Kapitän Singleton
sprach und von angenehmem, bestrickendem Wesen war, schloß er bald Bekanntschaft mit diesem Holländer, und als wir uns gegenseitig in unsere näheren Umstände einweihten, erfuhren wir, daß er eine beträchtliche Menge Waren bei sich führte, längs der Küste Handel getrieben hatte und jetzt auf dem Rückweg in seine Heimat war. Er hatte Diener bei sich, von denen der eine ein Armenier war, den er Holländisch gelehrt hatte und der selbst einiges besaß, aber gern nach Europa reisen wollte; der andere war ein holländischer Seemann, den er aufgelesen hatte, weil er ihm gefiel, und dem er überaus vertraute, und er war auch tatsächlich ein recht ehrlicher Bursche.
Dieser Holländer freute sich sehr über die Bekanntschaft, denn er stellte bald fest, daß unsere Gedanken sich gleichfalls auf Europa richteten; und da er nun erfuhr, daß wir mit Waren belastet waren (denn von dem Geld ließen wir ihn nichts wissen), bot er uns bereitwillig an, uns beim Verkauf so vieler Waren, wie sich an dem Ort, wo wir uns befanden, umsetzen ließen, zu helfen und uns zu raten, was mit den übrigen zu tun sei.
Während dieser Zeit überlegten William und ich, was wir mit uns und unserem Besitz anfangen sollten. Als erstes beschlossen wir, niemals ernsthaft über unsere Pläne zu sprechen, wenn wir uns nicht auf offenem Feld befanden, wo wir sicher waren, daß uns kein Mensch hören konnte. So spazierten wir jeden Abend, wenn die Sonne unterzugehen begann und die Luft kühler wurde, hinaus – einmal auf diesem, ein andermal auf jenem Weg –, um miteinander über unsere Angelegenheiten zu beraten.
Ich hätte erwähnen sollen, daß wir uns hier neu eingekleidet hatten, und zwar nach persischer Sitte mit langer Seidenweste und einem Oberkleid oder Rock aus karmesinfarbenem, englischem Tuch, das sehr feingewebt und schön war; und wir hatten uns den Bart so nach persischer Manier wachsen lassen, daß man uns für persische Kaufleute hielt, das heißt nur dem Aussehen nach, denn, nebenbei gesagt, wir vermochten nicht ein Wort der persischen Sprache zu verstehen oder zu sprechen, noch irgendeine andere außer der englischen und der holländischen, und von dieser verstand ich selbst auch nur wenig.
Der Holländer vermittelte uns jedoch alles, und da wir uns vorgenommen hatten, so zurückgezogen wie nur möglich zu leben, schlossen wir, obwohl sich mehrere englische Kaufleute in der Stadt aufhielten, doch selbst keinerlei Bekanntschaft mit ihnen oder wechselten auch nur ein Wort mit einem von ihnen; dadurch verhinderten wir, daß sie sich nach uns erkundigten oder Nachricht über uns weitergaben, falls irgendwie ruchbar werden sollte, daß wir hier gelandet waren; das war durchaus möglich, wie wir uns leicht ausrechnen konnten, wenn einer unserer Kameraden in schlechte Hände fiel, oder aber durch allerlei Zwischenfälle, die wir nicht voraussehen konnten.
Während unseres Aufenthalts an diesem Ort, in dem wir fast zwei Monate lang blieben, begann ich mir über meine Lage viele Gedanken zu machen – nicht was die Gefahr betraf, denn es gab keine für uns, da wir völlig verborgen lebten und keinerlei Verdacht weckten, sondern ich begann tatsächlich anders über mich selbst und über die Welt zu denken als jemals zuvor.
William hatte mein sorgloses Gemüt tief getroffen, als er mir andeutete, es gebe jenseits von all dem noch etwas anderes; wohl sei die gegenwärtige Zeit die des Genießens, aber die der Rechenschaftslegung nähere sich, und die Arbeit, die zu tun blieb, sei eine sanfter geartete als die vergangene, nämlich die Reue, und es sei höchste Zeit, an sie zu denken. Diese und ähnliche Gedanken also füllten meine Stunden aus, und mit einem Wort: Mich erfaßte eine große Traurigkeit.
Was meinen Reichtum betraf, der ungeheuer groß war, so empfand ich ihn wie den Sand unter meinen Füßen; ich maß ihm keinen Wert bei, empfand keinen Frieden bei dem Gedanken, ihn zu besitzen, und keine große Sorge bei der Vorstellung, ihn aufgeben zu müssen.
William hatte bemerkt, daß mich seit einiger Zeit düstere Gedanken heimsuchten und ich schwermütig und bedrückt war, und eines Tages, bei einem unserer Spaziergänge in der Abendkühle, begann ich mit ihm darüber zu sprechen, daß wir unseren Besitz aufgeben sollten. William war ein weiser und vorsichtiger Mann, und tatsächlich beruhte die ganze Klugheit meines Verhaltens schon lange auf seinem Rat; so lagen jetzt alle Maßnahmen, die dazu dienten, unser Eigentum und
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