Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)
Zeitgefühl verloren – erfasste ein schnell unangenehm werdendes Prickeln ihren Körper, ein erster Hinwies darauf, dass irgendetwas schiefging.
»Tarweder?«, fragte Dominique, in der Hoffnung, dass sich der Alte in der Nähe befand.
Sie hörte die eigene Stimme und ein Rauschen, das seinen Ursprung unter ihr zu haben schien, schnell anschwoll und so laut wurde, dass sich Dominique die Hände an die Ohren presste. Das Prickeln verwandelte sich in ein schmerzhaftes Brennen, das sie ans Feuer ihrer Träume erinnerte, wich dann abrupter Kühle. Etwas übte Druck aus, unterschiedlich stark an verschiedenen Stellen des Körpers, und dann bekam sie einen Stoß und fiel.
Mattes Licht empfing sie, und ihr Atem kondensierte in der kühlen Luft. Ihre Beine steckten in einem Loch in der Luft, und die Schwärze darin wirkte klebrig, hatte die Konsistenz von Melasse. Dominique zog die Beine aus der Finsternis und beobachtete, wie sich die Dunkelheit fadenartig in die Länge zog, dann mit einem dumpfen Surren nachgab – ihre Beine kamen frei.
Eine Zeit lang blieb sie auf dem Boden liegen, rang nach Atem und fühlte jene Müdigkeit, von der sich Rupert während der vergangenen Tage nie mehr recht erholt hatte. Dann hörte sie ein Geräusch, hob den Kopf und sah, wie Tarweder einige Meter entfernt aus einem ähnlichen Loch in der Luft kroch.
Sie half ihm dabei, sich ganz aus der klebrigen Schwärze zu befreien, und blieb neben ihm sitzen, als er langsam wieder zu Kräften kam. »Ich vermute, das war kein normaler Transfer.« Sie sah sich um. »Und dies entspricht nicht deinen Beschreibungen vom Zweiten Dominium.«
Sie befanden sich am Rand einer kleinen Ruinenstadt. Von den Gebäuden waren nur noch verwitterte Mauern übrig, aus Stein und Kunststoff. Kalter Wind wehte Staub durch Straßen, in denen seit vielen Jahren niemand mehr unterwegs gewesen war.
Dominique zog Tarweder in die Höhe, als er aufzustehen versuchte, und dabei fühlte sie die Wärme seines Overalls. Ein solches Kleidungsstück hätte sie sich jetzt ebenfalls gewünscht, denn sie begann zu frieren. Ein Gurren erinnerte sie an Kiwitt. Sie nahm dem Alten den Rucksack ab, ließ das kleine Tier heraus und beobachtete, wie es schnupperte und dann fortstob.
»Dies ist ein leerer Ort«, sagte Tarweder. »Manchmal trennen die Dominanten bestimmte Bereiche von den Dominien und unterbrechen die Verbindungen. Unsere Route hat einen solchen leeren Ort berührt. Wir sollten ihn verlassen, bevor er ganz getrennt wird.« Er deutete zum Himmel. »Wir sind hier auch in einer anderen Zeit.«
Die beiden Sonnen standen nicht mehr am Firmament, und erste, besonders helle Sterne wurden sichtbar. Dominique glaubte zu spüren, wie es kälter wurde – an diesem Ort stand die Zeit des Eises bereits dicht bevor.
»Suchen wir nach einem Brunnen«, sagte Tarweder und stapfte los.
»Bist du sicher, dass es hier einen gibt?«
»Ja. Sonst wäre es den Dominanten nicht möglich, diesen Bereich von den Dominien zu separieren. Ich suche dort in der Ruinenstadt.« Tarweder deutete nach rechts. »Sieh du dich im anderen Teil um.«
Er wankte fort, bevor Dominique eine Antwort geben konnte. Sie sah ihm voller Unbehagen nach, setzte sich dann ebenfalls in Bewegung und näherte sich den ersten Ruinen. Zwischen den alten Mauern sang der Wind ein Klagelied, mal leiser, mal lauter.
Ist dies ein Zufall? , dachte Dominique, als sie nach etwas Ausschau hielt, das wie ein Brunnen aussah. Die Entführung von Rupert, und dann der Transfer zu einem »leeren Ort«, als sich zwei Personen aufmachten, nach ihm zu suchen. Aber hinter der Separation dieses Bereichs von Heres steckten die Dominanten, nicht die Eisenmänner. Gab es trotzdem einen Zusammenhang?
Dominique ging schneller, um sich durch Bewegung zu wärmen. Sie wagte nicht daran zu denken, was geschehen mochte, wenn sie keinen Brunnen fanden. Tarweder hatte seinen speziellen Overall, der ihn wärmte, aber sie trug nur leichte Kleidung. Ungeschützt konnte sie die Kälte gewiss nicht lebend überstehen.
Und es kam noch etwas hinzu.
Als Dominique in die Richtung zurücksah, aus der sie kam, beobachtete sie, wie sich das öde, felsige Land in der Ferne allmählich auflöste. Der Horizont kroch auf die Ruinenstadt zu, und dahinter schien sich grauer Nebel zu erstrecken. Aber Dominique wusste, dass es kein Nebel war, sondern das Nichts: Die von den Dominanten im Vierten Dominium eingeleitete Separation schritt voran.
Sie ging noch schneller,
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