Kaperfahrt
die sie irgendwie hatten treffen können. Der Höhlenboden war mit ihnen übersät. Ihre Schritte wurden langsamer, bis sie stocksteif stehen blieb, insgesamt acht tote Terroristenleiber zu ihren Füßen.
Ein Anflug von Aberglaube erzeugte eine Gänsehaut auf ihrem Rücken.
Einer der Männer bewegte sich matt, krallte die Finger in den Sand und rang keuchend nach Luft. Genauso wie der erste war er in den Rücken getroffen worden. Mark beförderte das AK-47 mit einem Fußtritt außer Reichweite des Mannes und drehte ihn auf den Rücken. Schaumige Blutbläschen, die von einem Lungenschuss herrührten, zerplatzten auf seinen Lippen. Linda hatte Tariq Assad nie zu Gesicht bekommen, daher erkannte sie seine auffällige einzelne Augenbraue nicht.
»Wie?«, keuchte er.
»Ihre Vermutung ist so gut wie meine eigene«, meinte Mark bedauernd.
Und dann erklang über dem Knistern der brennenden Saqr und durch das Klingeln in ihren Ohren ein voller, melodiöser Bariton, der sang: »From the hall of Montezuma/To the shores of Tripoli,/We will fight our country’s battles/In the air, on land and sea. «
»Linc?«, schrie Linda.
»Wie geht’s dir, Süße?« Er tauchte aus seiner Deckung auf, das Gewehr an der Hüfte und eine Nachtsichtbrille um den Hals. »Bin so schnell es ging hergekommen, aber dieser Körper ist nicht dafür geschaffen, stundenlang durch die verdammte Wüste zu rennen.«
Linda schlang die Arme um den großen Mann und legte den Kopf schluchzend auf seine Brust. Ihre unbedingte Entschlossenheit, sich dem Feind in einem selbstmörderischen Angriff zu stellen, machte der unendlichen Erleichterung Platz, am Leben zu sein. Mark und Eric hämmerten ihm auf den Rücken und lachten und husteten zugleich.
»Sieht so aus, als hättet ihr euch verdammt gut gehalten.« Was aus dem Munde Lincs das höchste Zeichen seiner Anerkennung bedeutete.
Alana stolperte aus der Höhle heraus, ihr Oberkörper nackt und der zuvor weiße Büstenhalter schwarz von Ruß. In den Händen balancierte sie so vorsichtig wie möglich ein paar Bücher. Ihre Seiten glimmten. Als eins zu brennen begann, nahm Mark es ihr ab, ließ es auf den Boden fallen und schaufelte mit dem Fuß Sand darauf, um die Flammen zu ersticken.
»Ich wollte noch mehr retten«, brachte sie zwischen Hustenanfällen mühsam hervor, »aber der Rauch. Ich konnte es nicht. Aber ich habe wenigstens dies hier rausgeholt.« ’
An einer eher grob gefertigten Halskette aus Silber baumelte ein kleiner Kristall in den Resten einer Fassung. Das Schmuckstück war nicht gerade schön zu nennen. Tatsächlich sah es beinahe so aus wie der Versuch eines Kindes, aus Pfeifenreinigern und Klebstoff ein Muttertagsgeschenk zu basteln. Aber es hatte etwas Fesselndes an sich, das über sein offensichtlich hohes Alter weit hinausging, eine Aura, als berge es etwas Mächtiges, geradezu Übergeordnetes, das sich sinnlich wahrnehmbar mit ihnen in dieser Höhle befand.
Eine Kugel hatte den Stein zerschlagen, daher lag er in winzigen Scherben, nicht größer als Zuckerkristalle, in seinem Behältnis, aus dem ein einziger dunkelroter Tropfen herausquoll.
»Heiliger Jesus«, sagte Mark und ging auf die Knie herunter, um den damit getränkten Sand zusammenzukratzen. Aus seiner Hemdtasche holte er einen Keksriegel und entfernte seine Verpackung. Er warf den Inhalt weg, legte die winzige Menge feuchten Sandes auf das Stanniolpapier und drehte dieses an zwei Enden zu einer kleinen Tasche zusammen. Ein winziger roter Streifen blieb auf seiner Handfläche zurück, wo er sich mit dem Blut aus einer tiefen Schnittwunde vermischte, die er sich irgendwann während ihres Kampfes zugezogen hatte.
»Als die Laken verbrannten«, erklärte Alana, »habe ich erkannt, dass eine Mumie auf dem Bett lag, auf die Seite gedreht und mit dem Gesicht nach Mekka, wie es sich für einen guten Muslim gehört. Dies hier hing um ihren Hals. Henry Lafayette muss Al-Jama auf diese Weise hingelegt haben, als der alte Mann starb und ihm seinen wertvollsten Schatz hinterließ. Das ist das Juwel von Jerusalem, nicht wahr? Und dies war sein Blut, zweitausend Jahre lang eingeschlossen in einem Vakuum im Innern dieses Kristalls.«
»Sein Blut?«, fragte Linc. »Wessen Blut?«
»In diesem Bonbonpapier, das Mark in der Hand hält, könnte das Blut Jesu Christi sein.«
Die massiven Tore des Gezeitenkraftwerks befanden sich mehr als dreißig Meter über dem Turbinenhaus, das man in der Wüstensenke errichtet hatte. Wenn die
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