Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
Vom Netzwerk:
beraten, wo und wie lange sie auf mich warten sollten, und wir beschlossen, daß das Schiff achtundzwanzig Ta ge lang vor einer kleinen Insel auf der arabischen Seite des Golfs liegenbleiben sollte; falls die Schaluppe dann nicht zurück war, sollten sie zu einer anderen Insel westlich von der ersten segeln und dort noch weitere vierzehn Tage warten, und wenn die Schaluppe dann immer noch nicht da war, sollten sie daraus schließen, daß sich irgendein Zwischenfall ereignet haben müsse, und nun sollte der Treffpunkt Madagaskar sein.
Nachdem wir das festgelegt hatten, verließen wir das Schiff – sowohl William und ich wie auch der Wundarzt mit der Absicht, es nie wiederzusehen. Wir hielten geradenwegs in den Golf und segelten hinauf bis Basra. Diese Stadt lag in einiger Entfernung von der Stelle, wo unsere Schaluppe festgemacht hatte, und da der Fluß nicht ungefährlich war und wir ihn nur schlecht kannten und auch nur einen gewöhnlichen Lotsen bei uns hatten, gingen wir in einem Ort an Land, in dem einige Kaufleute wohnten und der wegen der kleinen Schiffe, die hier vor Anker lagen, sehr belebt war.
Hier blieben wir drei oder vier Tage, trieben Handel und brachten alle unsere Ballen und Gewürze und tatsächlich unsere gesamte Ladung, die von beträchtlichem Wert war, an Land. Dies war uns lieber, als uns gleich nach Basra zu begeben, solange der Plan, den wir uns gemacht hatten, noch nicht ausgeführt war.
Nachdem wir mehrere Waren eingekauft hatten, trafen wir Vorbereitungen, noch weitere zu erwerben; das Boot lag mit zwölf Mann am Ufer. Ich selbst, William, der Schiffsarzt und ein vierter Mann, den wir ausgesucht hatten, waren übereingekommen, am Abend, gerade bei Anbruch der Dämmerung, einen Türken mit einem Brief zum Bootsmann zu schicken. Wir hatten den Burschen beauftragt zu rennen, so rasch er konnte, und beobachteten das Ereignis aus geringer Entfernung. Der Inhalt des Briefes, den der alte Doktor geschrieben hatte, lautete:
Bootsmann Thomas!
    Wir sind alle verraten worden. Lauft um Gottes willen mit dem Boot aus und geht an Bord, sonst seid ihr alle verloren. Der Kapitän, William der Quäker und George der Geheilte sind gefangen und fortgeschleppt worden. Ich bin entkommen und halte mich versteckt, kann mich aber nicht herausrühren, sonst bin ich ein toter Mann. Sobald ihr an Bord seid, kappt den Anker oder schuppt die Ankerkette und setzt die Segel, wenn Euch euer Leben lieb ist.
Adieu R. S.
    Wir standen, wie gesagt, unbemerkt da, denn die Abenddämmerung war schon hereingebrochen; wir sahen, wie der Türke den Brief abgab, beobachteten dann, wie alle Mann innerhalb von drei Minuten ins Boot eilten und ablegten; und kaum waren sie an Bord des Schiffs, befolgten sie anscheinend unseren Rat, denn am nächsten Morgen waren sie außer Sicht, und wir hörten seitdem niemals wieder etwas von ihnen.
    Wir befanden uns jetzt an einem sehr geeigneten Ort und in einer sehr günstigen Lage, denn wir galten als persische Kaufleute.
    Es ist unwichtig, hier niederzuschreiben, wieviel erworbene Reichtümer wir zusammengerafft hatten; zweckmäßiger ist, wenn ich dem Leser berichte, daß ich zu empfinden begann, wie verbrecherisch die Art und Weise war, auf die ich sie mir angeeignet hatte, und daß mir ihr Besitz nur wenig Freude bereitete. Wie ich zu William sagte, erwartete ich nicht, daß ich sie behalten würde, und wünschte es auch gar nicht. Ich war im Gegenteil fest davon überzeugt, wie ich mich einmal zu ihm äußerte, als wir in der Nähe der Stadt Basra auf den Feldern spazierengingen, daß es nicht sein könne, wie der Leser sogleich erfahren wird.
    Wir befanden uns in Basra völlig in Sicherheit, nachdem wir unsere Halunken von Kameraden fortgescheucht hatten, und brauchten weiter nichts zu tun, als nur zu überlegen, wie wir unseren Schatz in Dinge umwandeln konnten, die geeignet waren, uns als Kaufleute erscheinen zu lassen; denn solche wollten wir von nun an sein und keine Freibeuter, die wir in Wirklichkeit gewesen waren.
    Wir trafen hier gerade im richtigen Augenblick auf einen Holländer, der von Bengalen nach Agra, der Hauptstadt des Großmoguls, gereist war, sich von dort über Land an die Malabarküste begeben und da auf irgendeine Weise ein Schiff aufgetrieben hatte, das den Golf hinaufsegelte. Wir erfuhren, daß er die Absicht hatte, den großen Fluß stromaufwärts nach Bagdad oder Babylon und danach mit einer Karawane nach Aleppo und Iskenderun zu reisen. Da William holländisch

Weitere Kostenlose Bücher