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Kaperfahrt

Kaperfahrt

Titel: Kaperfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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Baustelle. An seinen Fingerspitzen hängend sah er sich hastig um und suchte nach einer Feuerleiter. Doch er fand nichts dergleichen, nicht einmal das Kabelgehäuse eines Fahrstuhls.
    Also entschied er, sich wieder über die Mauer zu ziehen und einen anderen Fluchtweg zu suchen, als der Scharfschütze auf seine Hände zielte. Kugeln schlugen in die Ziegel und den Mörtel ein und zwangen Eddie loszulassen. Als er landete, rollte er sich ab, um den Aufprall zu mildern. Aber den Sturz von drei Metern unbeschadet überstanden zu haben bedeutete noch nicht, dass er sich aus seiner tödlichen Falle befreit hatte.

29
    Als Hali Kasim das Ende des Luftschachts erreichte, war er mit einer dicken Schicht Staub bedeckt, seine Schultern und Knie schmerzten nahezu unerträglich. Er nahm sich vor, in Zukunft mehr Zeit im Fitnesszentrum der Oregon zu verbringen. Schließlich hatte er gesehen, wie mühelos Eddie durch den Schacht geklettert war. Dabei war der ehemalige CIA-Agent fast zehn Jahre älter als er.
    Der Boden war mit Gipstrümmern und getrockneten Schichten von Taubenmist übersät. Lev Goldman ließ sich den letzten Meter hinunter. Schweiß hatte Rinnen in die Schmutzschicht auf seinem Gesicht gegraben – und der Staub, der seinen Bart bedeckte, ließ ihn zwanzig Jahre älter aussehen.
    »Sind Sie okay?«, fragte Hali keuchend und stützte sich mit den Händen auf seine Knie.
    »Vielleicht hätte ich mir einen besseren Fluchtweg ausdenken sollen«, gab der Israeli zu und hatte Mühe, in der stauberfüllten Luft nicht zu husten. »Kommen Sie. Hier entlang.«
    Er führte Kasim zur Rückseite des Gebäudes und zu einer Stelle, wo die Wandbretter dicht über dem Boden durchgesägt worden waren. Gemeinsam versetzten sie den Brettern heftige Fußtritte. Anfangs erzeugten sie mit ihren Bemühungen aber lediglich Risse im Gipsverputz. Doch dann brachen einige Stücke weg. Mit den Händen entfernte Goldman weitere Gipsbrocken, bis die Öffnung groß genug war, um hindurchzukriechen.
    Sie gelangten in eine Tiefgarage. Sie war so gut wie leer. Nur wenige Automobile, die vorwiegend von den Ehefrauen gefahren wurden, die im Haus wohnten, standen auf den ihnen zugewiesenen Parkplätzen. Wären ältere Modelle darunter gewesen, hätte Hali in Erwägung gezogen, eins von ihnen kurzzuschließen, aber sie waren alle noch ziemlich neu und wahrscheinlich mit Alarmanlagen oder Wegfahrsperren ausgerüstet.
    »Warten Sie an der Ausfahrt, und bleiben Sie in Deckung«, sagte er. »Unser Wagen steht gleich um die Ecke.«
    So gut es ging klopfte sich Hali den Staub ab, während er die Rampe in den grellen Sonnenschein hinauftrabte. Auf der Straße herrschte das nackte Chaos. Die Schüsse aus dem Hubschrauber hatten die Passanten gezwungen, Schutz zu suchen. Orangen aus dem Gemüseladen lagen auf dem Bürgersteig, weil jemand in seiner Hast die Auslage des Ladens zum Einsturz gebracht hatte. Die Stühle, auf denen die alten Backgammonspieler gesessen hatten, waren umgekippt. Die ersten Polizeiwagen trafen soeben ein.
    Hali brauchte keine besonderen schauspielerischen Fähigkeiten, um einen verängstigten Libyer überzeugend darzustellen. Er erreichte ihren Mietwagen und öffnete die Tür. Sirenengeheul brachte die Luft zum Schwingen und überdeckte das dumpfe Flappen der Rotorblätter.
    Der Motor des Fiats sprang schon beim ersten Startversuch an. Halis Hände waren derart verschwitzt, dass sie vom Lenkrad abrutschten, und er touchierte die hintere Stoßstange des vor ihm geparkten Fahrzeugs, dessen Diebstahlalarm in den Chor der schrillen Polizeisirenen einstimmte.
    Der Erste der Polizeibeamten, bekleidet mit einem schwarzen Kampfanzug, schwang sich gerade aus einem Mannschaftswagen. Innerhalb von Sekunden hätten sie den Block umstellt. Doch niemand schien sich für etwas anderes zu interessieren als für den Eingang des Hauses. Eddies Ablenkungsmanöver hatte offenbar seinen Zweck erfüllt. Sie glaubten, den Mann in die Enge getrieben zu haben, und verzichteten auf die vorschriftsmäßige Vorgehensweise.
    Hali lenkte den Fiat um die Ecke, verlangsamte die Fahrt, bremste jedoch nicht für Lev Goldman, der sich auf den Beifahrersitz warf, und fädelte sich dann in den Verkehr in der nächsten Seitenstraße ein.
    Jeder Block, den sie hinter sich ließen, vergrößerte den Bereich um ein Mehrfaches, den die Polizei absuchen musste, um sie zu finden. Nach sechs Ampeln fühlte sich Goldman sicher genug, um sich aufzurichten und einen Blick über das

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