Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)
amerikanischen Präsidenten.) Der Kanzler muss sich die Kanzlermaschine mit dem Bundespräsidenten und wichtigen Ministern teilen. Sie ist beinahe so eingerichtet wie ein normales Passagierflugzeug, mit First, Business- und Economy-Class. In der Economy sitzen die Journalisten, die vom Bundeskanzleramt mitgenommen werden. Business reisen hohe Beamte und Wirtschaftsführer, die einen Bundeskanzler auf Staatsbesuch begleiten (die sogenannte Delegation). Der Kanzler beziehungsweise die Kanzlerin selbst fliegt natürlich »First«. Für den Bundeskanzler gibt es ganz vorne einen eigenen Bereich mit Schlafkabine, Badezimmer sowie einem Konferenzraum mit Clubsesseln. Dort können Besprechungen abgehalten werden. Kanzler Schröder spielte dort manchmal gerne Skat. Als Einziger darf der Kanzler sein Gepäck direkt mit an Bord nehmen, alle anderen müssen normal einchecken. Die Verpflegung ist überall gleich gut, die mitreisenden Journalisten und Bodyguards in der Economy-Class müssen also nicht von Wasser und Brot leben, sondern bekommen die gleichen Lachsröllchen und Weißweine wie Angela Merkel. Das tröstet allerdings nicht darüber hinweg, dass die Sitze eng und hart sind. Dafür kommt die Kanzlerin persönlich vorbei und plaudert mit den Journalisten. Vor allem wegen dieser Hintergrundgespräche sind auch alle so scharf darauf, mit der Kanzlermaschine zu fliegen.
Erst kürzlich wurde eine neue Kanzlermaschine gekauft. Die alte war nämlich geradezu uralt und klapprig. Der Airbus A310 war 1990 aus den Beständen der DDR -Fluggesellschaft Interflug übernommen worden – die Maschine, in der schon Erich Honecker unterwegs war. Die Sitze waren verschlissen, angeblich ließ sich am Ende sogar eine der Klotüren nicht mehr schließen. Außerdem war es keine echte Langstreckenmaschine. Die Kanzler mussten also auf langen Reisen zwischenlanden, um zu tanken, was lästig und zeitaufwändig ist. Schlimmer noch: Der alte Flieger war pannenanfällig. Es gab eine ganze Reihe gefährlicher Zwischenfälle. Außenminister Joschka Fischer musste zum Beispiel einmal in Berlin notlanden, weil kurz nach dem Start Qualm in die Kabine drang. Und Kanzlerin Merkel kam zu spät zu einem wichtigen EU -Gipfel, weil die Maschine wegen eines technischen Defekts nicht abheben konnte. Trotzdem hat man jahrelang gezögert, eine neue Kanzlermaschine zu kaufen. Wohl weil man im Kanzleramt Angst vor der Schlagzeilen hatte: »Merkel leistet sich Luxusflieger!« Als jetzt endlich doch eine neue Maschine gekauft wurde, hat man sehr betont, dass es ja nur eine gebrauchte ist. Aber immerhin: Der neue Kanzlerjet hat sogar eine Raketenabwehr an Bord.
Bevor ein Bundeskanzler irgendwo landet, ist natürlich längst eine Vorhut des Kanzleramts mehrere Tage im Gastland unterwegs gewesen und hat alles ganz genau vorbereitet. Wann landet die Maschine? Wie verlaufen die Kontrollen? (Ein Kanzler muss nicht durch die üblichen Sicherheitschecks, aber auch er bekommt Visa-Dokumente in seinen Reisepass geheftet.) Wo und wann treffen die Staats- und Regierungschefs aufeinander? Wo stehen die Fotografen und Fernsehkameras? Wo das Rednerpult? Was zieht Frau Merkel an? Was für ein Gastgeschenk wird mitgebracht? In dem Punkt kann man schnell danebengreifen. In China darf man zum Beispiel keine Uhren verschenken, das bringt Unglück. Und wenn man arabischen Scheichs ein Pferd schenken will (im Prinzip eine gute Idee, denn sie sind große Pferdekenner), dann bitte einen Hengst und keine Stute. Kleinigkeiten, die aber sorgfältig bedacht werden wollen! Auch wird den Gastgebern signalisiert, wenn der Bundeskanzler bestimmte Speisen nicht mag oder verträgt, damit es beim gemeinsamen Abendessen nicht zu Peinlichkeiten kommt.
Übrigens: Bekommt unsere Kanzlerin ihrerseits Geschenke von Staatsgästen, muss sie diese strahlend entgegennehmen – und dann sofort wieder abgeben. Ob schöne Pelze oder kostbare Goldteller – alles kommt in eine große Schatzkammer des Bundes. Weg isses. Denn persönlich bereichern dürfen sich Kanzler nicht. Sie dürfen aber auch nicht Geld sparen, indem sie für den privaten Urlaub eine Billigairline buchen. Aus Sicherheitsgründen müssen Bundeskanzler immer mit der Regierungsmaschine fliegen.
Haben Staaten echte Freunde?
Verstehen sich die Staatschefs einigermaßen gut, kann es auch einen noch kürzeren Weg geben als über die Außenministerien, zu denen die Botschaften gehören. Frankreichs ehemaliger Präsident Nicolas Sarkozy
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