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Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Titel: Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marietta Slomka
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sich die beiden bis heute siezen.
    Der Kanzleramtsminister: Das ist sozusagen der Chef des Hauses. Aktuell ist das Ronald Pofalla. Er leitet das Kanzleramt, vertritt die Kanzler bei Verhandlungen und sorgt dafür, dass »der Laden läuft«. Das heißt vor allem, er kümmert sich um eine gute Zusammenarbeit mit den Ministerien. Für die Topleute der verschiedenen Ministerien ist der Kanzleramtsminister extrem wichtig. Wie gut oder schlecht er seinen Job macht, hat Einfluss auf das gesamte Kabinett. Gut ist jemand, der Organisationstalent und diplomatisches Geschick hat, der zugänglich ist und trotzdem Autorität ausstrahlt und der Probleme und Konflikte »riecht«, noch bevor sie richtig entstehen. Eine äußerst einflussreiche Position – für jemanden, der gern im Hintergrund arbeitet und keinen Drang hat, selbst im Rampenlicht zu stehen. Dafür ist er auch derjenige, der sich mit den Geheimdiensten in einem abhörsicheren Raum des Kanzleramts treffen darf, um geheime Informationen aus aller Welt zu besprechen. Das ist gewissermaßen die Entschädigung dafür, dass man so wichtig ist, ohne dass einen außerhalb Berlins jemand kennt: Man ist ein stiller Mächtiger. Daraus kann aber durchaus auch eine prominente Karriere werden. Frank-Walter Steinmeier beispielsweise war Kanzleramtsminister und schaffte es später sogar zum SPD -Kanzlerkandidaten. Und auch Thomas de Maizière wurde vom Organisator hinter den Kulissen zum Innen- und danach zum Verteidigungsminister.
    Der Regierungssprecher : Er spricht gegenüber der Presse für die Kanzler und versucht, ihre Sicht der Dinge der Öffentlichkeit möglichst positiv zu vermitteln. Fragt man den früheren Regierungssprecher von Frau Merkel, Ulrich Wilhelm, was das Wichtigste in seinem Job war, antwortet er: »Ich musste immer gut informiert sein.« Das ist durchaus nicht selbstverständlich. Es gab auch schon Regierungssprecher, die wussten nicht viel mehr als die Journalisten, weil die Kanzler sie nicht ins Vertrauen zogen. Besser ist es, wenn Regierungssprecher möglichst viel wissen – auch das, was die Kanzler öffentlich lieber nicht sagen. Regierungssprecher sollten allerdings die Journalisten auch nicht anlügen, um Unangenehmes zu verbergen. Wenn nämlich die Journalisten dem Regierungssprecher nicht mehr trauen, ist das letztlich schlecht für einen Kanzler. Insofern sitzen die Regierungssprecher immer ein bisschen zwischen den Stühlen. Zurzeit sitzt da Steffen Seibert.
    Der Generalsekretär der Kanzlerpartei: Schließlich gehören die Kanzler ja auch einer Partei an und stehen nicht über Partei und Bundestag. Deshalb ist es wichtig, dass es da eine enge Verbindung gibt. Für Frau Merkel ist dieses Bindeglied derzeit der CDU -Generalsekretär Hermann Gröhe, mit dem sie auch persönlich »gut kann«, wie man so schön sagt.
    Der Planungschef im Kanzleramt: Die Planungschefs überwachen alle längerfristigen Vorhaben der Kanzler, zum Beispiel Pläne für neue Gesetze, und sollten dafür auch wissen, was andere wichtige Politiker (wie Minister oder Ministerpräsidenten) darüber denken, um frühzeitig Konflikte zu wittern. Ein Planungschef kümmert sich außerdem darum, wo und wie der Kanzler öffentlich auftritt; ihm unterstehen auch die Redenschreiber. Förmlich heißt dieser Job: »Leitung des Referats Politische Planung, Grundsatzfragen, Sonderaufgaben«. Frau Merkel hat ihn ihrer allerwichtigsten Vertrauten gegeben, Eva Christiansen, die zugleich ihre Medienberaterin ist. Sie macht das sehr still und erfolgreich hinter den Kulissen und ist dabei eine der einflussreichsten Personen im Kanzleramt, wahrscheinlich sogar die wichtigste Beraterin der Kanzlerin – auch wenn kaum ein Bürger sie kennt. Alle Kanzler hatten solche besonderen Bezugspersonen, die nur die Insider in Bonn oder Berlin kannten, manchmal auch fürchteten. In der Öffentlichkeit treten diese Schlüsselfiguren kaum auf. Frau Christiansen sieht man manchmal im Fernsehen, wenn sie ein paar Schritte hinter der Kanzlerin hergeht: eine zierliche blonde Frau mit freundlichem Lächeln, die man unterschätzen könnte – wenn man es nicht besser wüsste.
    Von der Morgenlage bis tief in die Nacht
    Als Erstes trägt in der Morgenlage immer der Regierungssprecher vor, was am Abend in den Fernsehnachrichten gesagt wurde und was die Morgenzeitungen schreiben, damit die Kanzlerin informiert ist über das, was in der Öffentlichkeit gesagt wird. Die Regierungssprecher müssen also mindestens genauso früh

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