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Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Titel: Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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vielleicht eine weitere Erklärung für die Vertrautheit. Den deutlichsten Hinweis auf ihre Male boten die Augen: Sie waren rot, und wenn das Licht in einem bestimmten Winkel auf sie fiel, hatte es den Anschein, als bestünden sie aus Hunderten von winzigen geschliffenen Kristallen. Am Hals zeigten sich Hautlappen wie bei Arn Hannaratt, aber dünner und nicht ganz so lang. Die schmalen, zarten Hände wiesen Flecken auf, die Dominique an ihre violetten Verfärbungen erinnerten.
    »Das ist manchmal das Schwierigste, nicht wahr?«, sagte Dominique. »Sich selbst zu verstehen.«
    »Zweifel an sich selbst ist eine gute Medizin gegen Arroganz, Egoismus und Größenwahn«, erwiderte Halaila, und es klang wie ein Zitat. »Das behauptet der Weise.«
    »Man kann es mit den Selbstzweifeln auch übertreiben«, sagte Dominique und erinnerte sich an kritische Phasen während ihrer Adoleszenz, als sie das Gefühl gehabt hatte, zu sehr im Schatten ihres Vaters zu stehen, des berühmten Dominik, der auf Millennia die Graken besiegt hatte. Sie erinnerte sich daran, wie klein und unbedeutend sie sich angesichts dieser Ikone gefühlt hatte. »Ich denke, eine gesunde Portion Selbstvertrauen schadet nicht.«
    Aus dem Augenwinkel bemerkte sie eine Bewegung, drehte den Kopf und sah Kiwitt, der am Flussufer umhersprang und versuchte, einen aus dem Wasser aufgestiegenen kolibriartigen Irrflieger zu fangen. Die Mischung aus Fisch und Insekt tanzte in der Luft, zu schnell selbst für den schnellen Kiwitt.
    »Ich mag ihn nicht«, sagte Halaila. »Seine Augen sind seltsam.«
    »Und das sagst du?«, entfuhr es Dominique. »Oh, entschuldige, ich wollte nicht …«
    »Schon gut.«
    »Warum findest du Kiwitts Augen seltsam?«
    »Manchmal glaube ich, dass sie zu viel sehen, auch Dinge, die ihnen verborgen bleiben sollten. Dinge hier drin.« Sie hob die Hand zu Brust und Kopf, meinte Herz und Seele.
    Dominique sah erneut zu Kiwitt und stellte fest, dass er die Jagd nach dem Irrflieger aufgegeben hatte. Sie begegnete dem Blick seiner großen, dunklen Augen, und für einen Sekundenbruchteil fühlte sie etwas tief in ihrem Innern berührt. Dann schüttelte sie den Kopf, lachte ein wenig unsicher und beschloss, sich nicht von irgendwelchen abergläubischen Dingen anstecken zu lassen.
    Halaila berührte ihre Hand. »Wir werden einen Gesundmacher für Rupert finden. Ich habe erneut mit Wind und Wolken gesprochen. Das Wetter wird gut bleiben, bis wir Calanto erreichen, und dadurch kommen wir schnell voran.«
    Sieht man mir die Sorgen so deutlich an? , dachte Dominique. »Danke, Halaila, ich …«
    Ein dumpfes Brummen kam aus der Ferne, und an den Ufern des Gernot, wo das Wasser langsamer floss, kräuselte sich die Wasseroberfläche.
    Die Wettermacherin griff nach ihren Seelensteinen. »Der Schlaf!«, sagte sie erschrocken. »Und so kurz nach dem letzten Mal … Wir müssen zum Lager zurück.«
    Dominique sah ihr nach, als sie flink und agil über den Felsenweg eilte. Sie setzte sich ebenfalls in Bewegung, ohne zu wissen, wohin sie laufen sollte. Dann fiel ihr Rupert ein, und sie wurde schneller. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Tarweder seinen Platz auf dem Felsen verließ, und sie wandte sich in seine Richtung.
    »Das Haus!«, rief sie. »Wir brauchen dein Haus!«
    Der Alte schüttelte den Kopf, und sein langes grauweißes Haar wogte. »Es würde uns nicht schützen. Ihm fehlt die Energie.«
    »Was machen wir jetzt?« Dominique stützte Tarweder und kehrte mit ihm zum Lager zurück, wo helle Aufregung herrschte. Männer, Frauen und Kinder liefen durcheinander, verschwanden in Zelten und Unterständen. Die Motoren des großen Transporters, der einen Teil von Arn Hannarats Waren enthielt, verstummten zusammen mit dem unheilverkündenden Brummen aus der Ferne. Der Kaufmann stand neben einem anderen Fahrzeug, die Arme in die Seiten gestemmt.
    »Pina!«, rief er. »Ich zahle dir viel Geld dafür, dass du Glück für uns machst, aber was passiert? Der Schlaf kommt innerhalb von vier Tagen zum zweiten Mal zu uns!«
    Die Glückmacherin zeigte sich nirgends. Arn Hannarat bemerkte Dominique und den Weisen, winkte und öffnete die Tür des nächsten Wagens. »Hierher!«, rief er. »Kommt ins Fahrzeug.«
    »Ich lasse Rupert nicht allein«, sagte Dominique, aber so leise, dass Hannarat sie nicht hörte.
    »Dies ist ungewöhnlich, sehr ungewöhnlich«, schnaufte Tarweder und ließ sich noch immer von Dominique stützen. »Normalerweise vergehen Wochen oder Monate

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