beginn einer kollektiven
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