Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)

Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)

Titel: Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
unteren Ende des Schachts, umgeben von einem matten Glühen, fanden sie eine Anordnung aus halbtransparenten Kugeln, von denen ein leises Zirpen ausging – mit etwas Phantasie konnte man sich vorstellen, dass es aus zahlreichen Stimmen bestand. Tausende von hauchdünnen silbernen Fäden gingen von den Kugeln aus und verbanden sie mit dem nahen Gewebestrang.
    »Dies ist der Ort, den ich dir genannt habe«, sagte Hendrik und verharrte in unmittelbarer Nähe der Kugeln. »Einer der zentralen Interface-Cluster des maschinell-biologischen Komplexes.« Er horchte kurz in sich hinein. »Ist das der Drang, von dem du erzählt hast, diese … zunehmende Unruhe?«
    »Ja.«
    Das von den Kugeln kommende Zirpen schwoll kurz an, und Kaither glaubte fast, einzelne Stimmen identifizieren zu können. Es wurde sofort wieder leiser, aber das Glühen verstärkte sich, und Kaither gewann den Eindruck von erhöhter Aktivität.
    »Wir sind wieder im Normalraum«, sagte Hendrik. »Hilf mir jetzt.«
    »Genügt es wirklich, diese Verbindungen zu unterbrechen?«, fragte Kaither, als Hendrik damit begann, die silbernen Fäden zu zerreißen, möglichst viele zugleich.
    »Nein«, erwiderte der Kognitor. Um sie herum erzitterte alles, und in der Ferne ertönte etwas, das sich nach Schreien anhörte. »Aber wenn die Verbindungen zerrissen sind, unterliegt ein Teil des maschinell-biologischen Komplexes nicht mehr der Kontrolle durch die Crotha. Es wird Verwirrung für das Hohe Ich bedeuten, und auch Schwächung. Tausende von Absorbierten lösen sich dadurch aus der Bewusstseinsstruktur der Crotha, und mit ihrer Kraft gelingt es mir vielleicht, die Membran der Wissenden Kraft zu durchdringen – im Augenblick meiner Rückkehr, wenn ich wieder Bestandteil der Kognition werde. Es hängt alles davon ab, ob ich mir meine geistige Freiheit für einige wenige Sekunden bewahren kann.«
    »Einige wenige Sekunden, nach all den Jahrmillionen«, sagte Kaither.
    »Jenseits der Membran sind meine Gedanken wie die des Hohen Ichs. Ich werde den Crotha die Intention eingeben, so schnell wie möglich aus Ruperts Nähe zu verschwinden und nie zurückzukehren.«
    Sie hielten die letzten Fadenbündel, und Kaither fühlte eine Hitze, die ihm jedoch nicht die Hände verbrennen konnte. Der gesamte Datenverkehr zwischen Interface-Cluster und zentralem Gewebestrang führte durch die letzten noch bestehenden Verbindungen. Er beobachtete, wie die Kugeln reagierten: Neue Fäden wuchsen aus ihnen und tasteten nach dem nahen Gewebe.
    »Es ist dein Tod, nicht wahr?«, fragte Kaither.
    »Vielleicht ist es unser aller Tod«, sagte Hendrik. »Aber ich weiß jetzt, dass mein zufriedenes Leben nur eine Illusion war.« Er hob zwei Bündel. »Lass es uns beenden. Die Unruhe ist fast unerträglich geworden.«
    Kaither trat nahe an ihn heran, und sie zerrissen die letzten Verbindungen. Aus dem insektenhaften Zirpen wurde ein vielstimmiges Heulen. Eine heftige Erschütterung raubte Kaither das Gleichgewicht, und als er zur Seite kippte, griff er nach Hendriks Arm.
    Er fand sich auf der Sitzbank wieder, oben auf der Hügelkuppe, aber allein – Hendrik saß nicht neben ihm. Ein Donnern hallte übers weite Grasland: Die Gebäude der wachsenden Stadt explodierten, eins nach dem anderen. Rauchwolken stiegen auf, und eine von ihnen formte sich zu einem ovalen Gesicht mit einer weit nach vorn ragenden spitzen Nase und großen, grünbraunen Augen. Das Gesicht schien zu lachen …

 
35. Aufbruch
     
    13. Mai 1147 ÄdeF
     
    Stille umgab sie, mit dem Gewicht von Jahrtausenden und begleitet von Dunkelheit. Dominique wartete geduldig und spürte so deutlich wie nie zuvor, dass das Tal-Telas zwar überall um sie herum existierte, aber eine Richtung hatte, aus der es kam.
    Die Finsternis wich fort, als Licht von gewölbten Wänden kam und sich im Zentrum des großen Raums zu verdichten schien, über dem Podium mit den fünf Stufen und einem Sessel mit Sensormulden. Dieser Pilotendom war viel größer als der des Schiffes, das sie nach Millennia gebracht hatte, kein Raum, sondern eher ein Saal. Hier durfte kein Schrei erklingen.
    Dominique drehte sich um und hob die Hand. »Sei still, Rupert. Sei still und lausche. Was hörst du?«
    Zitternd stand er da, das Gesicht noch immer eine Fratze, aber er beruhigte sich, als er den Kopf zur Seite neigte und lauschte, und langsam wich das Entsetzen aus seinen Zügen. »Ich höre … Sicherheit?«, erwiderte er und formulierte es wie eine halbe Frage. Und dann,

Weitere Kostenlose Bücher