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Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Titel: Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Hiratara, Hauptstadt von Kalaho, trug ihr glitzerndes Nachtgewand. Der langsam fließende Toran reflektierte den Schein Tausender Lampen, bildete ein silbernes Band, das die Metropole in zwei Hälften teilte. In der Ebene, bei den großen Türmen der Quinqu, glühten ebenfalls zahlreiche Lichter.
    »Gefällt Ihnen der Anblick?«, erklang eine ruhige Stimme hinter Nektar.
    »Ja. Es wirkt alles so friedlich.«
    »Der Schein trügt, wie wir wissen.«
    Nektar drehte sich um. Wie die Praxis einer Medikerin wirkte dieses Zimmer gewiss nicht, eher wie ein gemütlich eingerichteter Salon mit Topfpflanzen und einer zum Ausruhen einladenden Sitzecke. Serena hatte in einem Sessel Platz genommen: eine ältere, würdevolle Frau mit grauen Strähnen im Haar und sehr wachen Augen, die in ihrem auffallend schlaffen Gesicht fehl am Platz wirkten. Nektar hatte die Medikerin auf den ersten Blick als Lobotome erkannte. Ja , dachte er. Der Schein trügt. Auch bei Ihnen. Erscheinungsbild, Haltung, Gebaren, Körpersprache und Rhetorik: Alles diente dem Zweck, Vertrauen zu erwecken, Spannungen abzubauen.
    »Seit einer Viertelstunde sind Sie bei mir und geben sich alle Mühe, mich nicht anzusehen und mir nicht zu nahe zu kommen«, sagte die Medikerin. »Glauben Sie, ich hätte eine ansteckende Krankheit?«
    »Dies ist Zeitverschwendung.«
    »Sie haben viel Leid gesehen, nicht wahr?«, fragte Serena, und dabei klang ihre Stimme noch sanfter. »Fremder Schmerz schuf ein Echo in Ihnen, und manchmal war der Widerhall stärker als die ursprüngliche Qual. Irgendwann beschlossen Sie, auf Freundschaften zu verzichten. Um nicht mehr zu leiden, wenn Sie Freunde verloren.«
    »Woher wissen Sie das?«, fragte Nektar erstaunt.
    »Es geht nicht nur Ihnen so. Viele teilen ihr Schicksal. Wir Lobotomen sind die extreme Konsequenz. Ich habe mir meine Gefühle herausoperieren lassen, um das Leid zu besiegen.«
    »Hat es funktioniert?«, fragte Nektar und spürte, wie fast gegen seinen Willen Interesse in ihm erwachte.
    »Es macht vieles einfacher«, sagte Serena. »Warum setzen Sie sich nicht?«
    Nektars Beine schienen sich von ganz allein in Bewegung zu setzen, und wenige Sekunden später saß er der Medikerin gegenüber auf der anderen Seite des Tisches. Zum ersten Mal sah er Serena richtig in die Augen und erkannte dort etwas, mit dem er nicht gerechnet hatte: Verständnis.
    »Bitte helfen Sie mir«, sagte er plötzlich.
    Serena wölbte andeutungsweise die Brauen. »Wobei?«
    »Helfen Sie mir, Abnar und Vantoga davon zu überzeugen, dass sie die falsche Entscheidung getroffen haben.«
    »Warum sind Sie so sicher, dass sie falsch ist?«
    Nektar sah die Medikerin an und versuchte, einen deutlicheren Eindruck von ihr zu gewinnen. »Ich sitze nicht gern an Schreibtischen«, sagte er nach einigen Sekunden der Stille. »Ich bin ein Mann der Tat.«
    Serena lehnte sich zurück, ohne den Blick von ihm abzuwenden. »Denken Sie oft an Ihre Mutter?«
    Nektar seufzte. »Beginnt jetzt die Psychoanalyse?«
    »Ich möchte Sie besser kennenlernen.« Serenas Stimme klang noch immer ruhig und sanft. »Ich habe mich natürlich über Sie informiert. Ich weiß von Ihrem Werdegang in den Streitkräften der Koalition. Ihre Erfolge sind bemerkenswert. Sie haben sich den Ruf eines außerordentlich talentierten Strategen und Taktikers erworben.«
    Nektar stand auf. »Glauben Sie, mich mit ein wenig Lob redseliger machen zu können? Ich brauche keinen psychologischen Beistand.« Er ging zur Tür.
    »Warum sind Sie mir gegenüber so feindselig, Prior Nektar?«, fragte Serena hinter ihm, und es klang fast verletzt. »Ich habe Ihnen nichts getan. Ich versuche nur, meine Pflicht zu erfüllen, so wie Sie die Ihre erfüllen müssen.«
    Nektar blieb vor der Tür stehen, drehte sich um und kehrte zur Sitzecke zu. Nach kurzem Zögern nahm er erneut Platz. »Bitte entschuldigen Sie.«
    »Ich habe keine eigenen Gefühle mehr, aber ich versichere Ihnen: Ich weiß, wie Sie sich fühlen. Sie glauben, dass man Ihnen Ihr Schicksal stiehlt.«
    »Es ist nicht richtig, dass ich hier auf Kalaho bin, in Sicherheit, während dort draußen in jeder verstreichenden Sekunde tapfere Soldaten sterben.«
    Serena nickte langsam. »Das ist ein Grund. Aber es geht um mehr. Es geht um Ihre Zukunft, beziehungsweise um das, was Sie sich immer als Ihre Zukunft vorgestellt haben. Erzählen Sie mir von Ihrer Mutter. Bitte.«
    Nektar blickte auf seine Hand hinab, erinnerte sich an das Blut und begann zu erzählen. Die

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