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Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Titel: Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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zwischen seinen »Persönlichkeiten« wie eine Manieriertheit, wie gut einstudierte Schauspielerei.
    Rupert hatte beim Absturz des Schiffes keine physischen Verletzungen erlitten, doch nach Tarweders Aussagen war er vom Schlaf erfasst worden, bevor er ihn ins Haus hatte holen können. War das der Grund für seine dauernde Müdigkeit? Die geringsten Anstrengungen – insbesondere geistige, aber auch körperliche – brachten ihn an den Rand der Erschöpfung. Dominique hoffte, dass seine Seele nicht zurückfiel in den autistischen Kerker, der ihn über viele Jahre hinweg gefangen gehalten hatte. Vielleicht fanden sie in Calanto einen Gesundmacher, einen Arzt. Calanto war Arn Hannaratts nächstes Etappenziel auf dem Weg nach Zontra, eine kleine Stadt am Rand eines ausgedehnten Sumpfgebiets. Hannaratt bestimmte die Route, denn er finanzierte alles, insbesondere Wettermacherin, Glückmacherin und Zeitmacher. Er gab sich manchmal barsch und tat oft so, als dächte er in erster Linie an sich selbst und seine eigenen Interessen, aber Dominique glaubte, dass auch ein Altruist in ihm steckte. Vielleicht sollte sie etwas mehr darauf achten, wie sie ihn ansah und sich ihm gegenüber ausdrückte. Von Tarweder hatte sie erfahren, dass er seit Jahren allein war, und manche seiner Blicke deuteten auf erwachendes Interesse hin. Rupert hatte nichts davon gemerkt, zum Glück. Ihre Situation war auch so schon kompliziert genug.
    In Calanto gab es einen Brunnen, und Tarweder wollte ihn nutzen, um das Zweite Dominium aufzusuchen und Batterien für sein Haus zu beschaffen. Dominique dachte daran, ihn zu begleiten, wenn es Rupert besser ging.
    Die beiden Sonnen hingen dicht über dem Horizont, und in ihrem gemeinsamen Gleißen zeichnete sich vage das feurige Band der Materiebrücke ab. Dies war die Spät-Zeit, wie Tarweder und die anderen sie nannten, und die Gruppe bereitete sich auf eine mehrstündige Ruheperiode vor. Dominique saß neben Rupert, und die Schatten spendende Plane über ihnen knarrte im Wind.
    »Etwas geschieht mit mir.« Er lag auf einer dünnen Matratze, die Decke trotz der Wärme bis zum Kinn hochgezogen. Kalter Schweiß perlte auf seiner Stirn. »Ich spüre es deutlich.«
    »Kannst du noch das Tal-Telas erreichen?«, fragte Dominique besorgt.
    Rupert horchte einige Sekunden lang in sich hinein. »Es ist weit, weit entfernt, Domi.«
    »Wenn du es erreichen kannst … Nutze seine Kraft, um dich vor dem Odem zu schützen. Wir haben darüber gesprochen, erinnerst du dich?«
    Er griff nach ihrer Hand, und seine Finger waren erstaunlich kalt. »Kannst du mir helfen?« Ihm fielen schon wieder die Augen zu. »Du lässt mich doch nicht im Stich, oder?«
    Erneut sanken die Lider herab, und diesmal blieben sie unten – Rupert war eingeschlafen. Dominique sah voller Mitgefühl auf ihn hinab. »Nein, ich kann dir leider nicht helfen«, antwortete sie leise. Sie hatte es versucht, mit ihrer Verbindung zum Tal-Telas, aber die unteren Stufen genügten nicht. Hilmia und Iremia wären nötig gewesen, um den verändernden Einfluss von Rupert fernzuhalten. Ihre Kraft reichte gerade für sie selbst. »Aber ich werde dich nicht im Stich lassen, das verspreche ich dir.«
    Dominique blieb noch ein oder zwei Minuten tief in Gedanken versunken, streichelte dabei geistesabwesend Kiwitt, der in der Nähe saß und leise gurrte. Schließlich stand sie auf, trat unter der Plane hervor und sah sich um. Tarweders Silhouette zeichnete sich vor dem Licht der beiden Sonnen ab: Der Weise saß auf einem Felsen, einige Dutzend Meter vom Lager entfernt, und lauschte seinen inneren Stimmen und dem Flüstern der Welt, wie er es nannte.
    »Es ist ein gutes Spät an einem guten Ort«, ertönte eine Stimme hinter Dominique. Sie drehte sich um und sah Arn Hannaratt.
    »Morgen erreichen wir Calanto«, sagte der Kaufmann. Er trug wie immer lederne Kleidung, und der Siegelring am Mittelfinger der rechten Hand schien das Licht der beiden Sonnen einzufangen. »Es tut mir leid, dass es deinem … Begleiter so schlecht geht.«
    Er nannte Rupert immer »Begleiter«, nie »Partner« oder »Gefährte«. Dominique sah darin einen Versuch, die Wirklichkeit seinen Wünschen anzupassen.
    »Ich hoffe, dass wir in Calanto einen Gesundmacher finden, der ihm helfen kann.«
    »Das hoffe ich auch.« Der sonst so redegewandte Hannaratt schien nach geeigneten Worten zu suchen. Mit ihren knapp dreiundzwanzig Jahren fühlte sich Dominique nicht unbedingt als erfahrene Frau, aber sie

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