Kaperfahrt
Leder gebundenen Büchern gefüllt. Die Wände waren mit Stickereien geometrischer Muster bedeckt, eingerahmt und unter Glas. Ergebnisse ihrer Handarbeit, vermutete er. Eine leichte Brise bauschte die durchscheinenden Gardinen in der Nähe des Balkons. Das Apartment lag so hoch, dass der Verkehr in der Straße nur als ein leises Summen zu hören war.
Assad tätschelte seiner rundlichen Geliebten den Bauch und schickte sie ins Schlafzimmer zurück.
»Sie ist eine gute Frau«, sagte er, ehe sie außer Hörweite war. »Nicht allzu intelligent und auch keine ausgesprochene Augenweide, sicher, aber überall dort ein wahrer Tiger, wo es zählt.«
Eddie und Hali schüttelten sich innerlich.
»Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«, fragte Assad, nachdem sich die Schlafzimmertür geschlossen hatte. »Der Richter bevorzugt Gin, aber ich habe eine Flasche Scotch Whiskey mitgebracht. Oh, und es tut mir sehr leid, dass ich auf Sie geschossen habe. Es war nur ein Reflex. Ich dachte, er sei es.«
»Ich glaube, Sie können mit der Schauspielerei aufhören, Mr. Assad.«
Für einige Sekunden sagte niemand etwas. Eddie konnte in Assads Gesicht wie in einem Buch lesen. Er war für eine Weile draußen in der Kälte gewesen, wie es im Geheimagentenjargon heißt, und überlegte jetzt, ob ihm die beiden Fremden bei der Rückkehr in ein normales Leben behilflich sein könnten.
Seine Schultern sackten ein wenig herab. »Okay. Keine Schauspielerei mehr.« Auch wenn er noch immer Englisch mit Akzent sprach, klang er jetzt doch ein wenig anders. »Ich sitze ziemlich in der Klemme, ganz gleich, was nun geschieht, darum macht es wirklich keinen Unterschied mehr. Wer sind Sie? Ich habe auf die CIA getippt, als ich Sie auf Ihrem Schiff kennen lernte.«
»So könnte man es nennen«, erwiderte Eddie. »Das ist Hali Kasim. Und ich heiße Eddie Seng.«
»Sind Sie nach Libyen gekommen, um zu ermitteln, was Ihrer Außenministerin zugestoßen ist?«
»Ja. Aber die Mission hat sich schnell zu einer Jagd auf Suleiman Al-Jama entwickelt.«
»Damit hatte ich gerechnet. Seine Organisation ist wie ein Oktopus, dessen Tentakel die gesamte libysche Regierung im Griff haben. Sie arbeiten im Schatten und infiltrieren einen hochrangigen Beamten nach dem anderen.«
»Wer sind Sie und was sind hier Ihre Absichten?«
»Ich heiße Lev Goldman.«
Die Erkenntnis traf Eddie wie ein Schlag in die Magengrube. »Mein Gott. Der Mossad. Unseren Informationen zufolge sind Sie seit fünf Jahren hier.«
»Nein. Nur meine Tarnung reicht so weit zurück. In Tripolis bin ich vor achtzehn Monaten eingetroffen. Tel Aviv hatte den Verdacht, dass Al-Jama beabsichtigte, mittels stetiger und behutsamer Untergrundarbeit die Kontrolle über ein nordafrikanisches Land an sich zu reißen. Sie haben daher aufwendig getarnte Agenten nach Marokko, Algerien, Tunesien und hierher geschickt, um ein Auge auf die jeweiligen Regierungen zu haben. Als klar wurde, dass Libyen das Ziel war, hat man die anderen Agenten herausgeholt – und nur ich bin auf meinem Posten geblieben.«
»Und diese Frauen?«
Goldman senkte die Stimme noch mehr. »Einsame Hausfrauen mächtiger Männer. Der älteste Trick der Welt.«
»Und Ihre Arbeit im Hafen?«
»Nichts geht rein oder raus, ohne dass ich davon erfahre. Waffen, Versorgungsgüter, alles, was Al-Jama hierhergebracht hat. Darunter sogar ein umgebauter Hind-Kampfhubschrauber, den sie von den Pakistanis gekauft haben. Er wurde im Hochgebirge von Kaschmir eingesetzt und kann in Flughöhen operieren, die für einen herkömmlichen Helikopter unerreichbar sind. Ich hatte keine Ahnung, was sie damit vorhatten, bis Fiona Katamoras Flugzeug abstürzte.«
»Angehörige unseres Teams haben ihn abgeschossen«, berichtete Eddie. »Außerdem haben wir an die einhundert Personen gerettet, die früher im libyschen Außenministerium gearbeitet haben.«
»Es gab Gerüchte von einer Säuberungsaktion, als Ali Ghami zum Außenminister ernannt wurde, obwohl die Presse gemeldet hat, dass alle, die ausgeschieden sind, entweder pensioniert oder in andere Abteilungen der Regierung versetzt wurden. Dies ist noch immer ein Polizeistaat, daher hat niemand gewagt, die offiziellen Meldungen offen anzuzweifeln.«
»Hören Sie, wir können uns später noch ausgiebig über all das unterhalten. Jetzt aber müssen wir Sie sofort von hier wegbringen. Die Geheimpolizei überwacht Ihre Wohnung und Ihr Büro.«
»Was denken Sie wohl, weshalb ich mich hier versteckt
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