Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)
führen.«
»Das ist vermutlich der Grund für die Namen«, murmelte Dominique. »Heres, abgleitet von Heros: zwischen Göttern und Menschen stehend.«
Olkin lachte meckernd. »Ein passender Name nicht wahr? Ebenso wie Adonai und Jovis. Mit beiden bin ich gemeint: ein Gott.«
Dominique beobachtete, wie ihr Vater mit einer Hand in den Rucksack griff. »Und warum hat ein Gott Angst?«, fragte er.
Olkin kniff die Augen zusammen. »Angst? Ich? Unsinn!«
»O ja, du hast Angst«, fuhr Dominik fort. »Du hast Angst davor, dass dir jemand das Spiel wegnehmen könnte, das unser Universum für dich darstellt. Du fürchtest, dass dich jemand dort in der Stadt finden und wecken könnte, denn das wäre das Ende deines Spiels.«
»Es wäre auch das Ende eures Universums«, zischte Olkin und kam näher.
»Nein«, widersprach Dominik. »Nein, unser Universum ginge dadurch nicht zu Ende. Vorhin hast du gesagt, wir wären ständig auf der Suche nach etwas, das der Leere in uns Inhalt gibt. Die Leere in dir ist noch viel größer. Du hast ein ganzes Universum gebraucht, um sie zu füllen. Du bist zu deiner eigenen Religion geworden. Was wärst du ohne das Spiel? Nichts.«
»Ich bin …«, begann Olkin zornig, aber Dominik unterbrach ihn ganz bewusst.
»Du bist nichts. Ja, du hast unsere Welten geschaffen mit den Mitteln, die euch Prävalenten zur Verfügung stehen.« Dominique spürte, wie die Aufregung ihres Vaters wuchs. »Du hast den Anstoß gegeben, die notwendigen Voraussetzungen geschaffen. Beim Urknall hast du unserem Universum die richtigen Parameter gegeben, damit sich Sterne und Galaxien entwickeln konnten, damit Leben möglich wurde …«
»Das mit der Dunklen Materie und der Dunklen Energie war eine gute Idee, findet ihr nicht?«, sagte Olkin und grinste. »Für euch besteht der größte Teil des Kosmos aus Dingen, die ihr nicht sehen könnt!«
Aus dem Augenwinkel sah Dominique, wie sich die Hand ihres Vaters im Rucksack bewegte. Was hatte er vor?
»Aber darauf hat sich deine Schöpfung beschränkt«, fuhr Dominik so fort, als hätte er Olkins Worte gar nicht gehört. »Nach der Initialzündung entwickelten sich die Dinge von allein, und auf das Gros dieser Entwicklung konntest du keinen Einfluss mehr nehmen. Aus dem ›Gott‹ wurde ein Statist, der nur noch hier und dort auf die Bühne treten konnte. Und deshalb ist das Ende deines Traums nicht auch das Ende unseres Universums. Seine Existenz wurde unmittelbar nach der Schöpfung, nach dem Urknall, von dir unabhängig. Ein wahrer Gott wäre allmächtig, aber du hast keine Macht über deine Schöpfung, nicht einmal über uns. Du bist nichts weiter als ein kleiner, unbedeutender, selbstverblendeter und zu allem Überfluss auch noch hässlicher Wicht, dem man die Ohren lang ziehen sollte.«
Flammen schienen in Olkins Augen zu lodern. »Ich werde dir zeigen, wer ich bin und was ich kann!«, fauchte er und richtete den Zeigefinger auf Dominik.
Nichts geschah.
»Na bitte«, sagte Dominiques Vater und lächelte spöttisch. »Worin auch immer deine Macht besteht: Sie beschränkt sich auf den Kosmos in deinem Traum. Aber hier sind wir in der Prävalenz, in der Welt außerhalb deiner Träume. Hier kannst du uns nichts anhaben, du lächerlicher Zwerg!«
Olkin ballte die Fäuste, trat dicht an die Grenze heran, die das Möbiusband vom Weg zur Tür trennte – und verschwand.
Dominik sah sich mehrmals um, bevor er erleichtert seufzte, das Gerät mit dem Display hervorholte und die Anzeigen betrachtete.
»Stimmt es?«, fragte Dominique.
»Was?«
»Dass unser Universum unmittelbar nach seiner Entstehung Unabhängigkeit erlangte.«
»Ich glaube schon.« Dominik starrte mit gerunzelter Stirn aufs Display.
»Du glaubst es?«
»Ich bin mir ziemlich sicher.«
»Aber du bist dir nicht ganz sicher«, sagte Dominique halb verblüfft und halb entsetzt.
Ihr Vater sah verärgert von dem Gerät auf. »Was willst du von mir? Eine Garantie dafür, dass die Welt, wie wir sie kennen, bestehen bleibt? Die kann ich dir nicht geben. Ich weiß nur, dass der Kranke nicht sterben darf, denn dadurch könnten sich fatale Folgen für den von ihm geträumten Kosmos ergeben.«
Dominique blickte über das immense, in sich selbst zurückkehrende Möbiusband mit der Stadt, in der es immer wieder zu Veränderungen kam, begleitet von einem musikartigen Klirren und Brummen. »Vater Mru gegenüber hast du behauptet, Olkins Tod wäre das Ende unseres Universums. Also ist unsere Existenz doch
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