Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)
beispielsweise beschrieb sein Verhältnis zur deutschen Kanzlerin Angela Merkel geradezu liebevoll direkt: »Man telefoniert und schickt sich SMS .« Es hat zwischen Staats- und Regierungschefs sogar immer wieder große persönliche Sympathien gegeben, die dann auch der Politik zugute kamen. Helmut Schmidt und der französische Staatspräsident Giscard d’Estaing mochten sich sehr, der deutsch-französischen Freundschaft hat das geholfen. Helmut Kohl hatte einen sehr guten direkten Draht zu Michail Gorbatschow. Und Gerhard Schröder pflegte eine Männerfreundschaft mit Wladimir Putin.
Auch auf den Ministerebenen kann die persönliche Chemie mehr oder weniger stimmen. Ich habe den früheren Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier einmal befragt, welche Rolle das Persönliche in der Außenpolitik spielt:
Macht es einen Unterschied, ob man sich mit einem anderen Staatsführer gut versteht oder nicht? Gibt es da auch echte Freundschaften, und sind die Beziehungen zweier Länder dann auch besser, wenn ihre Regierungschefs sich anfreunden?
Es gibt den berühmten Satz: »Staaten haben keine Freunde, sondern nur Interessen.« Das finde ich nur teilweise zutreffend. Richtig ist, dass ein verantwortungsvoller Politiker zuerst die Interessen seines Landes im Auge hat und vertritt. Nach meiner Erfahrung kann man hier aber am meisten erreichen, wenn man auch die Perspektive des anderen versteht und versucht zu begreifen, warum er diese oder jene Position vertritt – das ist ja auch die Grundlage für jede Freundschaft. Deswegen ist es in der Außenpolitik wie sonst im Leben auch: Wenn man sich sympathisch ist, ist vieles einfacher; so lassen sich auch schwierige Dinge leichter besprechen. Leider muss man aber manchmal auch Gespräche mit Menschen führen, denen man selbst seinen Kanarienvogel nicht anvertrauen würde.
Kann man sich unter Staats- und Regierungschefs hinter verschlossenen Türen auch richtig offen die Meinung sagen oder muss man da genauso höflich-diplomatisch reden wie in der Öffentlichkeit?
Offenheit und Diplomatie müssen sich ja nicht ausschließen. Vor jedem wichtigen Gespräch sollte man sich fragen: Was will ich erreichen? Geht’s nur darum, Dampf abzulassen, reicht mir der bloße Austausch unterschiedlicher Meinungen? Oder will ich meinen Gesprächspartner oder eine Regierung von meiner Meinung überzeugen und vielleicht sogar dazu bringen, ihre Haltung zu ändern. Meine Erfahrung ist, dass dann Konfrontation häufig nur dazu führt, dass der andere sich in seiner Position einmauert und gar nicht mehr richtig zuhört. Deswegen achte ich auch bei deutlichen Worten immer darauf, dem anderen die »Nase im Gesicht zu lassen«.
Warum gibt es in Deutschland immer noch viele Spione?
Der »Kalte Krieg« zwischen der Sowjetunion und den USA ist lange vorbei. Und trotzdem sind immer noch mehrere hunderttausend Mitarbeiter für Nachrichtendienste aller Nationen im Einsatz. In Zeiten islamistischen Terrors sind dabei vor allem Spione mit Arabisch- und Islam-Kenntnissen sehr gefragt. Außerdem wird der Cyberwar immer wichtiger, der Krieg im Netz. Weltweit sind Hacker, die ganze Behörden lahmlegen oder sich in Geheimakten einhacken, im Regierungsauftrag tätig. Schlapphüte mit Laptop sozusagen – so ändert sich ein Berufsbild.
Nur selten jedoch ist ihr Alltag so spannend wie der eines James Bond. Die meisten von ihnen sitzen nämlich in irgendwelchen Büros und durchforsten ganz legale Quellen: Radiosendungen, Presseveröffentlichungen, das Internet. Vor allem das Internet! E-Mails, Facebook – alles interessiert »die Geheimen«. Und der US -Geheimdienst übt da offenbar auch einigen Druck auf die großen Netz-Provider aus (Microsoft, Google, Apple etc.), um direkten Zugriff auf solche Daten zu bekommen. Dass es ein solches Geheimprogramm gibt (genannt »Prism«), wurde 2013 von einem Insider enthüllt. Und es kommt immer mehr ans Licht. Der US-Geheimdienst verwanzte EU-Vertretungen, der britische Geheimdienst hörte bei internationalen Gipfeln gerne mit, was die Delegationen der anderen Länder intern besprachen. Und immer wieder ist es heute vor allem das Internet, in dem sich die modernen Spione tummeln. Massenhaft werden Daten gesammelt, von Unternehmen, Behörden, Bürgern. Die US-Dienste etwa sollen weltweit monatlich fast 100 Milliarden Datensätze samm eln, gerne und häufig auch von deutschen Usern. Was möglicherweise noch damit zusammenhängt, dass sich die Terroristen des elften
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