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Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Titel: Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Dominique erwachte, wog die Müdigkeit nicht mehr ganz so schwer. Ein seltsames Geräusch bahnte sich langsam einen Weg durch ihre Benommenheit, und als sie es bewusst hörte, hob sie erschrocken den Kopf, denn es klang nach dem Zischen von Feuer. Ihr Blick fiel auf die glatten Wände eines Schlafzimmers, und sie begriff, dass sie sich in Tarweders Haus befand. Und das dumpfe Brausen … Es kam von draußen, wo offenbar ein böiger Wind blies.
    Sie stand auf und merkte, dass sie eine Art Nachthemd trug. Die alten Sachen lagen in der Nähe, und als Dominique nachsah, stellte sie fest, dass sich die konusförmige Waffe unter ihnen befand.
    Sie trat in den Korridor und orientierte sich. Es blieb düster um sie herum – das Haus reagierte nicht auf ihre Präsenz. Leise Geräusche kamen aus einem der anderen Zimmer; jemand murmelte dort vor sich hin.
    Dominique ging zur Tür und sah Tarweder, der mit einem geöffneten Kasten auf dem Boden saß und kleine, bunte Objekte betrachtete. Als sie den Raum betrat, hob er den Kopf. »Oh, du bist wach.«
    »Dir fehlt das letzte Element«, sagte sie und deutete auf den Kasten. »Die Wahrheit. Alle anderen hast du.«
    »Woher weißt du das?«, fragte der Alte erstaunt. »Wir haben nie darüber gesprochen.«
    Dominique erzählte von ihrem Traum.
    »Wie seltsam«, schloss sie ihren kurzen Bericht. »Träume sind Produkte des Unterbewusstseins. Wie kann mir ein Traum Dinge verraten, von denen ich nichts weiß?«
    »Vielleicht spielt hier nicht nur dein Unterbewusstsein eine Rolle.« Tarweder legte die Steine – die Elemente – in den Kasten, schloss ihn und stand auf. »Du hast das Feuer besiegt, und das ist zweifellos eine gute Sache. Wie fühlst du dich? Du hast einen ganzen Tag geschlafen.«
    »Einen ganzen Tag? Ich bin noch immer sehr müde.« Und es war keine gewöhnliche Müdigkeit, das spürte sie immer deutlicher. »Was ist beim Transfer geschehen?«, fragte sie. »Und wo sind wir?«
    »Eins steht fest: Wir sind nicht in der Großen Öde. Haus, ein Fenster.«
    Es summte leise, und ein Teil der gegenüberliegenden Wand veränderte sich. Eine rechteckige Fläche glühte auf und wurde transparent. Gleichzeitig schwoll das Zischen an, wurde zu einem zornigen Fauchen.
    Es stammte tatsächlich von heftigem Wind, wie Dominique jetzt sah. Böen wirbelten Schnee durch graues Zwielicht.
    »Schnee?«, sagte sie.
    »Als die Entladung den Brunnen traf, veränderten sich die Koordinaten«, erklärte Tarweder. »Sowohl die räumlichen als auch die zeitlichen. Wo auch immer wir uns befinden: Hier hat die Zeit des Eises längst begonnen.«
    »Du weißt nicht, wo wir sind?«
    »Ich habe keine Ahnung«, gestand der Alte. »Ich weiß nicht einmal, zu welchem Dominium dieser Ort gehört.
    Der Schneesturm wütete bereits, als wir hier eintrafen. Ich habe das Haus aufgestellt und dich hineingetragen, und seitdem sind wir hier.«
    Ein Gurren kam aus dem Flur, und ein kleiner Schemen huschte herein. Kiwitt sprang zu Tarweder, flitzte an ihm hoch und blieb auf der Schulter sitzen. Dominique blickte ihm in die großen, dunklen Augen und erinnerte sich an die Formel des Realitätsmechanikers.
    »Ich verstehe nicht, wie er …«
    Etwas, das wie ein Pfiff klang, kam aus einer der Taschen von Tarweders Overall. Er griff hinein und holte das Gerät mit dem Display hervor, das Auge der Dominanten. Verwundert blickte er auf die Anzeigen. »Solche Muster hat es noch nie gezeigt …«
    »Darf ich mal sehen?«, fragte Dominique neugierig.
    Tarweder reichte ihr das Gerät, und sie sah auf das Display, beobachtete ein langsames Wogen von Farben.
    »Ich habe zwei Monate bei einem Sensitiven im Zweiten Dominium gelernt, damit umzugehen«, hörte sie Tarweders Stimme, die allmählich leiser wurde, als entfernte sich der Alte von ihr. »Er nannte das Gerät einen autonomen Realitätsanalysator, der den Ereignispegel misst und …«
    Die Stimme des Alten verklang irgendwo in weiter Ferne. Dominiques Blick klebte am Display, als in dem Wogen Linien und geometrische Muster entstanden, geschaffen von einem komplexen Gespinst aus Kausalität und Interaktion. Sie glaubte, in einen fraktalen Sog zu geraten: Bilder bestanden aus Bildern, die ihrerseits aus Bildern bestanden, immer tiefer hinab, und auf dem Weg nach unten blitzten Bedeutungsfragmente auf. Dominique sah Ereignismuster von einer Kompliziertheit, die den Geist verwirrte. In dieser Welt aus Formen und Farben gab es nicht nur eine Zukunft, sondern viele, und die

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